Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
zurück. Ich befand mich in einer Welt aus Schmerz, alles tat mir weh, und Blut tropfte mir klebrig vom Gesicht, doch ich fühlte, dass nichts Wesentliches gebrochen war. Ich sah zu Suzie hinüber. Sie lag reglos da. Ich folgte ihrem Beispiel. Sollten sie ruhig denken, sie hätten jeden Kampfeswillen aus uns herausgeprügelt. Ich konzentrierte mich darauf, gleichmäßig zu atmen und mich an meinen Hass und Zorn zu klammern, während ich einen Teil von mir zu finden versuchte, der nicht höllisch schmerzte.
„Stephen, Joan, kümmert Euch um die beiden“, sagte der Baron. „Seid so kreativ, wie ihr wollt, solange die Auswirkungen bleibend sind. Wenn Ihr fertig seid, kommt zu mir hinunter. Ich habe weitere Arbeit für euch.“
Er wandte sich ohne Eile um und ging davon. Die ganze Armee von Bambuskrankenschwestern machte auf ihren Bambusabsätzen kehrt und stampfte ihm nach. Immer noch in perfektem Stechschritt, die gemeinen Schlampen. Ich setzte mich langsam auf und versuchte, nicht laut aufzustöhnen, als jede Bewegung Blitze von Schmerz durch meinen Körper zucken ließen. Ich hasste es, wenn sich eine ganze Meute auf mich stürzte – das war immer so würdelos. Wie man es drehte und wendete, man machte nie eine gute Figur dabei. Suzie setzte sich abrupt auf und spie einen Mundvoll dunkelroten Blutes auf den Boden. Dann sah sie sich nach ihrer Schrotflinte um und runzelte die Stirn, als die männliche Version ihrer selbst spöttisch mit ihrem Gewehr vor ihrer Nase herumwedelte.
„Meins! Wer’s findet, behält’s, und der Verlierer endet in einem unbenannten Grab.“
Die weibliche Version meiner selbst feixte, beide Hände tief in den Taschen ihres Trenchcoats vergraben. Ich hoffte inständig, dass ich nicht so aussah, wenn ich lächelte. Sie beugte sich ein wenig vor, damit sie direkt in mein blutverschmiertes Gesicht blicken konnte.
„Puh. Das muss weh getan haben. Aber das passiert, wenn man die falsche Seite wählt.“
Ich ignorierte sie und rappelte mich langsam und voller Schmerzen wieder auf. Suzie stand auch auf. Ich wusste es besser, als ihr Hilfe anzubieten. Wir standen zusammen, Schulter an Schulter, wenn auch ein wenig kraftlos, und musterten unsere Widerparte. Stephen Shooter war genauso bedrohlich wie Suzie, doch fehlte ihm ihr düsterer Glamour. Wo sie bestürzend direkt und getrieben war, machte er den Anschein, einfach nur grob und brutal zu sein. Ein Söldner ohne Moral und mit noch weniger Subtilität. Meine Suzie hätte ihn schwindlig denken können, während sie ihm den Schädel vom Körper blies.
Er hatte noch ein intaktes Gesicht, von Narbengewebe keine Spur. Er hatte nicht die Hölle erduldet, durch die Suzie gegangen war.
Joan Taylor sah bei weitem bedrohlicher aus; als sie einfach nur ohne erkennbare Waffen ruhig dastand, wirkte sie vollständig gelassen und zuversichtlich. Mir war bisher nie bewusst gewesen, wie beängstigend das sein konnte. Ich erkannte mich selbst in ihr. Ihr Blick war kühl und spöttisch, ihr Lächeln eine offene Beleidigung. Versuch dein Bestes, schien alles an ihr zu sagen. Wir beide wissen, dass es nicht einmal annähernd genug sein wird.
„So“, hustete ich, wobei ich mich bemühte, trotz meines zerschlagenen Mundes möglichst klar und nonchalant zu klingen. „Mein böser Zwilling. Es musste wohl irgendwann einmal so weit kommen.“
„Wohl kaum“, sagte Joan entspannt. „Wir beide sind das perfekte Beispiel eines Einzelkindes. Eigenständig, autodidaktisch und schon zu Lebzeiten aufgrund unserer Anstrengungen Legenden. War deine Mutter …?“
„Ja, und hast du …?“
„Ja.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Ich habe sie betteln lassen, ehe ich sie getötet habe.“
Ich lächelte ebenfalls. „Wir sind uns nicht einmal ansatzweise ähnlich. Meine Partnerin ist ein Profi. Deiner ist ein Psychopath.“
„Vielleicht“, sagte Joan. „Aber er ist mein Psychopath.“
Stephen Shooter kicherte plötzlich. Ein kurzer, extrem verstörender Laut. „Das ist wahr, das ist wahr. Ich genieße meine Arbeit. Deshalb bin ich auch so gut darin. Übung macht den Meister.“
„Du redest zu viel“, sagte Suzie.
„Wie hat es euch beide hierher verschlagen?“, fragte ich, bevor die Lage eskalieren konnte. Ich musste zusehen, dass Joan weiterredete, um mir etwas Zeit zu erkaufen, da ich darauf zählte, dass es einen größeren Unterschied zwischen uns beiden gab.
„Unsere alte Heimatstadt wurde uns ein ganz klein wenig zu heiß“, grinste Joan
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