Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
bewusst bin: welche Tragweite das alles hat, wie es sich auf die Sicherheit des Kaiserreichs auswirken mag und welche Vorzüge noch daraus erwachsen können.
Zuletzt aber möchte ich mit Nachdruck darauf verweisen, welche katastrophalen Folgen das letztendlich für Sie drei haben könnte.«
Diesen letzten Satz ließ Sharleyan zunächst einmal einwirken: Eisig und schwer, ein Vorbote großer Gefahr, hing er im Raum. Schließlich lehnte sich die Kaiserin in ihrem Sessel zurück und wiegte ihre Tochter in ihren Armen.
»Sie, Irys, haben mir eröffnet, Sie könnten Mutter Kirche nicht weiter die Treue halten. Sie glauben keine andere Wahl mehr zu haben, als ebenfalls mit aller Kraft gegen Clyntahn und den Rest der ›Vierer-Gruppe‹ vorzugehen. Dazu wird es reichlich Gelegenheit geben – für Sie alle. Wenn es das ist, was Sie wollen – was Daivyn will –, machen Sie sich aus freien Stücken zur Zielscheibe für Inquisition und ›Vierer-Gruppe‹, zum Feind aller Tempelgetreuen überall auf der Welt – zum Feind von Mutter Kirche selbst. Ich sage das, obwohl ich glaube, dass Sie sich dessen längst bewusst sind. Aber ich muss absolut sicher sein, dass Sie die Tragweite Ihres Handelns wirklich begriffen haben, ehe ich entsprechend reagiere.«
In Irys wurde das Bedürfnis übermächtig, zu Coris aufzublicken. Aber diese Frage musste sie ganz allein beantworten – und zwar nicht nur Sharleyan, sondern auch sich selbst . Also erwiderte Irys Daykyn den forschenden Blick der mächtigsten Frau der Welt und nickte.
»Das habe ich, Eure Majestät.«
Sie war selbst ein wenig erstaunt, wie leicht ihr die Worte über die Lippen kamen. Kaum ausgesprochen, schienen sie wie zuvor Sharleyans Worte einen Augenblick lang geradezu bedrohlich im Raum zu hängen. Wie Klingen aus kaltem, scharfen Stahl , dachte Irys.
»Inquisition und Mutter Kirche sind uns bereits Feind, weil sie es so entschieden haben«, fuhr Irys fort. »Ich weiß, wie die offiziellen Berichte lauten: Seijin Merlin habe uns auf Euer Geheiß entführt, und Phylyp habe uns an Euch verraten und verkauft. Solange Clyntahn Großinquisitor ist, kann aus Zion nichts anderes verlauten. Ich bin nicht töricht: Man wird Daivyn oder mir nie Gelegenheit geben, die Wahrheit öffentlich zu verkünden. Unter diesen Umständen macht es keinen großen Unterschied, ob wir im offenen Kampf gegen die Kirche unterliegen oder einfach darauf warten, dass Clyntahns Inquisitoren uns in unserer letzten Zuflucht aufspüren. Das Endergebnis dürfte dasselbe sein.«
»Das stimmt wohl.« Sanft wiegte Sharleyan ihre kleine Tochter. »Als ich vor derselben Entscheidung stand wie Sie, hat Seijin Merlin eine alte Weisheit zitiert – zumindest glaube ich, dass es ein Zitat war. Denn der Seijin ist weise genug, auf die Weisheit anderer zu bauen. Ich fand das Zitat so treffend, dass es mir im Gedächtnis geblieben ist: ›Wenn wir nicht alle am selben Strang ziehen, endet jeder von uns für sich allein am Strang.‹ Das bringt es doch ziemlich auf den Punkt, oder?«
»Allerdings.«
»Wenn Sie das also auch so sehen, hätte ich einen Vorschlag zu machen.«
Sharleyan hob den Blick. Ernst musterte sie ihre Besucher und hörte auf, die kleine Alahnah zu wiegen.
»Ich spreche hier und jetzt nicht nur für mich selbst, sondern ebenso auch für Seine Majestät den Kaiser. Denn wir sind, was wir vor der ganzen Welt erklärt haben: gleichberechtigte Regenten. Wenn ich Ihnen die Treue des Kaiserreichs Charis gelobe, wird auch Seine Majestät der Kaiser dieses Gelöbnis in Ehren halten – und ginge die Welt unter!«
Ein Schauer lief Irys über den Rücken. Wie fühlt sich das an , dachte sie, einem anderen derart umfassend zu vertrauen? Wie konnten sich zwei Menschen, so nahe sie einander auch stehen mochten, gegenseitig dazu verpflichten, sämtliche Entscheidungen des anderen zu akzeptieren – selbst wenn es dabei um Leben und Tod nicht nur eines einzelnen Menschen, sondern eines ganzes Kaiserreichs ging? Kein Wunder, dass alle den einen Namen nicht mehr ohne den anderen erwähnten. So, als wären die beiden eine untrennbare Einheit: ein Wesen mit zwei Herzen, aber einer gemeinsamen Seele.
Dass die beiden auf diese Weise zur Legende taugten, war beinahe zwangsläufig.
»Mein Vorschlag lautet wie folgt: Sie begleiten Erzbischof Maikel bei seinem Gemeindebesuch in Corisande. Das heißt, Ihnen wird die Rückkehr dorthin an Bord eines charisianischen Kriegsschiffs gestattet. Ich finde, die Destiny
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