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Nimmerklug im Knirpsenland

Nimmerklug im Knirpsenland

Titel: Nimmerklug im Knirpsenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Nossow
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auf? Zuerst ein Auge und dann das andere?“
    Nimmerklug nickte und öffnete das zweite Auge. „Sie schlafen also gar nicht?“
    „Nein, ich bin gerade eben aufgewacht.“ Nimmerklug wollte noch etwas hinzufügen, aber die Knirpseline hielt ihm den Mund zu.
    „Still, ganz still! Sie dürfen nicht sprechen. Sie sind sehr krank.“
    „Ich bin überhaupt nicht krank.“
    „Woher wissen Sie das? Sind Sie vielleicht Arzt?“ „Nein.“
    „Na also. Bleiben Sie ruhig liegen, bis ich den Arzt geholt habe. Wie ist Ihr Name?“
    „Nimmerklug. Und der Ihre?“
    „Ich heiße Blauäuglein.“
    „Ein hübscher Name“, meinte Nimmerklug beifällig.
    „Ich freue mich sehr, daß er Ihnen gefällt. Sie sind offenbar ein wohlerzogener Knirps.“
    Nimmerklug grinste über das ganze Gesicht. Es behagte ihm maßlos, daß er gelobt wurde, denn bisher hatte ihn fast nie jemand gelobt – er war nur immer ausgescholten worden. Da keine Knirpseriche in der Nähe waren, brauchte Nimmerklug nicht zu befürchten, daß er wegen seines Gesprächs mit einer, Knirpseline gehänselt wurde. Deshalb unterhielt er sich mit Blauäuglein ganz unbefangen und höflich. „Und wie heißt die andere?“
    „Welche andere?“
    „Die, mit der Sie gesprochen haben. Die Hübsche mit den weißblonden Haaren.“
    „Oh!“ rief Blauäuglein. „Sie sind also schon lange wach?“
    „Nein, nur einen Augenblick, dann bin ich gleich wieder eingeschlafen.“
    „Das ist nicht wahr.“ Blauäuglein runzelte die Stirn. „Sie finden also, daß ich nicht besonders hübsch bin?“
    „Aber nein, wo denken Sie hin“, widersprach Nimmerklug erschrocken. „Sie“ sind ebenfalls hübsch.“
    „Wer von uns beiden ist denn hübscher – ich oder sie?“
    „Sie … und die andere. Sie sind beide sehr hübsch.“
    „Sie sind ein jämmerlicher Lügenbold, aber ich verzeihe Ihnen.“ Blauäuglein mußte lachen. „Ihre Flamme heißt Schneeglöckchen. Sie werden sie bald wiedersehen. Nun will ich Pfefferminza rufen.“
    „Wer ist Pfefferminza?“
    „Unsere Ärztin.“
    Kaum war Blauäuglein fortgegangen, da sprang Nimmerklug aus dem Bett und suchte seine Kleider. Er wollte so schnell wie möglich verschwinden, denn er wußte, daß Ärzte eine Vorliebe dafür haben, ihre Patienten mit Rizinus und scheußlich brennendem Jod zu quälen. Die Kleider waren nirgends zu finden, dafür entdeckte er eine Puppe, die auf einem Bänkchen saß, den Rücken an die Wand gelehnt.
    Nimmerklug bekam große Lust, die Puppe gleich einmal auseinanderzunehmen und nachzusehen, was drinnen war – Watte oder Sägespäne. Er vergaß seine Kleider und suchte ein Messer. Da erblickte er sich im Spiegel. Er warf die Puppe auf den Fußboden und begann vor dem Spiegel Grimassen zu schneiden. Schließlich meinte er: „Ich bin ebenfalls hübsch, und mein Gesicht ist nicht allzu rund.“
    In diesem Augenblick hörte er Schritte hinter der Tür. Er sprang ins Bett zurück und deckte sich zu. Blauäuglein und eine andere Knirpseline in weißem Kittel und weißer Kappe betraten das Zimmer. Sie trug einen kleinen braunen Koffer und hatte runde, rosige Wangen. Streng blickten ihre grauen Augen!)inter einer Hornbrille hervor. Nimmerklug begriff: Das war Pfefferminza, von der ihm Blauäuglein erzählt hatte.
    Pfefferminza schob einen Stuhl an Nimmerklugs Bett, stellte ihr Köfferchen darauf und sagte kopfschüttelnd: „Ach, diese Knirpseriche! Dauernd denken sie sich alle möglichen dummen Streiche aus. Sagen Sie mir bitte, weshalb Sie mit diesem Luftballon fliegen mußten? Schweigen Sie, schweigen Sie! Ich weiß, was sie antworten wollen: Ich tue es niemals wieder. Alle Knirpseriche sagen das, und gleich stellen sie etwas Neues an.“ Pfefferminza öffnete den Koffer, und sofort roch das ganze Zimmer nach Jod und anderen Medikamenten. Nimmerklug kroch unwillkürlich tiefer unter die Bettdecke. Pfefferminza befahl: „Erheben Sie sich, Patient!“
    Nimmerklug wollte schnell aus dem Bett steigen. „Sie brauchen nicht aufzustehen, Patient“, sagte Pfefferminza streng. „Ich meinte, Sie sollten sich aufsetzen.“
    Nimmerklug zuckte die Schultern und richtete sich im Bett auf.
    „Sie brauchen nicht mit den Schultern zu zucken, Patient“, bemerkte Pfefferminza. „Zeigen Sie die Zunge.“
    „Wozu?“
    „Das ist notwendig.“
    Nimmerklug streckte die Zunge heraus.
    „Sagen Sie: Aaa.“
    „Aaaaaa.“
    Pfefferminza holte ein hölzernes Hörrohr aus dem Koffer und setzte es Nimmerklug auf die Brust.

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