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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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betrachtete ihn genauer. Ich erkannte ihn fast augenblicklich, obgleich die Jahre nicht nett zu ihm gewesen waren. Carnaby Jones, der Staunende, berüchtigter Dandy und Freigeist der alten King’s Road, war ziemlich tief gesunken. Sein T-Shirt und seine Hose waren ausreichend sauber, doch er sah aus, als hätte ihn jemand anderes angezogen. Sein früher muskulöser Körperbau war verschwunden, er war ausgemergelt, und seine Hautfarbe war ein dumpfes, ungesundes Gelb. Unter der straff gespannten Haut seines Gesichts zeichnete sich deutlich der Schädel ab, seine tiefliegenden Augen schienen trüb und verloren, und sein schmallippiges Lächeln beinhaltete alle Bosheit der Welt. Er roch entsetzlich.
    Ich erinnerte mich, wie der Staunende einmal der Beste und Mutigste gewesen war.
    „Was willst du, Carnaby?“, fragte ich freundlich.
    Er lachte laut. „Keine Zeit für alte Freunde, John? Du hast dem alten Freund, den du sitzen gelassen hast, nichts zu sagen? Dem, der dich hierher gebracht, dich mit allem vertraut gemacht und dir Genüsse eröffnet hat, von denen du nicht mal wusstest, dass es sie gab?“
    „Ich habe dir vor langer Zeit verziehen“, sagte ich. „Wir sind nun zwei grundverschiedene Menschen. Ist das ein zartlila Fleck in deinem Augapfel, Carnaby? Spritzt du es dir jetzt in die Tränenkanäle, weil dir die Venen ausgehen? Wie konntest du nur so tief sinken?“
    „Übung“, grinste er und entblößte dabei faulige Zähne. „Du siehst gut aus, John. Wirklich. Sehr ... gesund. Was hat dich dazu gebracht zu denken, du könntest wieder hier hereinspazieren und hochnäsig unter uns umherschleichen? Du schuldest mir etwas, John. Das weißt du.“
    „Wenn du willst, dass ich dich hier raushole, werde ich das tun“, sagte ich. „Wenn du Hilfe willst, ich werde dir die beste besorgen, die es gibt.“
    „Ich will gar nichts von dir! Außer, dass du für das bezahlst, was du getan hast.“
    „Was habe ich denn getan, Carnaby?“, fragte ich ruhig.
    „Du hast die Regeln gebrochen, John! Du bist rausgekommen! Niemand sollte hier wieder rauskommen. Das ist der Punkt!“
    „Ich hatte Hilfe“, sagte ich. „Nimm meine Hand, Carnaby. Wirklich. Ich meine es ernst. Der Einzige, der dich hier hält, bist du.“
    Er sah mich von der Seite an und lächelte immer noch sein unangenehmes Lächeln. „Du bist hier rausgekommen, und jetzt bist du ein großer Mann in der Nightside. Oh ja, die Neuigkeiten sickern sogar bis an Orte wie diesen durch. Es heißt außerdem, du seiest reich. Wie wäre es also mit einem kleinen Bisschen für einen alten Freund? Wie wäre es mit einer kleinen Gebühr, mit deinem letzten Hemd oder mit allem, was du hast?“
    Er spie die Wörter geradezu aus, und sein ganzer abgewrackter Leib bebte vor über die Jahre angestauter, sorgfältig eingeübter Bosheit und Hass. Ich merkte, wie sich Mutter Connell hinter ihrem Tisch rührte und hob die Hand, um sie zu stoppen. Denn vor langer Zeit einmal war der Staunende wirklich ein guter Freund von mir gewesen, und er hatte das Zeug gehabt, um der Beste von uns zu sein. Drogen zerstörten nicht nur, wer man war, sondern auch alle Persönlichkeiten, die man hätte sein können.
    Ich trat einen Schritt vor, nahm seinen knochigen Kopf fest in beide Hände und fixierte ihn mit meinem Blick. Er versuchte, sich loszureißen, doch es war keine Kraft mehr in seinem Leib. Er wollte wegschauen, doch ich hatte ihn. Ich konzentrierte mich, und er schrie erbärmlich, als alle verschorften Stiche an seinen Unterarmen aufbrachen und dunkle Flüssigkeiten hervorquollen, um dann seine Arme entlangzurinnen. Alles, was er je genommen hatte, jeder abscheuliche Tropfen, floss aus ihm heraus, und bei dem Verlust schrie er wie ein Kind. Als ich fertig war, ließ ich los, und er sackte zusammen.
    „Bitte“, sagte ich. „Du bist nicht mehr süchtig. Frei wie ein Vogel. Du kannst gehen oder bleiben, es liegt ganz an dir. Sag nicht, ich hätte nie etwas für dich getan.“
    So ließ ich ihn dort und ging auf den Elfen zu.
    ***
    Er saß allein an einem Tischchen und rauchte Opium durch einen hohlen menschlichen Oberschenkelknochen. Weil er es konnte. Trotz der drangvollen Enge im Drachenschlund war um ihn herum ein runder, leerer Bereich, denn selbst die, die an einen solchen Ort gewohnt waren, wollten nichts mit einem Elfen zu tun haben. Vor sehr, sehr langer Zeit hatten Menschen und Elfen gemeinsam auf der Erde gelebt und ihre Wunder und Ressourcen geteilt. Doch wir kamen

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