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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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nickte. Ich versuchte, mich an die Adresse zu
erinnern, doch dann schrieb Ti sie schon auf. Schnell reichte ich sie an Sike
weiter, die sie in ihr Navigationssystem eingab, während sie mit dem Knie den
Wagen lenkte.
    Anna lehnte sich zurück, um mich trotz der weiten
Stoffhülle, die hoch über ihren Kopf hinausragte, ansehen zu können. »Warum
hast du einen Zombie dabei?« Das erregte bei ihr dieses absolute,
selbstgerechte Missfallen, das nur Kinder – egal ob vampirisch oder nicht –
ausstrahlen können. Der rote, langsam antrocknende Ring um ihren Mund schien
sie kein bisschen zu stören.
    Â»Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen«,
erwiderte ich und wandte mich dann an Ti: »War es eine Falle?«
    Er schüttelte den Kopf und begann wieder zu
schreiben. »Tipp war okay. Aber der Informant war schon tot, als ich ankam.«
    Â»Oh, na dann. Schätze, so hast du zumindest Geld
gespart.« Dann starrte ich wieder angestrengt nach vorne. Als ich hörte, wie
der Stift über das Papier kratzte, schaute ich wieder auf den Block.
    Â»Es tut mir leid, Edie. Ich wollte dich nicht
verletzen.«
    Â»Ich weiß«, flüsterte ich. »Das hast du auch nicht.
Es dauert einfach eine Weile, bis ich mich daran gewöhnt habe, mehr nicht.«
    Â»Ich wollte nur helfen«, schrieb er weiter. »Das wird
mit der Zeit alles wieder verheilen.«
    Â»Das weiß ich auch.« Ich nahm ihm den Stift aus der
Hand. »Wie lange?«, schrieb ich und nickte dabei Richtung Vordersitz, um zu
zeigen, dass die Vampire uns so nicht hören konnten.
    Â»Kommt darauf an«, schrieb er, nachdem er den Stift
wieder an sich genommen hatte.
    Erst wollte ich fragen, worauf, aber dann fürchtete
ich, dass ich die Antwort bereits kennen könnte. Y4 war, zumindest für ihn,
nur Show. Ein Ort, an dem er schrittweise heilen konnte, und zwar in einem
Zeitrahmen, den auch ein normaler Mensch für seine Genesung benötigt hätte,
sodass niemandem etwas Ungewöhnliches auffiel, wenn er wieder zur Arbeit ging.
Auf dem Boden entdeckte ich einen zweiten Stift.
    Â»Mach meinetwegen bloß keine Dummheiten.« Das Wort
»keine« unterstrich ich noch einmal.
    Â»Zu spät«, schrieb er zurück. Dann lächelte er
wieder.
    Â»Verdammt, Ti …« Ich zwang mich, ihn anzusehen und zu
versuchen, die Zerstörung seines Gesichts nicht wahrzunehmen, sondern die Zeit
bis zum vergangenen Nachmittag zurückzudrehen. Ganz vorsichtig wollte ich ihm
eine widerspenstige Locke aus der Stirn streichen und sie hinter sein Ohr
schieben. Dann erkannte ich, dass es gar kein Haar war, sondern ein Stück
seiner Kopfhaut. Reflexartig holte ich Luft, um zu schreien oder zumindest laut
zu quietschen – aber heraus kam ein Kichern, gefolgt von einem »Iiiih!«
    Ich lachte über mich selbst und wischte meinen Finger
sorgfältig an seiner Schulter ab. »Weißt du, ich war schon mit Männern
zusammen, die behauptet haben, ich hätte ihnen das Hirn rausgevögelt. Ich hätte
nur nie gedacht, dass sie das wörtlich gemeint haben könnten.«
    Schnell zeichnete Ti noch einen Smiley. »Ist zwischen
uns alles klar?«, schrieb er anschließend.
    Â»So klar, wie es zwischen Leuten wie uns nur sein
kann. Krank im Kopf, sicher – aber ansonsten klar.« Ich schenkte ihm ein
aufrichtiges Lächeln. Er war abstoßend, stank und fiel fast auseinander, sodass
er insgesamt aussah wie eine Scheibe Tod, die wieder aufgewärmt worden war –
aber er war bei mir, jetzt und hier. Ich nahm seine gesunde Hand und drückte
sie fest.
    Â»Danke, Edie«, schrieb er, nachdem ich ihn wieder
losgelassen hatte. Er zögerte kurz, schrieb dann aber weiter. Das »Ich« hatte
er schon fertig, als ich ihm den Stift aus der Hand riss und ihn mir hinters
Ohr steckte. Jeder Satz, der mit »ich« anfing, konnte nur schlecht sein. Ein
»ich muss dir etwas sagen« wollte ich niemals wieder in meinem Leben hören, und
auch bloß kein »ich liebe dich«, Gott bewahre. Jemanden zu lieben hatte mir
noch nie etwas Gutes eingebracht. In diesem Moment war Schweigen wesentlich
besser. Ich schloss die Augen, lehnte mich zu ihm und peilte einen möglichst
hohen Punkt an, sodass ich ihn schließlich kurz unter der Schläfe auf die
unverletzte Wange küsste.

Kapitel 45
    Â 
    Ich ließ Ti im Wagen
sitzen, während ich zu Madigans Tür ging. Rita

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