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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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auch in den Ideen.«
    Lady Mary wiegte den frühzeitig ergrauten Kopf.
    »Gewiss. Andererseits würde natürlich alles ganz gut passen. Sein Onkel, der ihn kürzlich in seine Firma au f genommen hat, ist ein sehr reicher Mann. Und de n noch… es ist dumm von mir… aber…«
    »Wäre es Ihnen lieber, wenn Ihre Tochter einen Mann heiratete, der doppelt so alt wäre wie sie?«, forschte Mr Satterthwaite und staunte nicht wenig über die Antwort, die er erhielt.
    »Eine solche Heirat gibt eine gewisse Bürgschaft. Man weiß wenigstens, woran man ist. In dem Alter hat ein Mann seine Torheiten und Sünden endgültig hinter sich; sie stehen… einem nicht mehr bevor.«
    Ehe Mr Satterthwaite etwas erwidern konnte, gesellte sich Egg wieder zu ihnen.
    »Wo warst du denn so lange, Kindchen?«
    »Ich telefonierte mit Sir Charles, Mami. Er ist mit all seinem Ruhm ganz allein.« Vorwurfsvoll wandte sie sich an Mr Satterthwaite. »Sie verschwiegen mir, dass die Hausgäste davongeflogen sind.«
    »Sie reisten gestern zurück – mit Ausnahme von Sir Bartholomew Strange, der bis morgen bleiben wollte, aber heute Früh durch ein dringendes Telegramm nach London gerufen wurde. Einer seiner Patienten befand sich in kritischer Verfassung.«
    »Wie schade!«, bedauerte das junge Mädchen. »Ich wol l te die Gäste gern ein bisschen unter die Lupe nehmen. Vielleicht hätte ich einen Fingerzeig entdeckt.«
    »Fingerzeig in Bezug auf was, mein Herz?«
    »Mr Satterthwaite versteht mich schon, Mami. Es ist übrigens nicht so wichtig. Oliver ist noch hier. Wir we r den ihn hinzuziehen; wenn er will, verfügt er über alle r hand Scharfsinn.«
     
    Als Mr Satterthwaite wieder im »Krähennest« anlangte, fand er den Besitzer auf der Terrasse.
    »Zurück, Satterthwaite?«, warf er hin, ohne den Blick vom Meer zu wenden. »Sie waren bei den Lytton Gores zum Tee?«
    »Ja. Hoffentlich nehmen Sie es mir nicht übel?«
    »Bewahre! Egg benachrichtigte mich ja, sodass ich Sie nicht vergeblich erwartete… Ein seltsames Mädchen, diese Egg…«
    »Anziehend«, sagte Mr Satterthwaite.
    »Hm… ich glaube wohl.« Jetzt stand er auf und machte ein paar lustlose Schritte. »Bei Gott, ich wünschte, ich hätte diesen Erdenwinkel nie gesehen!«, brach es plötzlich voll Bitterkeit aus ihm hervor.

5
     
    M r Satterthwaite beobachtete seinen Gastgeber mit jäh erwachtem Mitleid. Im Alter von zwe i undfünfzig hatte sich Charles Cartwright, der flotte, elegante Herzensbr e cher, verliebt. Und sein Fall war, nach Ansicht Mr Satterthwaites, hoffnungslos. J u gend wendet sich zur Jugend. Mädchen tragen ihre He r zen nicht auf dem Präsentierte l ler, überlegte der kleine Philosoph. Und da Egg aus ihrem Gefühl für Sir Charles gar kein Hehl machte, wird es wohl nicht tief gehen. Der junge Manders ist der Auserkor e ne.
    Gewöhnlich traf Mr Satterthwaite mit seinen Mutm a ßungen den Nagel auf den Kopf. Diesmal jedoch zog er einen Faktor nicht in Betracht, weil er ihn übersah. Das war der hohe Wert, den das Alter der Jugend beimisst. Dem bejahrten Mr Satterthwaite schien es unvorstellbar, dass Egg einen so alten Mann einem Jüngling vorziehen könnte. Jugend war für ihn die magischste aller Gaben.
    In diesem Glauben wurde er bestärkt, als Egg nach dem Dinner anrief und um Erlaubnis bat, Oliver zu einer »B e ratung« mitbringen zu dürfen.
    Fraglos war Oliver Manders ein schöner Bursche mit seinen dunklen Augen und den graziösen Bewegungen. Er hatte gnädigst geruht, sich herzubemühen – das war Eggs Verdienst. Aber seine allgemeine Haltung musste man als träge Skepsis bezeichnen.
    »Sie sind nicht imstande, es ihr auszureden, Sir«, sagte er zu Sir Charles. »Es ist diese entsetzlich gesunde, ländl i che Lebensweise, die sie so tatendurstig macht. Wirklich, Egg, Sie erfreuen sich einer scheußlich robusten Gesun d heit. Und Ihre Neigungen sind kindisch: Verbrechen, Sensation und dergleichen Unfug. Fantastisch, zu gla u ben, dass der brave, salbadernde Pfarrer nicht eines natü r lichen Todes gestorben sei!«
    »Ich vermute, Sie haben Recht, Manders«, erwiderte Sir Charles.
    Mr Satterthwaite sah ihn an. Welche Rolle spielte Charles Cartwright heute Abend? Nicht den einstigen Seemann, nicht den internationalen Detektiv. Nein, eine neue, unbekannte Rolle!
    Wie ein Schlag durchzuckte es Mr Satterthwaite, als er sich über die Art der Rolle klar wurde. Sir Charles spielte die zweite Geige – die erste überließ er Oliver Manders. Den Kopf im Schatten,

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