Nimue Alban 10 - Der Verrat
mochte, sich viel zu früh in den erlösenden Tod zu retten.
»Das war töricht «, sagte er tonlos. »Meinst du, du seist der Einzige, der für deine Dummheit leiden muss? «
»Fahr zur Hölle! «, erwiderte Manthyr leise.
»Oh nein, ich werde gewiss nicht zur Hölle fahren! « Der Inquisitor schüttelte den Kopf. » Du hingegen schon, und mit dem Beispiel, das du abgibst, wirst du viele, viele mit dir in den Abgrund reißen. «
Er wandte den Kopf ab und nickte jemandem zu, den Manthyr von der Zelle aus nicht sehen konnte. Zwei weitere Inquisitoren schleppten einen Gefangenen den Korridor hi n ab. Ein dritter entriegelte Manthyrs Zellentür, und dann wu r de ein regloser Körper in die Zelle geschleudert. Manthyr sank in die Knie und starrte voller Entsetzen Lainsair Sv a irsmahns gemarterten Leib an. Der Junge Bursche atmete kaum noch. Das Lachen des Schueleriten-Bischofs war kalt wie Eis.
»Dieser Junge hier nimmt sich ein Beispiel an dir «, erklä r te er leise. »Schau dir doch nur an, was dein törichter Mut ihn kostet! Und dann sag mir, ob es das wert ist! «
Der Bischof machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon. Die anderen Inquisitoren folgten ihm. Manthyr beu g te sich über den Midshipman, starrte auf die tiefen Brandm a le – dort, wo sich einst die Augen des Jungen befunden ha t ten. Svairsmahn war nur noch Haut und Knochen, so g e schunden, dass Manthyr kaum glauben konnte, der Bursche sei überhaupt noch am Leben. Doch die magere Brust des jungen Offiziers hob und senkte sich tatsächlich immer noch. Sanft legte Manthyr ihm die Hand an die Wange.
»Ich bin ’ s, Master Svairsmahn «, sagte er.
»Sir Gwylym? « Das schwache Flüstern des armen Jungen konnte Manthyr kaum verstehen. Er beugte sich noch tiefer, bis sein Ohr nur noch wenige Zoll vom Mund des Midshi p man entfernt war.
»Ich bin ja da, Lainsair! «
»Ich … hab ’ s versucht, Sir. Ich hab ’ s wirklich versucht. « Svairsmahns blinde Höhlen wandten sich ihm zu. »Ich hab ’ s versucht, aber die … die haben mich gezwungen. Ich … ich hab ’ s ihnen gesagt. Ich hab ihnen gesagt, Sie würden … Shan-wei anbeten. Es tut mir … leid, Sir. Ich hab ’ s versucht. Ich hab ’ s versucht … «
»Ganz ruhig, Lainsair! « Manthyrs Stimme brach, und er nahm den fast gewichtslosen, zerschmetterten, verstümme l ten Jungen in die Arme, hielt ihn an die Brust gedrückt, wiegte ihn, wie man ein kleines Kind hielt. So konnte Sv a irsmahn den Kopf gegen die Schulter seines Admirals be t ten. »Ganz ruhig. Alles ist gut. «
»Aber … aber ich hab gelogen! «, flüsterte Svairsmahn. »Ich hab … Lügen über Sie erzählt. Über den Kaiser. Über … über alle, einfach … damit sie aufhören. «
»Denken Sie einfach nicht mehr daran! «, flüsterte Manthyr ihm ins Ohr und spürte, wie ihm frische Tränen über die Wange rannen. »Sie sind doch nicht der Einzige. Meinen Sie, niemand sonst hat denen gesagt, was die hören wollen? Denken Sie doch nur daran, was die mit Ihnen g e macht haben, Lainsair! Natürlich haben Sie denen erzählt, was die hören wollten! «
»Hätt ’ ich nicht tun dürfen. « Immer noch ruhte Svairsmahns Kopf an Manthyrs Schulter, und der Admiral spürte, wie der Midshipman versuchte, den Kopf zu schütteln. »O f fiziere … lügen doch nicht, Sir. «
»Ich weiß. Ich weiß, Lainsair. Aber es ist alles gut. «
Manthyr verlagerte sein Gewicht, setzte sich hin, Svairsmahn auf dem Schoß, und starrte zwischen den Gitterstäben seiner Zelle hindurch. Viel mehr konnte der Junge nicht e r tragen. Viel mehr konnte er einfach nicht überleben. Doch Manthyr wusste genau, warum der Bischof den Midshipman zu ihm gebracht hatte. Weil sie wiederkommen würden. Und sie würden diesen gebrochenen, sterbenden Jungen erneut foltern, vor Manthyrs Augen, bis Sir Gwylym alles ausspr ä che, was sie aus seinem Mund hören wollten.
Aber da haben sie einen Fehler gemacht, Lainsair, dachte er. Dieses Mal haben sie einen Fehler gemacht.
Er hielt den Kopf des jungen mit seinen halb verkrüppe l ten, aber immer noch kräftigen Händen fest und dankte Gott von ganzem Herzen für diesen Fehler, den ihre Häscher g e macht hatten. Dann beugte er sich noch weiter vor, bis seine Stirn die des Midshipman berührte.
»Hören Sie mir gut zu, Lainsair «, sagte er. »Das ist wir k lich wichtig. Hören Sie zu? «
»Jawohl, Sir Gwylym «, flüsterte Svairsmahn.
»Master Svairsmahn, Sie haben stets mehr geleistet, als es Ihre
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