Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
Vom Netzwerk:
die Richtung vor, und ich folgte ihm, und niemand wollte etwas mit uns zu tun haben. Nach einer Weile wurden meine Beine müde, und meine Füße schmerzten, aber Walker verlangsamte nie seinen Gang. Ich wurde so müde, dass ich jedes Zeitgefühl verlor, was ja vielleicht auch der Sinn der Sache war.
    Ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich mich darauf vorbereitete, über meinen Schatten zu springen und um eine Pause zu bitten, als Walker mir zuvorkam. Er hielt jäh vor einer schäbigen Ladenfront in einer eindeutig zwielichtigen Gegend an und zeigte mit großer Geste auf die heruntergekommene Einrichtung vor uns. Ich betrachtete sie und war nicht beeindruckt. Das leere Fenster war mit „Willkommen im Touristenbüro der Nightside!“ in großen Lettern beschriftet. Mir drängte sich der Gedanke auf, das Ausrufezeichen am Ende sei total ungerechtfertigt. Eine Art schicksalsergebenes Achselzucken wäre angemessener gewesen.
    „In Ordnung“, sagte ich zu Walker. „Das ist etwas Neues, das räume ich ein. Ich wusste gar nicht, dass wir sowas haben. Hat es viel zu tun? Ich hätte gedacht, die meisten Leute, die hierher kommen, wissen bereits, nach was sie suchen.“
    „Das ist der Punkt“, sagte Walker. „Sollen wir?“
    Er stieß die Tür auf, und kleine Farbstückchen bröckelten von ihr ab. Ein Gl ö ckchen klingelte traurig, als wir ein spießiges, kleines Büro betraten. Eine dunkle Gestalt saß gebeugt hinter einem rohen Schreibtisch, halb verdeckt von Ordnerstapeln, Flugblättern und verschiedenstem Papierkram. Sich rollende Poster waren grob an die Wände geheftet und boten Postkartenbilder von Orten, von denen ich wusste, dass sie nicht so aussahen, und in hohen Drehständern steckten billige Flugblätter, die aussahen, als habe sie seit Jahren niemand angefasst. Es gab Staub, Spinnweben und einen allgemeinen Geruch nach Sinnlosigkeit und Verzweiflung.
    „Carter!“, blaffte Walker. „Warum bist du schon wieder nackt?“
    Die Gestalt am Schreibtisch versank noch tiefer hinter ihren Papierstapeln. „Es hilft mir, mich zu entspannen! Ich habe viel im Kopf!“
    Ich drehte mich weg und vertiefte mich nachdrücklich in den Inhalt eines der Drehständer. Die meisten Flugblätter und Prospekte betrafen Sehenswürdigkeiten für den anspruchsvollen Tourist in der Nightside. Alle waren in dem falschen, heiteren Ton geschrieben, den Handelskammer-Typen so liebten, der aber keinen täuschte.
    Besuchen Sie die schillernde Straße der Götter! (Wir raten zu einer Reiseversicherung, vor allem gegen Naturgewalten.) Besuchen Sie den außerordentlichen Mammon-Zauberladen, wo es alle Waren aus aller Welt gibt! Testen Sie einen Eimer MooseMcNuggets oder eine Kokain-Cola! Haben Sie die wirklich Alten in der Unterwelt gesehen? (Eltern haften für ihre Kinder. Einige Teile des Rundgangs eignen sich nicht für ängstliche Gemüter.)
    Das war etwa so viel, wie ich ertragen konnte. Ich wandte mich um, um Carter, der nun ein schmutziges Unterhemd und Jeans trug, mürrisch hinter dem Schreibtisch hervorkommen zu sehen. Er sah genauso schmuddelig und unzuverlässig aus wie der Ort, an dem er arbeitete, was schon einiges hieß. Carter war neurotisch mager, demonstrativ blass und schlicht einfach nur ekelhaft. Man bekam das Gefühl, er hätte selbst dann noch schmuddelig gewirkt, wenn man ihn eine Woche lang durch Bleiche gezogen hätte. Er tat sein Bestes, um ausgebeutet und ungerecht behandelt auszusehen, aber ich hatte instinktiv den Drang, ihm rein aus Prinzip eine Ohrfeige zu geben. Er zuckte vor Walker zurück und stierte mich an.
    „Machen Sie sich keine Mühe, ich weiß schon, wer Sie sind. Ich bin Basil Carter, und Sie sind nicht gerade erfreut, mich zu sehen. Niemand ist das. Als ob mich das kümmert – und ja, dieser Ort ist eine Müllkippe. Warum auch nicht? Niemand kommt je hierher. Die letzte Person, die ihren Kopf durch die Tür gesteckt hat, wollte eigentlich zur Karma-Werkstatt nebenan. Was wollen Sie hier? Wir haben geschlossen. Oder machen Mittag. Oder renovieren – das ist immer eine gute Ausrede. Es gab ein Feuer oder den Ausbrauch einer Krankheit, oder die tollwütigen Wiesel sind wieder ausgebüxt. Kommen Sie später wieder. Oder gar nicht, das ist mir einerlei. Das sind meine offiziellen Antworten auf alle Fragen. Ich rede nur mit Ihnen, weil Walker mich schlagen würde, wenn ich es nicht täte.“
    „Mit Recht“, sagte Walker. „Ich kannte nie jemanden, der es mehr verdient hätte, wiederholt auf

Weitere Kostenlose Bücher