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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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beobachtete er die beiden jungen Menschen, die sich stritten: Egg aufgeregt und hitzig, Oliver lau und matt.
     
    Sir Charles sah älter aus als gewöhnlich – alt und müde. Mehr als einmal wandte sich Egg vertrauensvoll an ihn, doch er ging nicht darauf ein.
    Gegen elf Uhr brachen die jungen Gäste auf. Sir Charles begleitete sie bis auf die Terrasse und bot ihnen eine elektrische Taschenlampe an, als Beleuchtung auf dem steilen Pfad. Egg lachte. Eine elektrische Funzel, wenn der Mond so hell schien…?
    Schwächer und schwächer wurden die jugendlichen Stimmen, bis sie endlich ganz verhallten.
    Auch das schönste Mondlicht schützt nicht vor Erkä l tung, fand Mr Satterthwaite und kehrte in den Schutz des Kabinenraumes zurück, während Sir Charles noch ein wenig länger auf der Terrasse verweilte. Als er hereinkam, verriegelte er die Tür hinter sich, schritt zu einem kleinen Tisch und mixte sich einen Whisky-Soda.
    »Satterthwaite, morgen reise ich ab«, sagte er nach dem ersten Schluck.
    »Was?«
    Ein Hauch melancholischen Vergnügens über die Wi r kung, die er erzielt hatte, spiegelte sich sekundenlang auf Charles Cartwrights Gesicht.
    »Es ist das Einzige, was mir zu tun übrig bleibt«, erklä r te er, und es klang, als sei jedes Wort mit einem großen Anfangsbuchstaben geschrieben. »Ich werde dieses A n wesen verkaufen. Was es für mich bedeutete, wird nie jemand erfahren.« Seine Stimme sank, zaudernd… wi r kungsvoll. Nach einem Abend in untergeordneter Rolle rächte sich Sir Charles’ Egoismus. Dies war die große Szene des Verzichts, so oft von ihm in Dramen aller Art gespielt. Die Frau des andern aufgeben… sich losreißen von dem Mädchen, das er liebte… Mit tapferem Gleic h mut fuhr Cartwright fort:
    »Ritsch, ratsch – ein scharfer Schnitt, das ist das beste… Jugend gehört zu Jugend… Sie sind füreinander gescha f fen, diese zwei… Ich werde mich aus dem Staub m a chen…«
    »Wohin?«, fragte Mr Satterthwaite.
    Der Schauspieler hob lässig die Hand.
    »Irgendwohin. Was tut das zur Sache?« Und mit leicht verändertem Tonfall fügte er hinzu: »Wahrscheinlich Monte Carlo.« Hierauf, wieder gutmachend, was sein empfindlicher Sinn als unpassend erkannte: »Im Innern der Wüste oder im Innern des Menschentrubels – es bleibt sich gleich. Im Grunde ist man überall allein. Ei n samkeit… ich kenne sie seit Jahrzehnten!«
    Er nickte seinem Gast zu und verließ das Zimmer.
    Gleich darauf erhob sich auch Mr Satterthwaite, um e benfalls zu Bett zu gehen.
    »Nun, immerhin erwählt er nicht das Innere der Wü s te!«, murmelte er mit einem leichten Lächeln.
    Am folgenden Morgen bat Sir Charles um Entschuld i gung, dass er sogleich nach London führe. »Kürzen Sie aber deswegen Ihren Besuch im ›Krähennest‹ nicht ab, lieber Freund«, fügte er hinzu. »Sie bleiben, wie ursprün g lich verabredet, noch bis morgen, denn ich weiß, dass Sie von hier zu den Haebertons in Tavistock fahren. Der Wagen wird Sie hinbringen. Ich habe das Gefühl, dass ich, nachdem mein Entschluss, einmal gefasst ist, nicht zurückbleiben darf. Nein, nicht zurück!«
    Mit männlicher Festigkeit reckte Charles Cartwright die Schultern, drückte Mr Satterthwaite fest die Hand und übergab ihn der tüchtigen Miss Milray.
    Miss Milray zeigte sich auch dieser Lage gewachsen. Sie verriet weder Überraschung noch Rührung angesichts Sir Charles’ nächtlicher Entscheidung. Jähe Todesfälle oder das plötzliche Umstoßen von Plänen vermochten Miss Milrays Gleichgewicht nicht zu erschüttern. Was sich auch ereignete – sie nahm es als Tatsache hin und passte sich ohne Weiteres den jeweiligen Verhältnissen an. Schon telefonierte sie mit Häusermaklern, schickte Tel e gramme in die Welt und tippte emsig auf ihrer Schrei b maschine. Mr Satterthwaite aber entfloh dem demütige n den Schauspiel von so viel Tüchtigkeit, indem er zum Kai hinabschlenderte. Missvergnügt bummelte er dort auf und ab, als er von hinten am Arm gepackt wurde. Er drehte sich um und blickte in ein blasses Mädchengesicht.
    »Was bedeutet all dies?«, stieß Egg verstört hervor.
    »All dies?«, plapperte der kleine Mann nach.
    »Es heißt überall, dass Sir Charles abreisen, ja, dass er das ›Krähennest‹ sogar verkaufen wolle.«
    »Das stimmt.«
    »Er will fort?«
    »Er ist schon fort.«
    »Oh!« Egg ließ Satterthwaites Arm los. Sie sah plötzlich wie ein kleines Kind aus, dem man schrecklich wehgetan hat.
    »Wohin reist er?«
    »Nach

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