Nightshifted

plötzlich eine wiederhergestellte Matratze auf. Sie legten
Shawn und das Baby wieder in ihre Betten und dirigierten die Stationsschwester
durch die geschlossene Glastür hindurch zurück zu ihrem Schreibtisch.
Verstohlen sah ich zur Uhr und rechnete halb damit, dass sie auch die Zeit
zurückdrehen würden. Und dann waren sie fertig, bis auf …
    Â»O nein …« Ich wich vor der dunklen Pfütze zurück,
die sich vor meinen Füßen bildete. Aber auch ich musste noch gereinigt werden.
Keuchend spürte ich, wie sie kälter als Eis an mir hochschwappten, in meine
Socken krochen, unter meiner Kleidung über meine Haut flossen und sich schließlich
an meinem Schädel hochzogen, bis sie mich völlig in Dunkelheit hüllten.
    Und dann war ich plötzlich im Nirgendwo. Ich war
niemand. Nein – ich war noch ich, aber plötzlich war mir bewusst, wie unwichtig
es war, ich zu sein. Ich war vollkommen bedeutungslos, nichts, was ich tat,
würde je eine Rolle spielen, ich würde essen, atmen und scheißen wie jeder
andere auf diesem Planeten, aber nichts davon würde jemals irgendwelche Folgen
haben. Ich war wertlos, mein kleines Leben war vollkommen ohne Bedeutung, und
wenn ich starb, würde ich einsam sterben. Es fühlte sich an, als hätte ich
einen Schlag in den Magen bekommen, und ich keuchte immer noch schmerzerfüllt,
als sie schon wieder anfingen, sich von mir zurückzuziehen.
    Ich klammerte mich an das Babybettchen, um nicht
umzukippen, und lehnte mich dann dagegen, während ich mir wünschte, ich könnte
… könnte alles rückgängig machen … alles, von Anfang an. Einfach absolut alles.
    Dann wichen sie zurück wie eine Welle aus Teer, in
der jede Menge Urzeitknochen eingeschlossen waren, und ließen mich in normaler
Dunkelheit zurück. Ich stand mitten in meinem wiederhergestellten Zimmer, mit
meinen beiden immer noch lebenden Patienten und einigen Erinnerungen, die nun
ganz allein mir gehörten. Jetzt waren die Vorhänge auch wieder offen, und ich
konnte im Gang die Stationsschwester sehen, die mir fröhlich zuwinkte. Ich
erwiderte den Gruß mit einem schwachen Winken.
    Dann ließ ich mich auf meinen Schreibtischstuhl
sinken und steckte, verborgen hinter dem Tisch, den Kopf zwischen die Knie. Der
Lautsprecher schaltete sich wieder ein: »Die Feuerübung ist hiermit beendet.
Vielen Dank für Ihre Kooperation.«
    Gern geschehen, dachte ich. Es dauerte
eine ganze Weile, bis ich wieder aufrecht sitzen konnte.

Kapitel 16
    Â 
    An diesem Morgen blieben
alle etwas länger im Gang bei den Umkleideräumen versammelt, um sich meine
Geschichte anzuhören. Ich erzählte sie so schnell es ging, bis auf den Teil, wo
die Schatten mich überschwemmt hatten, den ließ ich ganz weg. Charles nickte
wissend, Gina hing an meinen Lippen und Meaty, na ja, Meaty war eben Meaty.
    Â»Wenn man die Umstände bedenkt, hast du richtig
gehandelt«, meinte Meaty schließlich.
    Ich schnaubte. »Wenn man die Umstände bedenkt, wollte
ich nicht in einem Badezimmer zu Tode gegrillt werden.«
    Â»Sie hätten schneller sein müssen«, überlegte Charles
und kniff die schmalen Lippen zusammen. »Es hätte nicht so knapp werden
dürfen.«
    Â»Vielleicht war heute in der Notaufnahme viel los?«,
schlug Gina vor.
    Â»Es hätte gar nicht erst passieren dürfen«, erwiderte
Meaty. »Sie hätten ihn bereits hier unten einfangen und festhalten müssen.«
    Â»Nein, sie hätten …«, begann Charles vehement. Ich
wedelte mit der Hand zwischen ihnen rum, um weitere Debatten zu verhindern.
    Â»Also … was passiert denn jetzt? Wegen des Babys mache
ich mir keine Sorgen, aber Shawn und die Stationsschwester, was ist mit denen?«
Hatten die Schatten sie so berührt, wie sie mich berührt hatten? Als ich
gegangen war, schienen sie unverändert zu sein. Aber wie konnte eine
Veränderung der Realität dermaßen umfassend sein?
    Â»Die Schatten haben sich darum gekümmert«, meinte
Meaty achselzuckend.
    Das war keine richtige Antwort, und das wusste Meaty
wohl auch. »So, wie sie sich um mich gekümmert haben?« Ich schaute auf meinen
Ausweis. Was hätte ich getan, wenn der durchgeknallte Geist von Shawns
Großvater nicht gewesen wäre? Ich wäre gestorben, ganz einfach. Und es wäre
vollkommen unwichtig gewesen, niemanden hätte es interessiert. Das