Nikotin
Südfrankreich.«
»Oh!«
Was soll ich ihr bloß sagen?, fragte sich Mr Satterthwa i te verzweifelt. Denn hier handelt es sich um mehr als Heldenanbetung.
Und voll Mitleid bereitete er im Geist ein paar tröstende Sätze vor, als sie schon wieder das Wort ergriff – und ihn in neue Bestürzung versetzte.
»Welches von diesen verfluchten Biestern ist es?«, forschte Lady Marys Tochter grimmig.
Mr Satterthwaite starrte sie mit aufgerissenem Mund an, worauf ihn Egg abermals am Arm packte und heftig schüttelte.
»Sie müssen es wissen«, schrie sie. »Welche von ihnen? Die grauhaarige oder die andere?«
»Mein liebes Kind, ich verstehe Sie nicht«, stammelte der kleine Herr.
»Keine Ausflüchte! Er mochte mich gern – ich weiß es. Und das wird an jenem Abend eine dieser beiden Frauen bemerkt und daraufhin den Entschluss gefasst haben, ihn von mir zu entfernen. Ich hasse Frauen. Lausige Katzen sind es. Haben Sie ihr Kleid gesehen – das Kleid von jener mit dem grünen Haar? Ich hätte ihr vor Neid an die Kehle springen mögen. Oh, widersprechen Sie nicht, Mr Satterthwaite! Sie ist so alt und hässlich wie die Sünde, aber wem fällt das auf? Gegen sie wirken wir alle wie A schenputtel. Ist sie es, Mr Satterthwaite? Oder die andere mit den grauen Haaren? Sie sieht klug und geistreich aus, soll eine große Künstlerin sein, und er nannte sie Angie. Die dritte, die einem verwelkten Weißkohl glich, kann es nicht sein. Also bitte, wer? Die Modepuppe oder Angie?«
»Liebe kleine Miss Egg, was faseln Sie da zusammen?… Er… ich meine Charles Cartwright, interessiert sich für keine jener Frauen.«
»Das glaube ich Ihnen nicht. Jedenfalls interessieren sie sich für ihn.«
»Nein, nein. Sie irren sich. Alles das sind Hirngespin s te.«
»Biester!«, fauchte Egg. »Elende Biester!«
»Das Wort klingt hässlich aus Ihrem Mund, mein liebes Kind.«
»Oh, für die beiden wüsste ich noch eine ganze Reihe schlimmerer Worte.«
»Aber bitte, sprechen Sie sie nicht aus!«, flehte Sa t terthwaite. »Ich versichere Ihnen auf Ehre und Gewissen, dass Sie sich täuschen.«
»Warum ist er dann fortgereist – so Hals über Kopf?«
Mr Satterthwaite räusperte sich. »Ich denke… es schien ihm das Beste.«
Eggs graue Augen bohrten sich in die seinen. »Meinen Sie – meinetwegen?«
»Es… es könnte sein«, wand sich der Unglückselige.
»Also ausgekniffen«, sagte Egg Lytton Gore dumpf. »Vermutlich verstellte ich mich nicht genügend… Mä n ner hassen es, wenn man ihnen nachjagt, wie? Mami hat also doch Recht… Ach, Sie haben keine Ahnung, wie süß sie ist, wenn sie über die Männer redet. Immer in der dritten Person – so artig und altmodisch! ›Ein Mann hasst es, wenn man ihm nachläuft; stets sollte das Mädchen warten, bis der Mann ihm nachläuft.‹ Hübsch, nicht wahr? Charles ist nun ja auch gelaufen, aber leider nicht hinter mir her, sondern von mir fort. Er hat Angst. Und das Teuflischste bei der Affäre ist, dass ich ihm nicht nachsetzen kann. Wenn ich es täte, würde er vermutlich mit einem Dampfer zu den Wilden nach Afrika oder Australien flüchten.«
»Hermione«, sagte Mr Satterthwaite feierlich, »ist das Ihr Ernst, was Sie mir da über sich und Sir Charles erzä h len?«
Das Mädchen musterte ihn mit einem ungeduldigen Blick. »Selbstverständlich«, erwiderte sie.
»Und wie steht’s mit Oliver Manders?«
Egg schob den jungen Manders mit einer ungeduldigen Kopfbewegung weg. Sie hing ihren eigenen Gedanken nach. »Meinen Sie, ich sollte ihm schreiben? Nichts Ve r fängliches. Nur ein bisschen mädchenhaftes Geplauder… um ihm sein Unbehagen zu nehmen?« Sie runzelte die Stirn. »Was für eine Närrin ich doch bin! Mami würde das viel besser zu Wege bringen. Sie kannten alle Tricks, diese Mädchen aus dem viktorianischen Zeitalter! Rückzug unter heißem Erröten. Ich aber mache es grundfalsch, weil ich mir einbildete, er brauchte Ermutigung. Er schien… ja, wirklich, er schien ein bisschen hilfsbedür f tig. Sagen Sie mir« – jetzt trat sie dicht an Mr Satterthwa i te heran –, »hat er gesehen, wie ich gestern Abend Oliver einen Kuss gab?«
»Nicht, dass ich wüsste. Wann?«
»Im Mondschein, als wir den Pfad hinuntergingen. Ich dachte, er schaute uns von der Terrasse aus nach und würde durch den Kuss endlich angespornt werden. Weil er mich doch wirklich gern hatte, Mr Satterthwaite. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
»War das nicht etwas grausam gegen Oliver?«
Egg
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