Nimm s bitte nicht personlich
wieder gut zu machen. Und ich musste ihn nicht entwerten, weil er meinen Scherz nicht verstand. Ich konnte mein Selbstwertgefühl aufrechterhalten, auch auf die Gefahr hin, dass er mich für blöd hielt, was er jedoch nicht tat. Der anschlieÃende Kontakt war dann unproblematisch und kränkungsfrei.
Ich habe das Beispiel so ausführlich beschrieben, um Ihnen deutlich zu machen, was alles in unserer Seele und unserem Kopf abläuft, wenn wir jemanden gekränkt haben. Das Muster bleibt gleich, egal ob es sich um groÃe oder kleine Kränkungen handelt. Wenn wir den Ablauf unserer Gedanken, Einstellungen und Gefühle bewusst wahrnehmen, haben wir die Möglichkeit, vernünftig zu handeln und müssen nicht emotionsgesteuert um uns schlagen.
Regina, eine Klientin von mir, rief mich an und sagte wie aus heiterem Himmel, sie wolle die Therapie beenden. Ich konnte mir nicht erklären warum und wollte den Grund wissen. Wir vereinbarten einen nochmaligen Termin, bei dem wir alles besprachen. Es stellte sich heraus, dass sie sich gekränkt fühlte, als sie nach der letzten Stunde auf dem Flur einer anderen Patientin von mir begegnete. Und das geschah nur deshalb, weil ich die Stunde nicht pünktlich beendet hatte. Das Problem für Regina war weniger die Begegnung an sich, als mehr die Tatsache, dass die andere schlanker, daher in ihren Augen attraktiver und somit liebenswerter war. Sie dachte, ich müsse die andere selbstverständlich mehr mögen als sie und dann könne sie gleich wegbleiben. Zum Glück blieb sie nicht einfach weg, sondern gab uns die Chance, den Kränkungskonflikt zu lösen. Das gelang dadurch, dass Regina sich ihrer Gekränktheit bewusst war und sich mit mir auseinandersetze. Indem sie ihre Kränkung offen ansprach, konnte ich meine Sicht darstellen und ihr erklären, dass sich die Situation für mich ganz anders darstellt, dass ich sie mag und gerne mit ihr arbeite. Letztlich führten wir die Therapie fort, die später erfolgreich endete.
Häufig fühlen wir uns ohnmächtig und hilflos, wenn wir die Verursacher der Kränkung des anderen sind. Zumal, wenn wir keine Chance bekommen, deutlich zu machen, dass es nicht unsere Absicht war, zu kränken, weil wir den Gekränkten nicht mehr sprechen können oder er auf kein Gespräch oder keine Entschuldigung eingeht. Dann lässt sich das Problem nicht lösen und wir fühlen uns allein gelassen. Betrifft es einen Menschen, der uns wichtig ist, dauert es oft lange, bis wir wieder mit uns ins Reine kommen, die Selbstvorwürfe beenden und mit uns versöhnt sind.
Die Reaktionen des Kränkenden
Im ersten Moment erschrecken Sie, fühlen sich schuldig
und bedauern Ihr Verhalten.
Reagiert der andere gekränkt, kann Sie das Ihrerseits
kränken, wenn Sie sein Verhalten nicht verstehen,
sich missverstanden und zurückgewiesen fühlen oder an Ihrem wunden Punkt getroffen sind.
Um Kränkungen bei Ihrem Gegenüber zu vermeiden, schicken Sie eine Entschuldigung oder Ihre guten Absichten voraus.
Kränken Sie jemanden, ohne es zu merken, haben Sie das Bedürfnis, die Angelegenheit richtig zu stellen.
Haben Sie keine Gelegenheit dazu, bleiben Sie mit Ihrem Problem allein und es kann lange dauern, bis Sie wieder mit sich versöhnt sind.
Was Ihnen hilft
Nehmen Sie sich eine Auszeit, gehen Sie so lange auf
Distanz, wie es für Sie gut ist.
Distanz bedeutet nicht Beziehungsabbruch, sondern
Rückzug, mit der Möglichkeit, wiederzukommen.
Klären Sie in dieser Zeit Ihre Gefühle, Ihre Gedanken und Ihre Reaktion auf Ihr Gegenüber.
Versuchen Sie, ein Verständnis für sich und den anderen
zu entwickeln.
Versuchen Sie zu klären, was Ihr Gegenüber verletzt hat,
wie viel Schuld Sie trifft und welches Missverständnis
eventuell vorliegt.
Machen Sie umgekehrt klar, was Sie gekränkt hat und was Ihre Motivation war, so zu handeln, wie Sie es getan haben.
Kränkungsfallen
Es gibt Situationen, in denen wir fast zwangsläufig kränken, weil wir in eine Falle geraten, die unser Gegenüber aufgestellt hat. Diese sogenannten Kränkungsfallen erkennen wir beim ersten Mal entweder gar nicht oder nur schwer. Sie sind in der Regel auch der anderen Person nicht bewusst und wirken daher solange, bis einer sie erkennt, anspricht und ihre Unlogik aufdeckt.
Die vier häufigsten Kränkungsfallen:
Die erste Falle lautet: »Wie du es machst, ist es
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