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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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erkennen – der
vierte Besucher war in eine weite Robe mit Kapuze gehüllt. Alle vier waren
Vampire. Das wusste ich, da wir zwar im selben Flur standen, ich mich aber
trotzdem völlig allein fühlte. Sie strahlten nichts von der Verbundenheit aus,
die Menschen auszeichnete: keine Wärme, keine Freude, keine Liebe – und auch
keinen Hass, keine Abneigung und keine Empörung. In ihrer Nähe zu sein war so
ähnlich, wie dicht an einem Schwarzen Loch zu stehen; auch ohne mein Blut zu
trinken, naschten sie von meiner Lebenskraft, nur ein bisschen, und zogen sie
wie einen feinen Faden aus mir heraus.
    Â»Ã„h … die Toiletten für Besucher sind oben«, sagte
ich schließlich und zeigte zum Aufzug, während die Tür zum Waschraum leise
hinter mir zufiel.
    Â»Wir sind auf der Suche nach einer gewissen Edith
Spence«, erwiderte der Vampir, der am dichtesten bei mir stand. Er war im
klassischen Sinne schön, mit seinen dunkelbraunen Haaren, dem spitzen Kinn und
der schmalen Nase. Seine Augen waren grasgrün.
    Mich hatte niemand mehr Edith genannt, seit meine
Großmutter gestorben war. »Und Sie sind?«, fragte ich.
    Â»Dren.« Er kam einen Schritt näher. Er trug einen
altmodisch geschnittenen Mantel, der in der Taille enger wurde und knapp bis
über das Knie reichte. Bis jetzt wirkte er noch nicht bedrohlich, aber ich
spürte, dass sich das schnell ändern konnte. Die anderen, die hinter ihm
standen, waren es definitiv. Zwei von ihnen zogen den vierten Besucher an einer
Kette nach vorne, die offenbar aus zweireihigen Silbergliedern bestand. Mein
Dienstausweis, der am Schlüsselband um meinen Hals hing, begann zu glühen, und
zwar stärker, als ich es je zuvor gesehen hatte.
    Â»Ich vermute, Sie sind Edith Spence?«, fragte der
erste Vampir, woraufhin ich nickte. »Sie wurden vor ein Tribunal berufen. Wir
werden Sie jetzt in Gewahrsam nehmen.« Er beobachtete mich und wartete
anscheinend auf eine Reaktion. Sofort beschloss ich, ihm die zu verweigern.
    Â»Warum?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor
der Brust.
    Â»Anscheinend ist es Ihnen gelungen, einen Vampir zu
töten«, erwiderte er und musterte mich abschätzend. »Auch wenn ich zugeben
muss, dass ich neugierig bin, wie Sie das geschafft haben.« Ein Hauch von
Emotion leuchtete in seinen Augen auf. Eigentlich wirkte er so, als wäre er an
Enttäuschungen gewöhnt, aber in diesem Moment entdeckte ich einen Funken
Hoffnung in ihm. Warum das?
    Die Türen zur Station wurden schwungvoll geöffnet.
»Hey, Edie, ich bräuchte mal deine Hilfe – heilige Scheiße!«, hörte ich Gina
hinter mir. Dann schrie sie: »Meaty!«
    Die Türen hatten nicht einmal die Chance, wieder
zuzufallen, bevor Meaty hindurchrauschte. »Die Besuchszeit ist vorbei.
Verschwinden Sie«, sagte Meaty sofort.
    Ich war mir nicht sicher, was mich mehr erschreckte:
die Tatsache, dass die beiden Vampire im Hintergrund an den Ketten des
Gefesselten zerrten, oder die Erkenntnis, dass sie Meaty ignorierten.
    Â»Sie wurde berufen. Wir nehmen sie bis zur dunkelsten
Nacht in Gewahrsam.« Dren schob seinen Mantel zur Seite und hakte den Daumen in
einen Ledergürtel, an dem auf Hüfthöhe eine sichelartige, goldene Waffe
befestigt war. Die Bewegung war bedeutungsschwer, wie bei einem Cop, der eine
Hand auf seine Pistole am Gürtel legt. »Wenn Sie ihr helfen wollen, sorgen Sie
dafür, dass sie so schnell wie möglich einen Rechtsbeistand bekommt.«
    Â»Aber …«, setzte ich an.
    Â»Halt den Mund, Edie«, befahl Meaty und schob sich
zwischen mich und die Männer.
    Der innere Geduldspegel bei den beiden Wachen im
Hintergrund war gefährlich abgesunken. Sie traten nun vor und zogen an den
Silberketten wie der Wind an Spinnweben, während sie den Gefesselten hinter
sich herzerrten. Als er sich seltsam hopsend und taumelnd bewegte, wobei seine
braune Robe hinter ihm über die Fliesen schleifte, entschied ich, dass das
unmöglich ein Mensch sein konnte.
    Â»Wie Ihnen vielleicht bekannt sein dürfte, oder auch
nicht«, fuhr Dren an Meaty gerichtet fort, »hat sie kürzlich einen Vampir
getötet. Es ist ein Tribunal einberufen worden, das sich in der dunkelsten
Nacht versammeln wird, um über ihr Schicksal zu entscheiden.«
    Eigentlich hatte ich gar nicht mehr an den Vampir
gedacht, seit ich ihn umgebracht hatte. Genauer gesagt hatte ich jedes

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