Nimue Alban 10 - Der Verrat
schienen sie nicht ernstlich aufgescheucht. Andererseits waren die Tiere vermutlich i n telligent genug, um zu begreifen, das alles, was nun bald geschehen würde, sie nicht das Geringste anging.
Im Kielwasser der Destiny durchschnitt der Rest von Yairleys Geschwader die Wellen. Achteraus sah er einen ganzen bewegten Wald von Masten und Segeltuch in den unterschiedlichsten Grau- und Weißtönen – je nachdem, wie lange das entsprechende Segel schon in Verwendung war. Am Mast eines jeden Schiffes der Flotte wehte die kaiserl i che Flagge – einige der besonders eifrigen Kapitäne hatten sie sogar auf jedem einzelnen Mast gehisst. Bei den Schiffen der Konteradmiräle und Kommodore flatterten am Besan die langen, schmalen, bunten Zungen ihrer jeweiligen Wimpel. Bei den Admirälen wurde er am Großmast aufgezogen und für den neu eingeführten Rang des Vizeadmirals am Foc k mast. Noch vor ein paar Jahren hätte sich Yairley niemals vorstellen können, derart viele Schiffe an einem Ort ve r sammelt zu sehen, allesamt mit der gleichen Aufgabe betraut und unter dem Kommando eines einzelnen Admirals. Selbst jetzt erschien ihm der atemberaubende Anblick schlichtweg ungeheuerlich.
In der Vielzahl der Schiffe konnte Yairley die Destroyer nicht ausmachen. Doch irgendwo dort hinten befand sie sich, genau in der Mitte dieser gewaltigen Flotte – nicht etwa an der Spitze, so wie High Admiral Rock Point es bevorzugt hätte (wie Yairley genau wusste). Doch diese exponierte P o sition war nicht der richtige Ort für einen High Admiral – nicht bei einem solchen Einsatz. Nein, dorthin gehört ein deutlich entbehrlicherer Flaggoffizier … wie ein gewisser Sir Dunkyn Yairley.
»Das Signal für Captain Rahzwail ist bereit, Sir «, meldete Ensign Aplyn-Ahrmahk respektvoll. Yairley riss sich zusammen.
»Sehr gut, Master Aplyn-Ahrmahk, dann ziehen Sie es auf! «, erwiderte der Admiral mit einem schiefen Grinsen. »Und dann sollten wir wohl auch dem Geschwader das Si g nal geben, Segel einzuholen, meinen Sie nicht auch? «
»Sonderlich beeindruckt scheinen sie von General Sta h kails Artillerie nicht zu sein, Mein Lord «, bemerkte Captain Mahlyk Ahlvai nüchtern.
»Nein, wirklich nicht, Captain «, bestätigte Baron Jahras.
Sie standen auf dem Poopdeck von HMS Kaiser Zhorj, Jahras ’ Flaggschiff, das immerhin über achtundvierzig G e schütze verfügte. Mehrheitlich waren die Schiffe der desna i rianischen Flotte umgebaute Handelsschiffe, keine eigens gebauten Kriegsgaleonen – die Kaiser Zhorj aber schon. Sie besaß ein deutlich robusteres Zimmerwerk und stärkere Ve r schalung als ihre Geleitschiffe. Trotzdem war die Kaiser Zhorj deutlich kleiner und sehr viel leichter bewaffnet als die gegnerischen Schiffe, die auf sie zuhielten.
Jahras hatte ernstlich in Erwägung gezogen, in seinem Arbeitszimmer am Ufer zu bleiben. Dort hätte er die Semaphoren und den Signalflaggenmast auf dem Dach des Hauptgebäudes der Werft nutzen und so von dort aus deutlich be s ser Befehle erteilen können – zumindest so lange, bis der Pulverdampf und der Rauch ihnen allen die Sicht nähme. Außerdem waren die Masten der Kaiser Zhorj auch noch ungewöhnlich niedrig. Denn Jahras hatte angeordnet, den Stengenmast und die Bramstengen an Land zu schaffen. Doch auch wenn sich Jahras standhaft geweigert hatte, seine Flotte ins Gefecht gegen die Imperial Charisian Navy zu schicken, mangelte es ihm persönlich wahrlich nicht an Mut. Wenn seine Flotte kämpfen musste, dann war sein Platz hier bei seinen Männern. Mit einer gehörigen Portion Zynismus, ließ es sich so sagen:
Man würde ihn vermutlich für das anstehende Debakel deutlich weniger scharf verurteilen, wenn er Vikar Allayn und Vikar Zhaspahr gegenüber wahrheitsgemäß darauf hi n weisen konnte, er selbst sei unmittelbar an der Front gew e sen und habe das Gefecht vom Herzen des Blutbads aus b e fehligt. Er wusste natürlich nicht abzuschätzen, wie wah r scheinlich es war, dass er so nicht zum Ziel von Clyntahns Wut würde. Aber einen Versuch war es auf jeden Fall wert.
Im Augenblick jedoch konnte er Captain Ahlvais Ei n schätzung nur beipflichten. General Lowrai Stahkail, der Kommandeur der Festung in der Dreiecks-Untiefe, war nicht der, den sich Jahras für diese Aufgabe gewünscht hätte. Der Oberkommandierende der Imperial Desnairian Navy hätte mindestens ein halbes Dutzend anderer Offiziere zu bene n nen gewusst, die er lieber mit dem Kommando über die Fe s tung betraut hätte. Doch
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