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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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waren
zugezogen, und ich konnte hören, wie dahinter jemand in einer Fremdsprache
redete. Die Stationsschwester hatte nicht erwähnt, dass Verwandte zu Besuch
waren. Die Eltern von Pädiatriepatienten waren die schlimmsten – entweder
totale Glucken oder vollkommen gleichgültig. »Ist das Deutsch?«, fragte ich
laut.
    Â»Nachtschicht?«, antwortete jemand. »Kommen Sie mal
und helfen Sie mir.«
    Ich sog die Luft ein. Geschlossene Vorhänge waren nur
selten ein gutes Zeichen. Es lag ein süßlicher Geruch in der Luft …
    Â»Worauf warten Sie?«, fragte die kontaktfreudige
Schwester.
    Â»Muss mir den Schuh binden, sorry!«, log ich und
huschte dann in das Zimmer.
    Der Patient war ein Junge, der aussah wie zwölf und
dessen Luftröhrenschlauch mit einem Beatmungsgerät verbunden war. Sein Körper
war vollkommen schlaff und sein Kopf leicht zur Seite gerollt. Die Schwester balancierte
eine Plastikwanne mit Wasser auf dem Bett und war gerade dabei, ihn zu waschen.
Sie reichte mir einen trockenen Waschlappen. »Handschuhe nicht vergessen.«
    Ich schnüffelte wieder. »Erdbeere?«
    Â»Er bekommt 45 cc Flüssignahrung pro Stunde. Aber ich
habe seine PEG -Sonde nicht wieder
richtig angeschlossen, deshalb habe ich ihn aufgedeckt und …«, fing sie an zu
erklären – und dann sah ich das Problem. Aus irgendeinem Grund hatte das Kind
einen Schlauch im Bauch, der nach außen führte, und sie hatte die
Ernährungspumpe angeschaltet, bevor der Schlauch wieder angeschlossen war.
Statt also in ihn hineinzulaufen, hatte sich die Flüssignahrung, die so pink
war wie die Wände über dem Bett, über seinen Körper verteilt. Aber warum sagte
das Kind nichts dazu?
    Â»Shawn war vor vier Jahren in einen Autounfall
verwickelt. Seitdem sind seine Gliedmaßen gelähmt, C3 .«
    Â»Ooohhh.« C3 bedeutete Halswirbelfraktur, ziemlich weit oben.
»Und jetzt?«
    Â»Er erholt sich gerade von autonomer Dysreflexie. Er
ist stabil, wir behalten ihn nur noch einen Tag unter Beobachtung, das ist
alles.«
    Ich nickte, um weiteren Fragen zuvorzukommen. Während
wir den Patienten fertig wuschen, beendete sie ihren Bericht. Seine Monitore
waren alle an und seine Werte zurzeit normal. Ich schrieb immer an den
richtigen Stellen etwas auf, und sie schien ziemlich sicher zu sein, dass sie
Shawn einer kompetenten Schwester überließ, einer, die nicht während ihrer
letzten aktiven Schicht einen Patienten getötet hatte.
    Auf einem Regalbrett beim Fenster hatte die Familie
Vorräte gelagert, darunter Salsachips und Cola Light. Die Berieselung auf
Deutsch kam aus einem kleinen CD -Player mit Boxen, der am Kopfende des Bettes auf
einem Tischchen stand. Dadurch wirkte alles, was wir taten, irgendwie
dramatischer, so als wäre ich eine Weltraumkrankenschwester oder würde in einer
feenverseuchten Höhle arbeiten.
    Â»Und da drüben?« Ich zeigte auf meinen zweiten
Patienten, der hinter einer Glaswand im anderen Zimmer in einem Babybettchen
lag.
    Â»Downsyndrom und RSV .«
    Â»Aaaahhhh.« Was zur Hölle war noch mal RSV ? Irgendeine
Kinderkrankheit. Im Kopf ging ich die Karteikarten mit meinen Lektionen durch.
Respiratorisches-dingsbums-Virus, schlug mein Hirn zu meiner Erleichterung vor.
Ich ging rüber und spähte in das Bettchen. Rund um das Baby lagen Teddybären,
die sogar fröhlich aussahen. Die Kleine trug eine an den Wangen befestigte
Nasenkanüle, und am Arm eines Teddys war ein zweiter Schlauch befestigt, der
wie ein winziger Beatmungsschlauch aussah und vor ihrer Nase endete, wo er
zischend Luft ausstieß. »Keine Infusionen?«, fragte ich, nachdem ich vergeblich
nach Infusionsständern gesucht hatte.
    Â»Nö. Nur Sauerstoff. Sie müssen Ihre Sauerstoffsättigung
im Auge behalten, falls sie zu fest schläft oder sich vom Luftschlauch
wegrollt«, erklärte die Schwester und wackelte mit dem zugeklebten Teddy, der
zum Dienst gezwungen worden war. »Sie fällt schnell ab.«
    Mit fehlender Sättigung kannte ich mich aus. »Okay,
alles klar.« Ich sah mich im Zimmer um. Bisher nicht schlecht. Ich fühlte mich
fast so selbstsicher wie ich klang. »Und was soll das mit dem Vortrag auf
Deutsch?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, das ist
sein Großvater, irgendein Philosophieprofessor. Er hört sich das gerne zum
Einschlafen an.« Sie kratzte sich betont am

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