Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
wir Syrk und die Siedlungen zwischen hier und dem Sankt Alyk evakuieren können … größtenteils, zumindest. Wir sollten also nicht durch übermäßig viele Flüchtlinge aufgehalten werden. Das ist doch auch schon was.
Er zog die Riemen des Brustpanzers fester und fragte sich, ob es ihm wohl noch vergönnt sein würde, die Rüstung am Abend auch wieder abzulegen.
.V.
Nahe Evyrtyn,
Südmark,
Republik Siddarmark
Das rhythmische Stampfen zahlloser Stiefel zerriss die morgendliche Stille. Die Kolonne schleppte sich durch die ausgebrannten Überreste der kleinen Ortschaft Evyrtyn. Ein völlig ausgemergelter Hund, mehr tot als lebendig, kroch zwischen den verkohlten Grundmauern herum und blickte gehetzt zu den Soldaten hinüber. Auch eine verwildert aussehende Katzenechse betrachtete die Eindringlinge misstrauisch, als wisse sie genau, was von Fremden zu halten wäre. Vielleicht haben beide auch bloß begriffen, dass es keiner Eindringlinge aus der Fremde bedarf, um ein Dorf niederzubrennen und die Einwohner abzuschlachten , dachte Sir Fahstyr Rychtyr düster. Er war zwar ein erfahrener Soldat, aber auch ihn ließ die menschenleere trostlose Gegend rings um die beschädigte Evyrtyn-Schleuse nicht kalt. Die Schäden an der Schleuse waren nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte: Die Saboteure hatten zwar die Pumpen zerstört, aber das Schleusensystem selbst war noch intakt. Der beschädigten Schleuse wegen aber war er gezwungen gewesen, die letzten zweihundertfünfzig Meilen zu Fuß zurückzulegen, statt den Sheryl-Seridahn-Kanal zu nutzen. Den nächsten Fünftag würden seine Pioniere zur Schleusenreparatur noch brauchen. Und bis dahin blieben Soldaten und Versorgungsgüter weiterhin auf Füße, Hufe und Räder angewiesen, wollten sie weiterkommen.
Rychtyr war fern der Heimat. Rückendeckung gab es nicht, solange der Kanal nicht wieder vollständig nutzbar war und Sir Rainos Ahlverez den Hauptteil des Truppenverbands hinterherschicken konnte. Wenigstens hatte die Ödnis, in die sich die Südmark zunehmend verwandelte, auch ein Gutes: Hier konnte unmöglich ein größerer Truppenverband des Gegners aktiv sein. Außerdem hatte Rychtyr während des Vorrückens sämtliche Semaphorentürme wieder in Gang setzen lassen, an denen sie vorbeigekommen waren. Also konnte man jetzt wieder Nachrichten empfangen oder absenden – notfalls bis nach Gorath, zu Herzog Salthar persönlich. Gegen die Einsamkeit, die Rychtyr hier überkam, half das allerdings nicht.
Hinter sich hörte er Hufgetrappel und blickte von der Karte auf, die im Schatten einer Fasteiche auf einem Klapptisch ausgebreitet lag. Der Reiter zog an den Zügeln und stieg aus dem Sattel.
»Colonel«, begrüßte Rychtyr den Kommandeur des Kavallerieregiments, das die Vorhut übernommen hatte. Sir Naythyn Byrgair erwiderte den Gruß, indem er die Hand an den Brustpanzer legte.
»General«, setzte er dann noch hinzu. »Sie wollten mich sprechen, Sir Fahstyr?«
»Allerdings.« Rychtyr tippte auf die Karte. »Laut den Einheimischen hier verschanzt sich auf der Feste Sheldyn immer noch eine Ketzer-Garnison. Die Leute sagen, es wären ein paar siddarmarkianische Pikenierregimenter. Sir Rainos möchte verhindern, dass sie nach Süden abziehen, um Fyguera in Thesmar zu Hilfe zu kommen. Aber ich glaube nicht, dass das wirklich deren Absicht ist. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie sich in den Norden zurückziehen werden.« Erneut tippte er auf die Karte. »In Richtung Sankt Alyk und Klippenkuppe. Dahin zumindest würde ich an ihrer Stelle gehen, nachdem klar ist, dass eine derart große Armee anrückt. Die dürften wissen, dass die verdammten Charisianer Thesmar problemlos über die Sandfischbucht und die Thesmar Bay versorgen können. Falls das nötig, verdammt, könnten die doch notfalls die gesamte Garnison auf dem Seeweg in Sicherheit bringen! Außerdem haben die im Osten doch viel mehr Truppen stehen, mit denen wir uns erst einmal herumschlagen müssen, bevor wir nach Shiloh oder Trokhanos kommen. Klippenkuppe, das begreifen die auch, ist entscheidend, und dort steht es auf Messers Schneide. Also, wenn es mir darauf ankäme, etwas zu bewirken, würde ich genau dorthin ziehen.«
»Jawohl, Sir.« Byrgair warf einen Blick auf die Karte und nickte.
Siddarmarkianer schätzte er ohnehin nicht sonderlich – vor allem nicht die, die sich auf die Seite von Gotteslästerern, Ketzern und Exkommunizierten schlugen. Aber er würde ganz gewiss nicht den Fehler machen,
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