Nimmerzwerg
meine Seele in die Hohe Höhle zu entsenden, trug einer meiner Hämmer diesen Seelenstein bei sich, auf dass er meine Seele aufnehmen und mein Geist in dieser Welt bleiben würde, damit das Wissen der Vorväter nicht verloren ging. Denn auch wenn ich Blutklump und Eisenkeim die Schrift gelehrt hatte, lag das Buch doch hinter einem Wald aus Fallen verborgen, die Hunderte Zwerge nicht hätten überwinden können. Den Schlüssel zu jenen Fallen versteckte ich in der zweiten verborgenen Kammer. Und seither wanderte ich als Stein von Hand zu Hand, auf der Suche nach einer Möglichkeit, das Undenkbare zu vollbringen und das Kompendium wiederzuerlangen…“
Mit dem Stein in der Hand trat Schwartzbarth an die Vitrine heran und betrachtete mit glänzenden Augen das in Käferleder gebundene Buch. Es schien fürwahr ein absonderlicher Schatz, den er da geborgen hatte.
„Und nun bist du erneut in seinen Besitz gelangt“, sagte der Kapitän. Er zögerte einen Moment, kaute auf seinem Pfeifenstiel herum und fragte schließlich mit gierig leuchtenden Augen: „Sag, kannst du mich diese Zeichen lehren?“
„Nun, bevor ich erneut von dem Buch getrennt werde und einige Hundert Jahre warten muss, um es wiederzuerlangen, werde ich das wohl tun“, erwiderte der Stein. „Auch wenn du nicht unbedingt meine erste Wahl bist.“
Schwartzbarth lachte und funkelte den Stein mit seinem verbliebenen Auge an.
„Ha! Aber ich bin deine einzige!“
Er führte die Pfeife wieder zum Bart und schob sich dann mit dem Pfeifenstiel den rostigen Dreispitz in den Nacken. „Aber nun verrate mir, wie wir dieses Buch dort herausbekommen?“
„Hör zu, Schwartzbarth, es ist ein komplizierter Mechanismus. Und er ist nicht ganz ungefährlich. Wir werden vier deiner Leute brauchen. Sie sollten kräftig sein. Und zwei davon solltest du entbehren können.“
Dieser Gedanke schien Schwartzbarth nicht unbedingt zuzusagen.
„Entbehren? Denkst du, Piraten wie diese wachsen wie Pilze in den Gängen?“
„Willst du mit mir streiten? Ich wollte es einem möglichen Dieb nicht allzu einfach machen. Und da ist es, mit Verlaub, von Vorteil, wenn so eine Falle ein wenig tödlich ist…“
Der Kapitän der Sturmgluth brummte in seinen Bart.
„Schon gut, schon gut, dann lasse ich ein paar Gefangene kommen. Aber lass uns gleich beginnen. Und wehe, es lohnt sich nicht! Die sind bis zu drei Brocken Blitzbasalt wert!“
Dieser Investition zum Trotz durchlief Tihf Schwartzbarth ein wohliger Schauer. Alles Wissen, alle Macht der Zwergenheit stand im Begriff, sich ihm zu offenbaren! Die Ahnung allein berauschte ihn. Was würde er mit diesem Wissen alles anfangen können? Die Vorstellung schlug unter seinem eisernen Dreispitz förmlich Funken. Möglichkeiten taten sich vor ihm auf. Neue Gänge. Womöglich würde er am Ende, wenn er die rostzerfressenen Planken der Sturmgluth verließ, nicht bloß als Erzfürst ins Eherne Imperium zurückkehren, sondern dank alter Geheimnisse und schier unbegrenzten Wissens sogar das Hammerzepter des Verwalters einfordern können…
Als der verschwitzte Glimmspan kurz darauf den Hohepriester polternd durch die Luke in den Laderaum hinabstieß, huschte leise brummend ein untoter Glutschwirrling an ihnen vorbei ins Zwielicht hinab. Der Käfer landete auf dem Kopf eines schnarchenden Gefangenen und lugte vorsichtig aus dessen zerzaustem Haar hervor.
Er sah den Allerhöchsten, der mit blutigem Rücken direkt unter der Luke auf dem Boden aufgekommen war und mit entsetztem Blick die nackten Gesichter seiner Kameraden betrachtete.
Gerade erhoben sich vier Piraten von den Armen und Beinen des tobenden Flammrank, der sofort mit klirrenden Ketten ebenfalls bartlos in die Höhe fuhr. Sein Kinn war von einigen blutenden Wunden übersät, denn selbst in gefesseltem Zustand hatte er sich noch gewehrt. Einer der Piraten hatte ein blaues Auge. Aus seiner grobporigen Nase troff Blut in seinen Bart. Fluchend versetzte er dem General einen Tritt, während er ein schimmerndes Bartmesser in seinen Gürtel schob. Derweil sammelte ein anderer Pirat das frisch geschorene Barthaar ein und legte es in eine silberne Dose, in deren Deckel der Flammenanker eingeprägt war.
Da entdeckten die Piraten den Höchsten, der gerade seine verbogenen Augengläser vom Boden aufklaubte. Sofort hatte der Pirat mit dem blauen Auge sein Bartmesser wieder in der Faust. Einer der anderen hielt ihn jedoch zurück.
„Ich weiß nicht, Kargk, er ist ein
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