Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
wir sie bis hinter Terykyr zurückgetrieben. Grund genug für sie, es uns unmöglich zu machen, die zahlenmäßige Überlegenheit zu nutzen.
Üblicherweise besaß ein siddarmarkianisches Pikenierregiment in Gefechtsformation eine Frontbreite von sechzig Schritt. Jede Kompanie bestand aus vierhundertundfünfzig Mann, die sich auf sieben Züge aufteilten, jeder Zug dann in zwei Abteilungen mit je dreißig Mann. Eine fünfzehnte Abteilung, die Stabsabteilung, bestand ebenfalls aus dreißig Mann und war dem Kompaniechef persönlich unterstellt. In Gefechtsformation marschierten die einzelnen Abteilungen unmittelbar hintereinander. Bei einer Frontbreite je Mann von einem Schritt und sechs Fuß Tiefe ergab sich für jeden Zug eine Frontbreite von dreißig Schritt und eine Tiefe von vier Schritt. Marschierte eine ganze Kompanie auf, ergab sich die gleiche Frontbreite, aber eine Tiefe von dreißig Schritt, wenn man die Stabsabteilung mitzählte. Damit konnte jede Kompanie bei Bedarf als eigenständiges Geviert angreifen. Allerdings war das nicht die übliche Vorgehensweise. Normalerweise stellte sich ein Regiment in Form eines übergroßen Gevierts auf: je zwei Kompanien breit und tief. Eine fünfte Kompanie – leichte Infanterie – schirmte die Front beim Anmarsch auf den Feind mit Armbrüsten oder Musketen ab. Alternativ zog sich die leichte Infanterie zwischen die einzelnen Pikenier-Gevierte zurück, sobald mehrere Regimenter in dem Schachbrett-Muster aufmarschierten, das die gewohnte Taktik gebot. Sobald die Piken Feindkontakt hatten, war es in beiden Fällen für die leichteren Einheiten an der Zeit, aus dem Weg zu gehen: Entweder sie ließen sich hinter die angreifenden Gevierte zurückfallen, oder sie scherten aus und schirmten die Flanken der Pikenier-Kompanien ab. Musketiere und Armbrustschützen, die ansonsten nur noch ein Schwert führten, hatten zwischen der massiven Wand aus Piken im Gefecht einfach nichts zu suchen … und das wussten die Infanteristen auch.
Dank der jüngst eingetroffenen Unterstützung kam Cahrtairs Kompanie auf mehr als drei Viertel der normalen Mannstärke. Damit stand er deutlich besser da als die völlig zerlumpten Kompanien der Ketzer. Aber im Augenblick half ihm das auch nicht viel. Selbst wenn er das gesamte Regiment hinter sich wüsste, und zwar in ordnungsgemäßer Truppenstärke, hätte sich seine Frontbreite hier und jetzt auf nur eine einzige Kompanie beschränkt. Zusätzlich wurde diese Front auch noch durch den Höhenunterschied auseinandergezogen.
Als die Ketzer über den Hügelkamm kamen, machten Cahrtairs Abteilungen umgehend Halt, genau wie er es zuvor befohlen hatte. Die Formation des Gegners war deutlich geschlossener und disziplinierter, als seine eigenen Männer das selbst unter Idealbedingungen hinbekommen hätten. Der Major knirschte mit den Zähnen, als er die Standarte des 37. Infanterieregiments erkannte. Er hatte über die Einheiten und die Truppenstärke der Ketzer so einiges in Erfahrung gebracht: Es war erstaunlich, wie gesprächig ein Ketzer werden konnte, wenn man ihn nur angemessen … ermutigte. Und dafür hatte Cahrtair genau die richtigen Leute. Das 37ste war das Herzstück der Einheiten gewesen, die den Rechtgläubigen den Sieg entrissen hatten. Beinahe wäre Serabor gefallen. Aber dann hatte dieses Regiment sie zurückgedrängt. Während des Gefechts hatte das 37ste stets die Formation gehalten und todbringende Effizienz an den Tag gelegt. So etwas schafften nur Berufssoldaten, die ungleich regelmäßiger und intensiver gedrillt wurden. Cahrtairs Milizionäre waren Teilzeitsoldaten. Gegen eine solche Kampfmaschinerie mussten sie verlieren und hatten vor Serabor einen hohen Preis bezahlt.
Doch das 37ste hatte ebenfalls große Verluste hinnehmen müssen. Ihm nämlich war die Aufgabe übertragen worden, den Ansturm der Ketzer anzuführen. Auch bei der Gegenoffensive der Rechtgläubigen musste es einiges einstecken. Pater Shainsails Spione berichteten, das Regiment habe derzeit weniger als die halbe Sollstärke. Bei den anderen Einheiten unter General Stohnars Befehl sehe es kaum besser aus. Der ausbleibende Nachschub – Stohnars letzter Konvoi mit Versorgungsgütern war fast zwei Fünftage überfällig – und die hungrigen Mägen sorgten für Fälle von Fahnenflucht auch unter Stohnars Männern. Deswegen hatte der General unter den wiederholten Angriffen der Rechtgläubigen zurückweichen müssen, weiter und weiter. Das 37ste war die Nachhut, weil
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