Nightshifted

Blut beschmiert war. »Er ist ein Freund, tu ihm nicht weh«, erklärte
ich schnell. Sike schien nicht überzeugt zu sein.
    Â»Wieder ein Grund mehr, anderen nicht zu helfen«,
murmelte Asher mit wirklich gutem russischem Akzent. »Das klappt nie.«
    Â»Wo ist Ti?«, fragte ich Sike und wechselte damit das
Thema.
    Â»Ich habe dabei geholfen, ihn wieder
zusammenzuflicken.« Sie klappte ihr Handy auf und wählte eine Nummer. Ihr
Gesicht war an der Stelle, wo sie das Telefon hindrückte, blutverschmiert, und
ihre Finger hinterließen Flecken auf ihrem Mantel, als sie das Gerät
schließlich wieder in die Tasche schob.
    Â»Bist du okay?«, fragte ich etwas verspätet.
    Â»Keine Sorge«, erwiderte sie und warf eine verklebte
Haarsträhne über die Schulter. »Nichts davon ist meines.«
    Hingegen war alles, was ich an mir sehen konnte,
meines, und es wurde von Minute zu Minute mehr. Vorsichtig schaute ich an mir
herab, woraufhin mir prompt schwindelig wurde, dann verschränkte ich die Arme
vor der Brust und umklammerte meine Ellbogen, da ich Angst hatte, sonst
irgendetwas zu berühren, was ich besser nicht anfassen sollte.
    Hinter Asher tauchte jemand auf, dessen Schatten sich
über mich legte. »Edie.«
    Mein Herz machte einen Sprung. Falls ich gewollt
hätte, hätte ich in meine Brust fassen und es fühlen können. »Ti?«
    Er trat ins Licht und gab sich zu erkennen. Mein
Freund war eine Flickendecke aus menschlichen Teilen, und es war mir vollkommen
egal.
    Â»Du lebst …«
    Lippen, die seine waren und gleichzeitig auch nicht,
verzogen sich zu einem Lächeln. »Technisch gesehen nicht.« Er streckte Asher
die Arme entgegen, der mich sofort an ihn weiterreichte.
    Â»Ich verlange als Gegenleistung für meinen Einsatz
sicheres Geleit«, wandte er sich an Sike.
    Â»Gewährt«, erwiderte sie, woraufhin er verschwand.
Sie zeigte an Ti und mir vorbei Richtung Tür. »Ich habe uns einen Wagen
bestellt. Geht rauf, schnell.« Ti nickte kurz und wandte sich dann ab, um ihrem
Befehl nachzukommen.
    Â 
    Da Ti mich fest an seine
Brust drückte, konnte ich von meiner Position aus sehen, riechen und spüren, wo
Fleisch auf Fleisch traf und wie Staub aus Tis Nähten rieselte. Er war wie die
Vogelscheuche im Zauberer von Oz, nur dass er kein Stroh, sondern Staub verlor.
    Â»Wer waren sie?«, fragte ich ihn.
    Â»Tageslichtagenten. Sie werden nicht lange halten.«
    Â»Und dann?« Ich spürte, wie er das Gewicht nach vorne
verlagerte, um die Steigung der Zuschauergalerie zu bewältigen.
    Â»Dann werden wir weitersehen.«
    Schweigend wartete ich ab, während er einige hohe
Stufen erklomm und einen Weg zwischen den Schattenlachen hindurch suchte, die
fleißig den Boden absuchten und ihre klebrigen Tentakel schwenkten. Da ich
davon überzeugt war, dass die Schatten und ich einen Deal hatten, ging ich
nicht davon aus, dass sie uns schnappen würden, aber ich wollte es auch nicht
unbedingt ausprobieren.
    Â»Stopp«, befahl plötzlich eine Stimme hinter uns. Sie
klang irgendwie vertraut. Als ich hochschaute, wurde klar, dass Ti sie
ebenfalls erkannt hatte. »Umdrehen.«
    Ti rührte sich nicht.
    Â»Dreh dich um, sonst nehme ich dir hier und jetzt die
Seele ab, Zombie.«
    Ti drückte mich noch fester an seine Brust, dann
wendete er sich um. Dort stand Dren und wies mit seiner Hand, in der die Sichel
lag, nach hinten. »Diese Dinger haben meinen Spürhund gefressen.« Drohend
machte er einen Schritt in unsere Richtung, woraufhin Ti zurückwich.
    Dann antwortete er für uns beide: »Es ist nicht
unsere Schuld, dass du zum falschen Team gehalten hast.«
    Â»Nach dieser Schweinerei werde ich wohl nicht mehr
bezahlt werden – aber deine Seele ist immer noch zu haben, Mädchen«, erklärte
er mit einem anzüglichen Grinsen. »Und irgendeine Art von Entschädigung brauche
ich schließlich.«
    Â»Tu das nicht, Dren«, flüsterte ich.
    Â»Schäler«, drohte Ti ihm leise.
    Ti konnte nicht gegen ihn kämpfen, solange er mich
hielt. Und wenn er mich fallen ließ, würde ich nur noch mehr Schaden nehmen.
Wir konnten einfach auf Dren zustürmen, aber dann war da immer noch die Sichel
…
    Â»Dren, bitte …« Ich streckte ihm einen Arm entgegen.
In meinem Unterleib zuckten ein paar Muskeln, die nicht mehr richtig verbunden
waren, und rutschten von ihrem