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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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war viel ruhiger«, sagte Pamela und hielt inne. »Fast zu ruhig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich würde sagen, er hatte eine Art Schock.«

    62
    Am Donnerstag morgen um halb zehn vernahm Captain Tom Shea erneut den Zeugen Oliver Baker in seinem Büro im 19. Revier. Diesmal war Baker sichtlich nervös. Seine ersten Worte lauteten: »Captain, Betty – das ist meine Frau –, ist völlig fertig, seit Sie gestern abend angerufen haben. Sie fragt sich allmählich, ob Sie denken, daß ich der armen Frau einen Stoß gegeben habe, und ob Sie mich in Widersprüche verwickeln wollen.«
    Shea sah Baker ins Gesicht und stellte fest, daß seine aufgeplusterten Backen, sein schmaler Mund und seine dünne Nase heute morgen wie zusammengezogen wirkten, als wappne er sich gegen einen Schlag. »Mr. Baker«, sagte er trotz seiner Müdigkeit geduldig, »wir haben Sie einzig und allein hergebeten, um zu erfahren, ob Sie sich in der Zwischenzeit vielleicht noch an andere Einzelheiten erinnert haben, wie unbedeutend sie Ihnen auch immer erscheinen mögen.«
    »Ich bin kein Verdächtiger?«
    »Nicht im geringsten.«
    Baker seufzte theatralisch auf. »Könnte ich Betty dann jetzt vielleicht anrufen? Sie hatte eine Panikattacke, als ich ging.«
    Shea nahm den Hörer ab. »Wie lautet Ihre Nummer?« Er wählte, und als sich jemand meldete, sagte er:
    »Mrs. Baker? Gut, schön, daß ich Sie erreiche. Hier ist Captain Shea vom 19. Revier. Ich wollte Ihnen persönlich versichern, daß ich Ihren Mann heute nur noch einmal zu mir bestellt habe, weil er ein wertvoller Zeuge ist, der uns sehr geholfen hat. Manchmal erinnern sich Zeugen erst Tage später an Einzelheiten eines Vorfalls, und darauf hoffen wir auch in Olivers Fall. Ich lasse Sie jetzt mal kurz mit ihm sprechen, und Ihnen wünsche ich noch einen schönen Tag.«
    Ein strahlender Oliver Baker nahm den Hörer von Shea entgegen. »Hast du gehört, Schatz? Ich bin ein wertvoller Zeuge. Klar. Wenn die Mädchen aus der Schule anrufen, kannst du ihnen sagen, daß ihr Vater nun doch nicht ins Kittchen wandert. Haha … Und ob ich direkt nach der Arbeit nach Hause komme! Tschüs.«
    Ich hätte ihn länger schmoren lassen sollen, dachte Shea, als er den Hörer wieder auf die Gabel legte. »Also, Mr. Baker, gehen wir noch mal ein paar Fakten durch. Sie sagten, Sie hätten gesehen, wie ein Mann Mrs. Wells den Umschlag abnahm?«
    Baker schüttelte den Kopf. »Nicht ›abnahm‹. Wie ich schon sagte, hatte ich den Eindruck, er wollte sie stützen und den Umschlag für sie auffangen.«
    »Und Sie können sich nicht erinnern, wie der Mann aussah? Sie haben ihm nicht mal kurz ins Gesicht gesehen?«
    »Nein. Die Frau, Mrs. Wells, drehte sich halb um. Ich sah sie direkt an, weil ich spürte, daß etwas nicht stimmte, daß sie das Gleichgewicht verlor. Und dann hatte der Mann den Umschlag schon.«
    »Sind Sie sicher, daß es ein Mann war?« fragte Shea schnell. »Warum sind Sie so sicher?«
    »Ich habe seinen Arm gesehen – wissen Sie, den Ärmel seines Mantels, seine Hand.«
    Jetzt kommen wir endlich weiter, dachte Shea hoffnungsvoll. »Was für einen Mantel trug er?«

    »Einen Allwettermantel. Aber einen guten, soviel konnte ich sehen. Gute Kleider sprechen für sich, meinen Sie nicht auch? Hundertprozentig sicher bin ich nicht, aber ich wette, es war ein Burberry.«
    »Ein Burberry?«
    »Genau.«
    »Das steht in meinen Notizen. Sie haben es schon beim letzten Mal gesagt. Konnten Sie sehen, ob der Mann einen Ring trug?«
    Baker schüttelte den Kopf. »Nein, keinen Ring. Sie müssen verstehen, Captain, das Ganze dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, und dann starrte ich nur noch diese arme Frau an. Ich wußte instinktiv, daß der Transporter sie überfahren würde.«
    Ein Allwettermantel wie ein Burberry, dachte Shea. Wir werden überprüfen, was Wells an jenem Tag im Büro anhatte. Er stand auf. »Verzeihen Sie die Unannehmlichkeiten, Mr.
    Baker, und danke, daß Sie
    gekommen sind.«
    Seit Baker die Gewißheit hatte, daß man ihn nicht verdächtigte, schien er nur widerstrebend gehen zu wollen.
    »Ich weiß nicht, ob es Ihnen was nützt, Captain, aber …«
    Er zögerte.
    »Alles könnte uns nützen«, sagte Shea schnell. »Was ist?«
    »Na ja, ich könnte mich auch irren, aber ich hatte den Eindruck, daß der Mann, der den Umschlag nahm, eine Uhr mit einem dunklen Lederarmband trug.«
    Eine Stunde später erschien Detective Marty Power in Justin Wells’ Büro. Wells selbst war zwar nicht da,

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