Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
schwören, den man ihm abverlangt! Ein erzwungener Eid kann schließlich niemals bindend sein. Und wie sollte unter derartigen Umständen ein wie auch immer gearteter Eid nicht erzwungen sein? Außerdem wurden Ihre Majestäten vom Großvikar persönlich exkommuniziert. Damit ist jeder ihnen geleistete Eid in den Augen von Mutter Kirche ohnehin nicht bindend. Also solltet Ihr die Bedingungen akzeptieren und Euch so lange an diese Bedingungen gebunden sehen, wie es Euch eben zweckdienlich scheint.
Aber hier und jetzt ist nicht der rechte Zeitpunkt für Verschlagenheit.« Er sprach sehr leise und blickte über die Köpfe seines Prinzen und seiner Prinzessin hinweg Sharleyan fest in die Augen. »Jetzt ist der rechte Zeitpunkt für die Wahrheit . Ich sollte hier nicht als der Leiter der Spionageabteilung Eures Herrn Vaters sprechen, sondern als ein Freund, dem gestattet wurde, Dinge zu sehen, die Eurem Herrn Vater leider verborgen geblieben sind. Ich spreche hier als der Freund Eures Vaters, der darum gebeten wurde, Euch und Daivyn zu beschützen. Und eines kann Euch dieser Freund sagen: Ich mag ein berechnender Realpolitiker und Zyniker sein, aber ich erkenne die Wahrheit, wenn ich sie vor mir habe. Ich erkenne Großherzigkeit. Mir ist durchaus bewusst, welch gewaltigen Vorteil es für Charis hätte, schlösse sich Corisande aus freien Stücken dem Kaiserreich an. Natürlich würde ein solcher Anschluss Daivyns Autorität und Souveränität erheblich schmälern. Es stünde ihm nicht mehr frei, über seine eigene Politik zu entscheiden, über Krieg oder Frieden. Aber sich dem Kaiserreich anzuschließen, bedeutet auch Hoffnung: die Hoffnung für alle Männer und Frauen, ihr Leben so zu führen, wie Gott es wünscht. Nicht als Sklaven eines kleingeistigen geistlichen Tyrannen mit zu viel weltlicher Macht, sondern als Menschen, die in Frieden und Sicherheit ihrem eigenen Gewissen folgen können.«
Noch einmal atmete er tief durch und blickte Irys an. Wie so oft, erinnerten ihn ihre dunklen Augen an ihre längst verstorbene Mutter. Das Lächeln auf Phylyp Ahzgoods Gesicht bekam etwas Wehmütiges.
»Mein Rat lautet daher, die Bedingungen Ihrer Majestät anzunehmen, Hoheit«, sagte er.
Lange herrschte völlige Stille im Raum. Schließlich räusperte sich Sharleyan.
»Da wäre allerdings noch eine Kleinigkeit«, meinte sie. Irys spürte, wie sie sich verspannte. War das der Dolch, der geschickt unter Sharleyans verlockendem Angebot verborgen gewesen war? Der Gedanke kam ihr sofort, so sehr war sie nun einmal die Tochter ihres Vaters.
»Jawohl, Eure Majestät?«
Zu Irys’ Erleichterung klang sie dabei völlig gelassen.
»Corisande und Emerald haben eines gemeinsam: Sie beide waren auch schon lange, bevor die ›Vierer-Gruppe‹ den Angriff auf König Haarahld befohlen hat, Charis’ erklärter Feind – vom Alten Königreich Charis, meine ich. Da sich das nun einmal nicht bestreiten lässt, benötigen wir leider auch von Corisande noch eine weitere Sicherheit.«
»Und was für eine … Sicherheit wäre das?«
»Nicht mehr als die, die wir seinerzeit auch Prinz Nahrmahn abverlangt haben«, erklärte Sharleyan. »Wir halten es für sehr wichtig, in einem solchen Falle unsere Häuser in besonderer Weise zu verbinden. Ich hatte ursprünglich an eine Ehe zwischen Daivyn und Alahnah gedacht. Aber nach gründlicher Überlegung erschien mir der Altersunterschied dann doch zu groß. Damit bleibt leider nur eine einzige andere Möglichkeit.«
Betrübt blickte sie Irys in die Augen.
»Nun, es bliebe nur, dass Sie meinen Stiefsohn Hektor ehelichen, Irys.«
Etwas tief in Irys’ Herzen regte sich, ein sonderbares, erstaunlicherweise sehr starkes Gefühl. Sharleyan schüttelte traurig den Kopf. Doch in ihren Augen blitzte der Schalk.
»Mir ist bewusst, dass ich Euch damit ein gewaltiges Opfer abverlange, aber leider muss ich darauf bestehen.«
Juni,
im Jahr Gottes 896
.I.
HMS Delthak ,
Charis-See
»Dann wissen wohl doch noch nicht alle Bescheid, Sir«, merkte Lieutenant Pawal Blahdysnberg an, als ein weiterer Schoner das Ruder hart steuerbord legte und die Flucht antrat. Der Leutnant schüttelte den Kopf und blickte dem Schiff hinterher: halb belustigt, halb resigniert. »Hält der uns jetzt für Dämonenbrut, oder meint er, wir stünden in Flammen?«
»So wie dem die Segel durchgekait sind, würde ich auf ›Dämonenbrut‹ tippen.« Captain Halcom Bahrns klang eher angewidert als belustigt. Er schüttelte den Kopf. »Hat
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