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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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Geräusche. Kalte Tropfen jener
unbekannten Substanz – ich zögerte, es Wasser zu nennen, wenn es so widerwärtig
war – tropften von ihm auf mich herab. Sie fühlten sich an wie Eissplitter, und
die Stellen, an denen sie die Haut berührten, wurden sofort taub.
    Das … das hatte ich schon einmal gespürt.
    Â»Ti!«, schrie ich auf und riss mit den Armen an
meinen Fesseln. Als Antwort ertönte ein Stöhnen. Er war noch ganz, oder besser
gesagt gerade noch genug Teile von ihm, doch vieles war überall im Raum
verteilt. Ich sah, wie Sike sich hinkniete und etwas auf seinen aufgerissenen
Torso zuschob. Eingeweide.
    Â»Bleib da liegen, Ti!«, schrie ich. Technisch gesehen
brauchte er seine Organe nicht … aber wie viel von ihm konnte man entfernen,
ohne dass er dabei sein Leben verlor? Oder was auch immer das in seinem Fall
war. Er streckte mir die Überreste einer Hand entgegen. Er war nicht mehr ganz,
aber … »Bleib einfach liegen!«
    Â»Sorgt dafür, dass er nicht aufsteht«, befahl Koschei
seinen Landsleuten, bevor er wieder an meine Seite zurückkehrte. Aus seiner
Robe holte er eine Stoffrolle hervor, die bei seinem Tauchgang genauso nass
geworden war wie der Rest von ihm, und legte sie auf meinem Tisch ab.
Vorsichtig löste er die Schnüre, durch die sie zusammengehalten wurde, und
entrollte sie dann, wobei ein metallisches Scheppern erklang. Auf der
Innenseite des Stoffs wurden durch kleine Riemen diverse Geräte festgehalten,
Werkzeuge mit schartigen Klingen, die aussahen wie das rostige
Operationsbesteck eines Chirurgen aus Bürgerkriegszeiten. Eisig kalte Flüssigkeit
rann aus dem Stoff und lief in meine Richtung.
    Â»Wie die Schatten«, flüsterte ich.
    Â»Schatten ist eure Bezeichnung für sie. Wir nennen
sie Tyeni«, erklärte Koschei, während er ein geschwungenes Werkzeug hochhielt.
Er setzte es zwischen meinen Brüsten an, in dem Loch, das sein Diener in meinen
Pulli geschnitten hatte, und führte es dann in einer geraden Linie nach unten,
wie bei einem Autopsieschnitt, wobei die Spitze über mein Brustbein schabte und
meinen BH durchtrennte.
Krampfhaft unterdrückte ich einen Schrei. »Und wenn wir deine Seele finden,
werden wir sie an unsere Tyeni hier verfüttern, und dadurch werden sie zum
Leben erweckt. Dann werden wir unsere eigenen Schatten haben, die keinem
anderen verpflichtet sind.« Ich spürte, wie mein Blut in einer warmen Linie an
meinem Körper entlangfloss, sich an meinen Schlüsselbeinen sammelte und dann in
meine Achseln strömte. Gereizte, aufgerissene Nerven schrien. Koschei lehnte
sich über mich und grinste höhnisch, während er wieder seine Klinge
ausrichtete. »Das könnte eine Weile dauern. Manchmal sind Seelen schwer zu
finden.« Wieder tropfte es nass von seinem Kragen herunter, direkt auf meinen
Hals. Bisher konnte ich die Schmerzen unter Kontrolle halten, wenn ich die
Zähne zusammenbiss – doch die Kälte traf mich wie ein Schlag und ließ mich
schockiert aufkeuchen.
    Und was taten Schatten? Abgesehen davon, dass sie
Schmerz und Leid sammelten und sich von Kummer nährten? Ich erinnerte mich
daran, wie ich mich an dem Babybettchen festgeklammert hatte, nachdem der Drache
verschwunden war – mir war genauso kalt gewesen wie jetzt, und alle außer mir
und Shawn waren dazu gebracht worden, zu vergessen …
    Â»Anna!« Ich riss den Kopf hoch, um sie zu suchen.
»Anna! Sie wollen, dass du vergisst!«
    Koschei schob die Gummihandschuhfinger in meine Haare
und presste meinen Kopf auf den Tisch zurück. Dann rieb er mit einem kalten
Daumen über meine Stirn. »Selbstverständlich wollen wir das.« Immer fester
packte er meine Haare, dann hob er wieder sein Werkzeug. »Manchmal leben Seelen
in den Augen.«
    Â»Ich bin hier, weil ich dich nicht vergessen habe,
Anna! Yuri hat dich nicht vergessen, und ich auch nicht!« Mit einem Ruck warf
ich meinen Kopf zur Seite und befreite ihn aus Koscheis Griff, dann kniff ich
krampfhaft die Augen zusammen.
    Ich hörte, wie ein-, zwei-, dreimal Metall gegen
Metall schlug – dann ein kollektives Keuchen der Menge. Ich wartete auf einen
Schlag, der nie kam. Als Koschei meine Haare losließ, wagte ich es, die Augen
wieder zu öffnen, und sah, wie Koschei über seine Schulter nach hinten stierte.
Vorsichtig hob ich den Kopf, um erkennen zu können, was er da anstarrte.
    Wieder

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