Nimmerzwerg
verschränkte Hand und Haken auf dem Rücken und ging zu dem knienden Gefangenen hinüber. Zufrieden nickte er seinem Schergen zu.
„Du kannst gehen, Glimmspan. Und bring mir neues Eis.“
Mit sichtlichem Unmut neigte der Einohrige das Haupt und verließ, flankiert von den beiden Muskelzwergen, die Kajüte.
Kaum dass die Tür sich geschlossen hatte, baute sich der Kapitän vor dem Gefangenen auf.
„Du behauptest also, der Einzigartige zu sein? Der Wunderbare? Der Unglaubliche? Die strahlende Fackel des zwergischen Glaubens, der eine unter den anderen?“
„Nun ja, ich war einmal der Einzigartige, Wunderbare und Unglaubliche“, erwiderte der Hohepriester zerknirscht.
Der Kapitän der Sturmgluth hob eine Braue.
„Dann bist du es also nicht mehr?“
„Ich bin das, was von ihm übrig ist“, versuchte der Hohepriester zu erklären.
„Was willst du damit sagen?“, fragte der Piratenkapitän ärgerlich.
„Der Verwalter hat diese Titel zerschmettert“, erwiderte der Hohepriester. „Mitsamt allem, wofür sie stehen.“
„Ich verstehe.“ Schweigend grübelte Schwartzbarth zwei kurze Schläge nach. „Er wird dich also nicht zurückhaben wollen.“
„Von wem sprecht Ihr?“, fragte der Allerhöchste vorsichtig.
„Vom Verwalter.“
„Soweit ich weiß, ist der Verwalter inzwischen ebenso wenig mehr Verwalter, wie ich Hohepriester bin.“
Schwartzbarth verdrehte die Augen. „Und was soll das nun wieder bedeuten?“
„Nun, das Zwergische Zwielicht hat ihn gestürzt, und ein Zwerg namens Felsigk Klammgluth hat den schwarzen Thron bestiegen.“
„Dann ist dieser Klammgluth jetzt also der Verwalter?“
Der Allerhöchste zögerte einen Moment, als ahnte er, dass seine Antwort sein Gegenüber nicht zufriedenstellen würde.
„Klammgluth… ist tot.“
Schwartzbarth schob sich den Dreispitz in den Nacken und kratzte sich mit dem Haken an der Stirn. Kaum war man ein paar hundert Schichten verbannt, ging es auf der anderen Seite des Abgrundes drunter und drüber.
Allein vom Zuhören wurde ihm schwindelig.
Der Kapitän beschloss, sich zunächst einmal ein Pfeifchen zu stopfen. Auch auf die Gefahr hin, dass danach schon wieder jemand anderes über das Imperium herrschte.
Kopfschüttelnd ging er an dem vor ihm knienden Hohepriester vorbei und trat an die stählerne Kajütenwand, wo sich ein kleines, verziertes Eisenschränkchen befand. Über die Schulter hinweg sagte er zum Höchsten: „Also gut, kommen wir auf etwas anderes zu sprechen. Das da…“ Er deutete auf den goldenen Altar. „Das da ist also das abartige Artefakt?“
Der Hohepriester nickte eifrig. „Ja. Wir haben es aus der kryptischen Kammer am Ende des gemeinen Ganges gestohlen. Ich und meine Gefährten, die wir zusammen den Schicksalszwerg bilden…“
Schwartzbarth hob abwehrend den Haken.
„Nein. Bitte keine anstrengenden Geschichten mehr. Beantworte einfach meine Fragen.“ Er öffnete das eiserne Schränkchen, und ein anregender Duft drang daraus hervor und erfüllte den ganzen Raum. Oder besser eine Vielzahl von anregenden Düften. Das Schränkchen bestand aus schlichtem Schmiedewerk und besaß wenige Verzierungen, nicht einmal Schlösser. Wozu auch? Kein Zwerg, der etwas unter dem Helm hatte, hätte sich hier herunter gewagt. Die Höhlen jenseits des Abgrundes mochten das Reich der Entzwergten sein, doch der Magmasee war die Welt der Verfluchten, Verdammten und Verlorenen. Und diese zu bestehlen, war in etwa so ratsam, wie einem Troll etwas aus den Zähnen pulen zu wollen.
Die Einzigen, die in Kapitän Schwartzbarths Kajüte kamen, waren Mitglieder seiner Mannschaft. Und die hätten eher den Kopf ins Magma gesteckt, als sich mit ihrem Befehlshaber anzulegen. Schwartzbarth hätte in seiner Kajüte selbst die größten Schätze der Höhlen offen herumliegen lassen können. Und es waren wahrhaft Schätze, die sich da in seinem Tabakschrank befanden! Er bewahrte darin so ziemlich alles auf, was sich in irgendeiner Weise rauchen ließ. Manchmal lauerten die Magmapiraten Neuankömmlingen auf oder überfielen die Höhlen der Entzwergten, um sich an ihren Tabaksbeuteln zu vergreifen oder Sklaven zu rauben.
Die Sklaven waren Geschäft. Der Tabak war Vergnügen.
Neben Runzelrinde lagen in Tihf Schwartzbarths eisernem Schränkchen auch Tausendschmauch und Keuchkraut. Selbst Steinschmauch, Nachtschattentabak und Glimmfarrn fanden sich darin. Und sogar Gottkraut.
Angesichts dieser Sammlung von Rauchwaren wäre wohl selbst
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