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Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand

Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand

Titel: Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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die pulsierende Wärme von Innereien, die zum ersten Mal das Tageslicht erblickten. Frankenstein … ich schob mich lautlos an Suzie vorbei und probierte den Türgriff. Die Tür war nicht abgeschlossen. Ich trat ein und Suzie folgte mir, ruhig wie ein Rachegeist.
    Wir fanden uns in einer großen Steinkammer wieder, die aus dem Gestein gemeißelt war. Die Wände und die Decke waren grob behauen, der holprige Boden mit blutbesudelten Matten ausgelegt. Nackte Glühbirnen hingen an langen, rostigen Ketten und füllten die Kammer mit einem grellen, gnadenlosen Licht. Es gab einige Schatten, aber diese waren nicht tief genug, um auch nur ansatzweise zu verbergen, was an diesem Ort geschehen war. Aufgebockte Tische standen in langen Reihen, und auf jedem einzelnen lagen eine menschliche Leiche oder Körperteile. Hier hatte man Männer und Frauen aufgeschnitten und teilweise seziert. Weiße Rippen glänzten in scharlachrotem Fleisch. Haufen von Eingeweiden dampften in der kühlen Luft. Schwere Ledergurte hielten die Körper auf den Tischen. Sie waren noch am Leben gewesen, als das Schneiden begonnen hatte.
    Der Baron hatte sich wieder seiner alten chirurgischen Versuche besonnen. Frankenstein, der lebende Gott des Skalpells.
    Er stand auf der anderen Seite des Raumes und trug eine blutbefleckte Fleischerschürze über dem cremefarbenen Anzug. Er war halb über den Körper auf dem Tisch vor ihm gebeugt. Es war einmal eine junge Frau gewesen, auch wenn es nun nur noch schwer zu erkennen war. Der Baron sah erstaunt zu mir auf, von seinem erhobenen Skalpell troff Blut. Wir hatten ihn bei der Arbeit gestört.
    „Raus“, sagte er. „Sie dürfen nicht hier sein. Ich habe zu tun.“
    „Das ist kein OP“, sagte ich. „Das ist ein Schlachthaus.“
    Er richtete sich auf und legte mit fast altjüngferlicher Sorgfalt das Skalpell neben die Frauenleiche. „Nein“, entgegnete er ruhig. „Ein Schlachthaus ist ein Ort des Todes. Dies ist ein Tempel des Lebens. Sie müssen über das Offensichtliche hinaussehen, Mr. Taylor. Ich arbeite daran, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen und ihn um seine Opfer zu betrügen. Ich nehme totes Fleisch und erwecke es wieder zum Leben. Nur durch meine Anstrengungen! Sie haben nicht die geringste Ahnung, was für Wunder und einzigartige Dinge ich in den Körpern von Menschen gesehen habe.“
    Er kam hinter dem Tisch hervor, um Suzie und mir gegenüberzutreten. Dabei wischte er sich mit einem Lappen das Blut von den Händen. „Versuchen Sie doch zu begreifen und anzuerkennen, was ich hier tue. Ich bin weit darüber hinausgegangen, Mutter Natur einfach nachzuahmen. Heute verbessere ich ihre Arbeit. Ich benutze nur die perfektesten Organe, denen ich durch chirurgische Fähigkeiten, die über Jahrhunderte gereift sind, eine neue, bessere Form gebe. Ich … vereinfache Dinge und entferne all die nutzlosen Details, und aus all diesen perfekten Teilen habe ich etwas ganz Neues erschaffen – eine lebende Kreatur, die vollkommen mit sich selbst im Gleichgewicht steht. Ich sehe keinen Grund, warum ich nicht für immer leben, warum ich keine Generationen überdauern sollte. Ich habe so lange gebraucht, bis ich es endlich verstanden habe … der Schlüssel ist, nicht mit Leichen, sondern mit lebenden Menschen zu arbeiten! Aus ihnen zu ernten, was ich benötige – das frischeste, lebendigste Gewebe.“
    „Wie viele?“, unterbrach ich ihn brüsk. Es lag etwas fast Hypnotisches in der schieren Selbstsicherheit in seiner Stimme.
    „Ich verstehe nicht“, sagte er. „Wie viele was?“
    „Wie viele Opfer, Sie Bastard! Wie viele gute Männer und Frauen sind unter ihren Händen ums Leben gekommen, nur damit Sie ihre verdammte perfekte Kreatur erschaffen können?“
    Er schmollte tatsächlich ein wenig, war ärgerlich, weil ich nicht verstanden hatte, worum es ging, selbst nachdem er es so sorgfältig erklärt hatte.
    „Ich weiß es nicht, Mr. Taylor. Ich zähle nicht mit – warum sollte ich auch? Es geht nur um die Teile. Es war ja auch niemand Wichtiges. Niemand von Bedeutung. Leute verschwinden ständig in der Nightside, und niemanden kümmert es.“
    „Ihn kümmert es“, sagte Suzie unerwartet. „Unter anderem deswegen liebe ich ihn. Ihn kümmert es genug für uns beide zusammen.“
    Der Baron sah sie unsicher an und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. „Fortschritt hat seinen Preis, Mr. Taylor. Opfer müssen gebracht werden, und ich habe eben sie hier geopfert.“ Er wies auf all die Leichen

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