Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Cahrtair konnte nicht das Geringste dagegen unternehmen.
Wenn die ketzerischen Dreckskerle es tatsächlich schaffen, die Kluft zu fluten, stecken wir bis zum nächsten Herbst mitten in einem gottverdammten Sumpf. Welche Krankheiten dann noch grassieren, weiß Pasquale allein!
Hahlys Cahrtair zumindest wusste es nicht, und er wollte es auch nicht herausfinden. Deswegen hatte er die Absicht, so weit wie möglich nach Süden vorzustoßen – ganz egal, was Maiksyn sagte.
Er ist ein altes Waschweib – wenn auch nicht ganz so schlimm, wie ich vor der Erhebung gedacht habe , gestand sich der Major widerwillig ein. Wenn ich endlich auf die Dreckskerle treffe, wäre es mir ganz recht, etwas Unterstützung zu bekommen. Aber bei Jairth kommt die Landstraße der Westwand der Kluft einfach zu nahe. Wenn die Ketzer unsere Flanke mit ihren verdammten Gewehrschützen angreifen, stehen zwischen denen und uns ein paar hundert Schritt Wasser. Und dann sind wir in Schwierigkeiten. Zurückdrängen können wir sie so nicht mehr.
Die Schützen der Gegenseite waren deutlich effizienter, als sie alle erwartet hatten. Ja, sie hatten sogar der Moral der Truppe den Rest gegeben, als Stohnars Angriff die Aufständischen aus Serabor vertrieben hatte. Das lag nicht etwa daran, dass die Schützen viele Aufständische erwischt hätten: Dafür waren es zu wenige. Nein, die enorme Entfernung, aus der sie zu töten vermochten, erklärte den Schrecken, den sie verbreiteten. Niemand auf Seiten der Tempelgetreuen, nicht einmal Colonel Baikyr und seine Berufssoldaten, hatte je zuvor Gewehren gegenübergestanden. Gewiss, mit einer höheren Effizienz als bei Luntenschlössern hatten sie gerechnet. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, man könne damit ein menschengroßes Ziel noch über dreihundert Schritt Entfernung treffen. Langhorne und Chihiro sei gedankt dafür, dass die Ketzer nur über wenige Gewehre verfügten! Aber selbst diese wenigen Waffen hatten ausgereicht, um Cahrtair und seinen Männern gehörigen Respekt vor deren Leistungsfähigkeit einzuimpfen. Maiksyn, anders als ihm selbst, war der enorme Vorteil von Gewehren auf freiem Terrain noch gar nicht aufgegangen. Und Gott sei Dank, verfügte Stohnar nicht auch noch über Artillerie!
Noch nicht. Soweit wir wissen , verbesserte Cahrtair sich sofort. Leider haben wir selbst auch keine.
Versprochen hatte man ihnen Geschütze wie Gewehre. Geschehen war bislang nichts. Und so ungern er sich das eingestand: um die verdammten Ketzer letztendlich zu besiegen, brauchten sie beides, und zwar reichlich! Die neuen Waffen, momentan auf beiden Seiten Mangelware, würden schlachtentscheidend sein. Letztendlich liefe es beim Kampf um die Sylmahn-Kluft auf ein Wettrennen hinaus: Bei einer frontalen Konfrontation befand sich ein gut vorbereiteter Verteidiger stets im Vorteil. Da die Kluft schmal war, gab es gar keine andere Möglichkeit, als den Gegner frontal anzugreifen. Zumindest konnte niemand mit achtzehn Fuß langen Piken bewaffnete Männer auf die Echsenpfade schicken, die sich kreuz und quer durch die Berge schlängelten. Das hatten die Ketzer ganz offensichtlich ebenso begriffen wie Cahrtair. Sie wussten auch, dass ihre Bemühungen, das Tal zu fluten, bis nur noch die Landstraße selbst übrig wäre, die Lage für Angreifer immer schwieriger machte.
Langhorne allein weiß, wie viele tausend Mann wir schon verloren haben. Aber wenn wir nicht durchbrechen, bevor sich die Ketzer verschanzen und überall Abwehrfestungen errichten, war’s das! Alles, was wir bislang erreicht haben, wäre dann umsonst … und all die Männer umsonst gestorben , dachte Cahrtair. Wir müssen jetzt durchstoßen, selbst wenn uns das noch ein oder zwei Regimenter kostet! Pater Shainsail hat das bereits begriffen. Wenn er fest hinter mir steht, nehme ich es sogar mit Maiksyn und Baikyr auf.
»Es wird Zeit, den Reigen zu eröffnen«, meinte Major Styvynsyn, den Blick fest auf die Kolonne der aufständischen Infanterie gerichtet, die sich auf der Landstraße näherte.
Zusammen mit Sergeant Zhaksyn stand er auf der Kuppe eines kleinen Hügels, kaum mehr als ein Dutzend Fuß hoch. Es verriet viel darüber, wie flach der Grund der Sylmahn-Kluft war, wenn schon eine derart kleine Erhebung als Hügel durchging: Er bot praktisch keinerlei Deckung und ließe sich taktisch kaum nutzen, hätten die Rebellen die Hänge zu beiden Seiten des Tales anständig sondiert. Von dort aus hätten sie die Kluft meilenweit einsehen können
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