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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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mit unüberhörbarem Misstrauen in der Stimme.
    „Nicht ganz“, ertönte die Stimme des Steins.
    Schwartzbarth funkelte ihn böse an.
    „Das hast du aber gesagt!“
    Der Stein versuchte sich zu erklären: „Ich habe lediglich gesagt, dass ich das erschaffen habe, was sich dort unter dem Glas auf jenem goldenen Altar befindet.“
    Nachdenklich griff sich der Kapitän in den Bart, drehte den Kopf und betrachtete den Altar und das Ding darauf. Er grübelte einen Moment lang nach und wandte sich dann wieder dem Stein in seiner Hand zu.
    „Aber das ist das abartige Artefakt!“
    Der Stein räusperte sich. „Mit Verlaub, Käpt’n“, fuhr er mit belehrender Stimme fort, „das ist es nicht. Vielmehr handelt es sich dabei um die Enzyklopädie der Erzwärtigen. Diese befand sich lediglich am selben Ort mit dem Artefakt, weil der Verwalter einst darauf bestand, sie am sichersten Platz des gesamten Imperiums, nämlich in der kryptischen Kammer am Ende des gemeinen Ganges, zu verstecken.“
    Schwartzbarth trat an die Vitrine und starrte ungläubig hinein.
    „Was soll das sein?“
    „Die Enzyklopädie der Erzwärtigen, das komplette Kompendium, das gesammelte Wissen des Ehernen Volkes.“
    Misstrauisch schritt der Kapitän der Sturmgluth um die Vitrine herum und betrachtete das Ding in ihrem Inneren. Das gesamte Wissen des Ehernen Volkes konnte allerdings nicht besonders umfangreich sein, wenn es tatsächlich dort hineinpasste. Das Ding war allenfalls einen Zwerg groß…
    Wahrscheinlicher war, dass der Stein log. Denn darin schien er sehr geübt zu sein. Schwartzbarth hatte ein Gespür für so etwas. Er lachte böse auf.
    „Wie sollte das gehen, Zwerg? Mein Wissen passt in meinen Körper. Und wahrscheinlich brauchte es nicht einmal den ganzen Platz. Wie soll dann das Wissen Tausender Zwerge in etwas hineinpassen, das kaum größer ist als ein einzelner Zwerg?“
    Der Stein seufzte.
    „Das Geheimnis heißt Schrift. Und es ist ein mächtiges Geheimnis. So mächtig, dass der Verwalter es in die Tiefen der kryptischen Kammer verbannte, auf dass nie ein Zwerg es ergründen möge!“ Der Stein hielt kurz inne. „Ich persönlich fand das immer etwas übertrieben.“
     
     
    Beinahe lautlos kam durch eine faustgroße Rohröffnung in der Decke ein merkwürdiger Käfer ins Innere der Kajüte geschwirrt. Bemüht, dem Blick des Kapitäns auszuweichen, verbarg er sich hinter dem eisernen Tabakschränkchen und lugte mit seinen untoten Augen vorsichtig dahinter hervor.
    In diesem Moment hielt Trolltöter inne und hob die Schnauze aus der Schatulle mit dem Barthaar. Die Ratte sog durch Nase und Vorderzähne die Luft ein und blickte sich hektisch um. Sie glaubte, etwas gewittert zu haben.
    Schwartzbarth kratzte sich mit der Pfeife am Kinn. Er schaute den Stein in seiner Hand lange und nachdenklich an.
    „Schrift, hm, soso…“, sagte er schließlich. Ihm war anzumerken, dass er den Ausführungen des Steines nicht einen Bart weit folgen konnte. Zugleich aber machten Andeutungen über mächtige Geheimnisse Zwerge, die keiner geregelten Arbeit nachgingen, seit Urzeiten neugierig. „Aber was genau ist diese Enzyklopädie?“, fragte er.
    Der Stein antwortete, ohne zu zögern: „Sie ist wie zehntausend Steine voller Zeichen, nur leichter. Und diese Zeichen vermögen jedem, der sie zu deuten vermag, ihre Geheimnisse zu offenbaren.“
    Schwartzbarth bemühte sich redlich, zu verstehen.
    „Diese Zeichen haben also auch Geheimnisse?“
    „Ja, aber es sind nicht ihre, sondern unsere.“
    „Woher sollen diese Zeichen unsere Geheimnisse kennen?“
    Ganz allmählich wurde quarzklar, dass der Stein log. Der Kapitän dachte kurz nach und sog an seiner Pfeife. Wenn dem allerdings nicht so war, und diese Zeichen doch das ein oder andere Geheimnis kannten, dann war diese Schrift eine verdammt unheimliche Angelegenheit.
    Der Stein fuhr unbeirrt fort, bemüht, dem einfachen Gemüt eines entzwergten Magmadümplers gerecht zu werden: „Sie kennen die Geheimnisse nicht. Aber derjenige, der sie niederschrieb, kannte sie.“
    „Hm, und das warst also du…“, erwiderte Schwartzbarth grüblerisch. „Aber woher kennst du meine Geheimnisse, du schurkischer Stein?“
    Die Stimme des Steins wurde nachdrücklicher. „Es sind nicht deine oder meine Geheimnisse! Es sind die des Ehernen Volkes! In diesem mit Käferleder gebundenen Kompendium findet sich unser gesamtes Wissen, frei von den Fesseln des Verwalters. Alles, was Zwerge in meinen Tagen

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