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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Ende des größten aller Kriege nicht kennen würde. Du hast die Spinnen besiegt.“
    „Oh ja, das habe ich“, erwiderte der Stein mit wehmütiger Stimme. „Als ich und meine treuen Hämmer das Räderwerk der Sprengspinnen aufgezogen hatten, schickten wir sie in die Gänge. Ihr Weg war exakt vorgegeben und einer komplizierten Mechanik unterworfen. Die erste der Sprengspinnen nahm den ihr bestimmten Weg. Die andere aber versagte. Gewiss, die erste Spinne zerstörte das gesamte Volk der Immerschwarzen, die zweite aber nahm einen anderen Gang. Letzten Endes blieb sie in der Weibzwerghöhle stehen und zerstörte dort in Feuerball und Flammenmeer statt dem Volk der Spinnen einen Teil des unseren. Die Sprengspinne explodierte in der Höhle, wo unsere Frauen inmitten der Eier schliefen, aus denen ihre Töchter schlüpfen würden, und die gewaltige Explosion tötete sämtliche Weibzwerge, geschlüpft oder ungeschlüpft…“
    Mit jedem Wort des Steins weiteten sich Schwartzbarths Augen mehr. Wenn der Stein die Wahrheit sagte, dann war die Geschichte der Zwerge voll von Lügen. Aber das war nicht möglich! Nicht innerhalb des Imperiums, nicht auf der anderen Seite des Vergessens, unter der Herrschaft des Großen Verwalters! In der Welt der Entzwergten waren Lügen an der Tagesordnung und beim Handel mit den Trollen sogar unvermeidlich. In den alten Gängen jedoch…
    „Aber warum befanden sich die Eier der Töchter der Weibzwerge überhaupt mit ihnen in der Höhle?“, fragte Schwartzbarth. „Und wie war es möglich, sie von denen ihrer Söhne zu unterscheiden?“
    Der Stein seufzte ob der mangelnden Bildung seines Gegenübers.
    „Du scheinst nicht viel von der Geschichte deines Volkes zu wissen, Zwerg“, sagte er. „Die Weibzwerge wurden stets von den Mannzwergen getrennt, schon vor der Geburt, da der Einfluss der einen schlecht für die anderen war! Und die Eier, unter deren Schale unsere Töchter ruhten, ließen sich aufgrund ihrer Färbung von denen der Söhne unterscheiden… Ach, was erzähle ich, du bist das Kind einer anderen Zeit. Für dich sind die Weibzwerge immer schon tot gewesen. Woher solltest du all das wissen…“
    Der Kapitän der Sturmgluth hob den Zeigefinger.
    „Aber die Legenden besagen, dass der Tod der Frauen ein Unfall war! Die Geschichte…“
    Der Stein ließ ihn nicht ausreden. „Die Geschichte, Zwerg, ist immer nur die, von der die Mächtigen wollen, dass sie erzählt wird.“
    Schwartzbarth hob die Pfeife an den Bart, nahm einen Zug und schwieg nachdenklich. Über ihnen knarrten die Masten, und das Schiff neigte sich leicht zur Seite, während der Stein weitersprach: „Der Verwalter beschloss, dass kein Zwerg je erfahren sollte, dass einer der Unseren dem Ehernen Volk seine Zukunft genommen hatte. Der Verwalter, die Häuptlinge, der Hohepriester, ich und meine beiden treuen Hämmer schworen, die Wahrheit für uns zu behalten, solange wir lebten. Fortan sollte es heißen, dass ein tragisches Unglück den Tod der Weibzwerge verschuldet habe. Und so ist es bis zum heutigen Tag. Dies lehrt man die Schlüpfringe, und dies erzählen die Legenden…“
    Schwartzbarth schüttelte ungläubig den Kopf, während der Stein seine Geschichte beendete: „Die Wahrheit aber ist, dass die Weiber, aus deren Eiern ein jeder von uns geschlüpft ist, durch meine Erfindung und die unerbittliche Macht des Fortschritts zu Tode kamen. Und das war auch der Grund, weshalb der Verwalter mir nahelegte, den Schierlingsbecher zu trinken und meinem Bart ein Ende zu setzen.“
    Tihf Schwartzbarth stand in dichten Gottkrautrauch gehüllt da und konnte es beinahe nicht glauben. „Was für eine grässliche Wahrheit. Du scheinst mir ein schlimmerer Schurke, als ich es jemals sein könnte.“
    „Ich bin nicht allzu stolz darauf“, erwiderte der Stein erneut mit wehmütiger Stimme. „Die Schuld lastete schwer auf mir, und ich war alt. Ich hatte nicht mehr viele Schichten vor mir. Also tat ich, wie der Verwalter mich geheißen. Mein hässliches Erbe war der Tod der Frauen. Mein besseres waren zwei gebildete Hämmer, die die Schrift beherrschten und den Schlüssel zur Enzyklopädie der Erzwärtigen besaßen.“
    Schwartzbarth blickte auf das Buch und die Zeichen darin und nickte anerkennend.
    „Ein Erbe, wie kein zweiter Zwerg es hätte hinterlassen können.“
    „Und eben darum trug ich Sorge, dass von mir genug in dieser Welt übrig; blieb. Als man mich ins Feuerloch hinabsenkte, um meinen Körper zu verbrennen und

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