Nimue Alban 10 - Der Verrat
sollte oder nicht.
»Das wahre Geheimnis der Stärke von Erzbischof Ma i kels Glauben ist geradezu absurd einfach «, erklärte ihm Wylsynn. »In seinen Predigten hat er es uns bereits Dutzende Male erklärt – jedes Mal, wenn er uns daraufhingewiesen hat, dass früher oder später jedes Kind Gottes den Punkt e r reicht, an dem es für sich selbst entscheiden muss, was es in Wahrheit glaubt. Selbst entscheiden, was es glaubt, Herr Doktor! Nicht einfach nur akzeptieren, nicht einfach nur immer weiter dieser Frage ausweichen, weil ja jeder dank der historischen Quellen, dank der Offenbarungen oder der Heiligen Schrift des ›Erzengels‹ Chihiro alles genau weiß! Glauben nach der eigenen, selbst getroffenen Entsche i dung. « Der junge Mann, der einst ein Schuelerit gewesen war, zuckte mit den Schultern. »So einfach und so kompl i ziert ist das. Ich jedenfalls habe dieses Ziel noch nicht e r reicht. «
»Ich auch nicht «, gestand Mahklyn.
»Ich vermute, in der gesamten Geschichte der Mensc h heit, ob hier auf Safehold oder seinerzeit auf Terra, hat es nicht allzu viele Menschen gegeben, die einen ähnlich sta r ken persönlichen Glauben besitzen wie unser Erzbischof «, betonte Wylsynn.
»Ein persönlicher Glaube, der ihn – Gott sei Dank! – nicht davon abhält, einer der pragmatischsten Männer zu sein, die ich jemals kennengelernt habe «, setzte Mahklyn hinzu.
»Zumindest so lange, wie wir nicht über etwas reden, das seinen eigenen Prinzipien zuwiderläuft «, bestätigte Wylsynn.
»Und Sie denken und empfinden ähnlich? «, fragte Mahklyn leise nach.
»Zumindest bemühe ich mich darum nach Kräften. « Wylsynn gestattete sich ein schiefes Lächeln. »Leider weiß ich noch keine Antwort auf die Frage, was für Prinzipien ich denn eigentlich habe, nachdem ich nun die Wahrheit kenne. Wenn es darum geht, wie mit diesen Mistkerlen in Zion zu verfahren ist, stelle ich sogar fest, dass ich gar nicht sonde r lich viele Prinzipien vorzuweisen habe – oder nenne ich es lieber: Bedenken vorzubringen habe. «
»Damit kann ich leben «, brummte Mahklyn und lächelte frostig. »Natürlich denke ich schon ein wenig länger darüber nach als Sie. «
»Das ist wohl wahr. Aber dafür habe ich äußerst persönl i che Gründe, jeden Einzelnen von denen am Ende eines Stricks baumeln sehen zu wollen – genau wie diese Schläc h ter in Ferayd. «
»Wie es das Schicksal will, scheinen Ihre Majestäten und Captain Athrawes ziemlich genau das im Sinn zu haben, P a ter. «
»Dann sollten wir Zusehen, das Ganze ein wenig voranzutreiben. « Wylsynns sonst so sanften Augen waren so kalt wie das graue Eis der Hsing-wu-Passage im tiefsten Winter. »Ich habe ein wenig über diesen jüngsten Einfall von Commander Mahndrayn und Baron Seamount nachgedacht. Auch Meister Howsmyns Erfindungen haben mich beschäftigt. Was der Baron vorhat, wird uns keine großen Probleme bescheren. Aber was Meister Howsmyn vorschlägt, reicht sehr nah an die Grenzen dessen heran, was die Ä chtungen uns gestatten. Howsmyns Interesse an Hydrauliken könnte ich vermutlich noch absegnen. Schließlich habe ich ja bereits seine Hydra u likspeicher gebilligt. Aber diese Dampfmaschinen, deren Bau er jetzt vorschlägt, überschreiten eindeutig eine Grenze. Damit stößt Howsmyn geradewegs in den Bereich vor, von dem uns Jwojeng und Langhorne mit allen Mitteln abhalten wollten. «
»Ich hatte schon befürchtet, dass Sie das sagen würden. «
»In meiner derzeitigen Stimmung will mir das ein sehr guter Grund scheinen, diese Dinger gleich morgen zu ba u en! «, fuhr Wylsynn fort. »Trotzdem wird es Probleme geben, wenn wir nicht sehr gründliche Vorarbeit leisten und dem Ganzen behutsam den Weg bahnen. Glücklicherweise habe ich ja viele Jahre Erfahrung damit, bestechlichen Intendanten und Inquisitoren auf die Schliche zu kommen, die auf die eine oder andere Weise um die Ä chtungen herumkommen wollten. Also habe ich auch weidlich Übung mit der dafür erforderlichen Haarspalterei. Wenn ich es mache wie diese Kerle, so kam mir die Idee, ist das Problem mit den Damp f maschinen möglicherweise gar nicht so unüberwindlich. «
»Wirklich? « Mahklyn lehnte sich in seinem Sessel zurück und hob hoffnungsfroh die Augenbrauen.
»Ja, wirklich! «, versicherte ihm Wylsynn. »Eigentlich ist es sogar ganz einfach, Herr Doktor! Wir verwenden doch schon seit dem Tag der Schöpfung Dampf und Dampfkoc h töpfe, um Lebensmittel zuzubereiten oder haltbar zu m a chen. An
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