Nimm doch einfach mich
Dauerbeschuss.
»Hey, Dick und Jack! Schaut mal hierher«, rief ein pickel gesichtiger Fotograf, der hinter der Polizeiabsperrung stand. Dick wirbelte herum und lächelte strahlend, während Jack zusammenzuckte. In der Kombination klangen ihre Namen wie »Dick und Doof«.
Wäre ihr »Die Schöne und das Biest« vielleicht lieber?
Verdammt, was machte J.P. so lange bei seiner Mutter? Jack wollte nicht unhöflich wirken, aber sie hätte es vorgezogen, im Arm ihres Freunds fotografiert zu werden statt im Klammergriff seines fetten, rotgesichtigen und total peinlichen Mit-Geld-kann-man-alles-kaufen-Vaters.
»Nur Geduld. Die werden euch zwei Hübschen heute noch oft genug ablichten«, raunte Dick, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Und jetzt ab mit dir und lass es ordentlich krachen, Jacky-Baby! Das ist ein Befehl!« Er schubste sie praktisch durch die Eingangstür des Gebäudes und Jack atmete erleichtert auf.
Die Lobby war so umgestaltet worden, dass sie einem Regenwald ähnelte – mitsamt armdicken, sich zwischen saftig grünen Bäumen windenden Lianen. Auf dem Seidenteppich mit Blattmuster waren mit Leopardenstoff bezogene Ottomanen gruppiert. Trotzdem sah es nicht aus wie in einem billigen Themen-Restaurant, sondern strahlte die Atmosphäre einer echten Dschungeloase aus.
Jack schnappte sich ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners und nahm einen tiefen Schluck. Ah. Das war schon besser.
»Hey.« Sie lächelte erleichtert, als J.P. mit zwei Gläsern Champagner auf sie zukam. »Ach, du hast ja schon einen«, stellte er fest.
»Ich nehme gern noch einen.« Jack lächelte kokett. »Wir haben schließlich eine Menge zu feiern!« Sie stieß mit ihm an. Er hatte sich die dunkelbraunen Haare zur Seite gekämmt und trug zu seinem klassischen Armani-Anzug eine smaragdgrüne Krawatte, die – ohne dass es zu offensichtlich wirkte – perfekt mit der Dschungel-Deko harmonierte.
»Ich hab unseren Tisch schon gefunden.« J.P. nahm sie an der Hand und führte sie durch die blätterüberdachte Lobby. »Hab ich dir übrigens schon gesagt, dass du heute Abend wunderschön aussiehst?«
»Danke.« Jack drückte seine Hand. Er roch nach John Varvatos Vintage – und am liebsten wäre sie sofort mit ihm nach oben ins Penthouse verschwunden. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm ins Ohr: »Was hältst du davon, wenn wir …«
»Jack, Süße! Da bist du ja endlich!« Beatrice kam auf sie zugestürzt und küsste sie auf die sommersprossige Wange. Beatrice war Jiffy Bennetts zweiunddreißigjährige, dreifach geschiedene Schwester. Sie war seit ihrem sechzehnten Lebensjahr Stamm-It-Girl auf New Yorks gesellschaftlichem Parkett und hatte mit neunzehn das erste Mal geheiratet. Heute Abend war sie in Begleitung eines sehr viel älteren Mannes, der einen cremeweißen Anzug trug und sich an ihren beunruhigend dünnen Unterarm klammerte.
»Hallo. Schön, dass du auch da bist«, sagte Jack etwas frostig. Als sie Beatrice das letzte Mal gesehen hatte, war sie mit einem Mann verheiratet gewesen, der zehn Jahre jünger war als sie. Was wollte sie jetzt mit diesem Tattergreis?
Was ist dagegen einzuwenden? Sie versucht eben die ganze Bandbreite des anderen Geschlechts abzuarbeiten.
»Darf ich vorstellen? Mein Verlobter Deptford Morris«, säuselte sie. Der alte Mann streckte Jack seine zitternde Hand entgegen.
»Freut mich«, sagte Jack kurz und schüttelte halbherzig seine klamme Hand.
»Du machst es richtig, Schätzchen!« Beatrice beugte sich vertraulich zu ihr. »Mit einem Immobilienhengst liegt man immer richtig. Das sind die besten. Ich wünschte, ich hätte das früher gewusst.« Jack wich zurück, weil sie in Beatrices Creed-Royal-Parfümwolke keine Luft mehr bekam, und trat dabei beinahe auf deren rotes Prada-Kleid.
»Du musst Jiffy unbedingt mal ein paar Tipps geben. Sie braucht dringend einen Mann, der sich um sie kümmert. Das Mädchen hat ja leider so gar keinen gesunden Menschenverstand.« Beatrice schüttelte – ganz nachsichtige große Schwester – den Kopf. Jack runzelte die Stirn. Wollte Jiffys abgehalfterte Schwester etwa andeuten, sie würde ihre Männer nach deren Brieftasche aussuchen?
»J.P. und ich sind schon seit Jahren zusammen«, stellte sie richtig.
»Dann ist es ja umso besser, Jackylein!«, sagte Beatrice leichthin. »Wir gehen dann mal an die Bar. Deptford wird unleidig, wenn wir nach zehn nach Hause kommen.« Über ihr Gesicht huschte kurz ein finsterer
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