Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)
Sie“, sagte ich. „Ich erkenne ein schlechtes Vorbild, wenn ich eins sehe.“
„Schärfer als der Schlange Zahn“, brummte Walker. „Kommen Sie, John. Gehen Sie mit mir durch die Nightside und sehen Sie sie so, wie ich sie sehe. Meine tragbare Zeitanomalie kann uns in einer Sekunde überall hinbringen. Wir können die ganze Nightside in einer einzigen Nacht ergründen. Sehen Sie mir bei der Arbeit zu. Sehen Sie sich an, was ich tun muss, um den Frieden zu erhalten und den Deckel auf den Dingen zu behalten. Es gibt vieles an meinem Job, das außer mir niemals jemand wissen wird.“
„Ich möchte Ihre Position nicht. Ich habe einen Beruf, und ich bin verdammt gut darin.“
Walker musterte mich nachdenklich. „Sie sagen immer, Sie wollen den Leuten helfen. Wie kann man das besser tun, als zwischen ihnen und den Autoritäten zu vermitteln? Indem man ihre Macht nutzt, um die kleinen Leute vor denen zu schützen, die sie knechten wollen? Wie vielen Leuten könnten Sie aus einer Machtposition heraus helfen?“
„Hinweg mit dir, Satan!“, beschwor ich ihn, und er lachte wirklich.
Ich dachte nach. Wider besseren Wissens fand ich manches, was er gesagt hatte, auf eine verführerische Art und Weise sinnvoll. Die Dinge, die ich mit den Autoritäten im Rücken hätte tun können … viele Leute, die ich wegen ihrer Macht und ihrer Beziehungen nicht antasten konnte, würden plötzlich … berührbar werden. Ich hatte immer geglaubt, ein Mann am richtigen Ort könne etwas bewirken …
„Falls“, sagte ich, „nur mal angenommen … falls ich Ihre Position übern ähm e, w är e ich nicht der Schoßhund der Autoritäten. Ich würde meinen eigenen Weg gehen, meinem Gewissen folgen …“
„Darum habe ich Sie gewählt“, bestätigte Walker.
„Gibt es wirklich nichts, was ich tun kann, um Ihnen zu helfen?“, fragte ich. „Das hier ist die Nightside. Es muss etwas geben …“
„Wenn es etwas gäbe, dann würde ich es tun“, sagte Walker ruhig. „Würden Sie wirklich versuchen, mir zu helfen, John? Nach all den Malen, die ich versucht habe, Sie zu verhaften oder zu töten?“
„Natürlich“, antwortete ich. „Sie sind der älteste Freund meines Vaters und … so oder so waren Sie immer ein Teil meines Lebens. Immer da … haben immer auf mich aufgepasst, auf die eine oder andere Weise. Es gab so viele Dinge, die ich meinem Vater sagen wollte, ehe er starb. Man denkt immer, dazu w är e noch genug Zeit … bis es nicht mehr genug ist. Jetzt stehe ich hier und frage mich, was ich Ihnen sagen könnte. Meinem ältesten Feind, meinem ältesten Freund. Ein Teil von mir denkt, ich hätte Sie schon vor Jahren töten sollen: für all die Leute, auf denen Sie herumgetrampelt sind, für all die Leben, die Sie vernichtet haben, alles im Namen Ihres kostbaren Status quo.“
„Sie sind kein Mörder“, sagte Walker.
„Ich habe gemordet. Wenn ich musste. Aber ich versuche, es nicht zu tun. Das würde mich zu sehr zu einem wie Sie machen.“
„Also geben Sie zu, dass wir einiges gemeinsam haben?“
Ich zeigte ihm lächelnd die Zähne. „Sag en Sie das nicht, als wäre es etwas Gutes.“
„Ich schäme mich für nichts, das ich getan habe“, sagte Walker.
„Aber sind Sie auf irgendetwas stolz?“
„Ich bin stolz auf Sie. Eines meiner besseren langfristigen Projekte.“
„Wissen Sie eigentlich, wie unheimlich sich das anhört?“
„Ich habe den Frieden in der Nightside mindestens dreißig Jahren erhalten“, sagte Walker. „Ich habe die Nightside daran gehindert, sich selbst auseinanderzunehmen, habe sie davon abgehalten, ihre Grenzen in die verletzliche Alltagswelt auszuweiten, und selbst ein bisschen Gerechtigkeit geschaffen. Das ist das Beste, worauf man in meiner Position hoffen kann.“
„Wenn ich auf mein Leben zurückblicke“, sagte ich, „sehe ich Zeiten, in denen Sie mich hätten töten können und es nicht getan ha ben, wenn jeder andere in Ihrer Position es getan hätte. Sie haben es nicht getan, weil ich der Sohn Ihres ältesten Freundes bin, des Mannes, den Sie verraten und zu Tode gehetzt haben. Sie können mich nicht töten, Walker. Ich bin Ihr Gewissen.“
„Glauben Sie das nur weiter“, sagte Walker. „Wenn Sie sich dadurch sicherer fühlen.“
„Was, wenn ich Ihnen sagte, dass Sie sich Ihren Job in den Arsch schieben können?“, fragte ich. „Würden Sie mich dann töten lassen?“
„Ich bin vieles“, sagte Walker. „Aber nicht nachtragend. Ich würde einfach den
Weitere Kostenlose Bücher