Nina 04 - Nina und das Raetsel von Atlantis
jetzt bitte ich euch um eure Unterstützung. Ihr müsst den Richtern helfen, denjenigen ausfindig zu machen, der LSL umgebracht hat. Und aufzuklären, wer das Toxikum, die tödliche Flüssigkeit, benutzt hat.«
Nina und ihre Freunde standen neben einer der Säulen der Basilika. Als sie die Rede des Grafen hörten, sahen sie sich alarmiert an.
Karkon ging zum Sarg, zog die Flagge weg und präsentierte der Trauergemeinde die Eingravierung, die er angefertigt hatte.
»Das ist ja Andoras Sarg!«, platzte es aus Nina heraus und ihre Stimme hallte laut in der Kirche wider.
»Wer wagt es, mich zu unterbrechen?«, donnerte der Graf ärgerlich.
Cesco versuchte, Nina wegzuziehen, aber das Mädchen machte sich los und stürzte zum Altar. In der Tasche hatte sie das Fläschchen mit den rosa Tränen. Sie wusste nicht, ob sie sie sofort brauchen würde, aber sie war bereit, sie zu benutzen.
Als Karkon Nina sah, zeigte er mit dem Finger auf sie: »Du? Du hast noch den Mut, hierherzukommen? Du hast LSL gehasst. Das wissen wir alle. Du bist eine Hexe! Du bedienst dich der Magie und bist eine Gefahr für Venedig!«
Zwei Wachmänner wollten Nina aufhalten, doch sie duckte sich und stolperte dabei über eine Stufe. Noch im Fallen zog sie das Glasfläschchen aus der Tasche, um es zu schützen, aber es rutschte ihr aus der Hand und wirbelte durch die Luft. Genau über der Inschrift auf dem Metallsarg ging es zu Bruch.
Die alchimistische Flüssigkeit verteilte sich blitzschnell und zerfraß die Gravierung, die Karkon gemacht hatte. Der Name des Bürgermeisters verschwand und an seiner Stelle tauchte wie durch Magie ein anderer Name auf: ANDORA.
Die Schüler fingen an zu lachen und der Graf wurde von der Menschenmenge beschimpft.
Vergeblich suchten die Wachmänner und Ratsherren Nina und ihre vier Freunde, um sie festzunehmen. Doch die hatten sich in den Beichtstühlen versteckt.
Einer der Ratsherren stieg auf eine Bank und schubste dabei den verdatterten Professor José zu Boden. Schreiend versuchte er die Menge zu beruhigen. Aber es gelang ihm nicht. Verstört und fassungslos verließen die Venezianer die Basilika. Der Sarg wurde wieder mit der venezianischen Flagge bedeckt und die sechs Wachmänner in Gardeuniform trugen ihn eilig in das Beerdigungsboot, mit dem sie ihn zur Friedhofsinsel San Michele verschifften.
Der Vorfall brachte viele Bürger dazu, die Umstände des Tods ihres Bürgermeisters zu hinterfragen. Vor allem verstanden sie nicht, warum der Name des Toten vom Sarg verschwunden und der einer Frau erschienen war. Andora - niemand hatte jemals von ihr gehört.
Die Wachmänner und die Ratsherren ordneten an, dass alle nach Hause gehen sollten, und gaben bekannt, dass am Nachmittag die Hausdurchsuchungen beginnen würden, um das Toxikum, mit dem LSL offenbar vergiftet worden war, zu finden.
Als die Basilika von San Marco endlich leer war, schlichen die fünf Kinder auf Zehenspitzen aus den Beichtstühlen. Nicht nur Dodo war völlig von der Rolle.
Draußen vor der Kirche war keine Menschenseele mehr zu sehen. Die Kinder rannten zum Anleger und stiegen auf das Boot zur Giudecca. Jeder von ihnen war bemüht, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Die Angst, dass die Wachleute schon einen Haftbefehl für sie bereithielten, ließ in ihnen mehr denn je den Wunsch aufkommen, bei ihren Eltern zu sein.
Sobald Nina die Eisenbrücke zur Villa überquert hatte, rief sie nach Professor José. Sie hoffte, dass er schon von der Beerdigung zurückgekommen war. Aber in der Dependance war niemand.
Auf dem Boden neben dem Schaukelstuhl entdeckte Nina einige verbrannte Zettel. Sie hob sie auf. Doch nur auf einem stand noch ein Wort. Aber er war so verkokelt, dass man es nicht ganz entziffern konnte: »e...nden«, und darunter Josés Unterschrift.
Sie steckte das Zettelchen in ihre Hosentasche und sah sich um. Bücher, Hefte, Kleidung und persönliche Sachen, alles war an Ort und Stelle. Nina wartete einige Minuten, aber der Professor kam nicht. Dann rannte sie zur Villa und fragte Carlo Bernotti und Ljuba, ob sie den Lehrer gesehen hatten, aber keiner wusste etwas von ihm.
»Er wird einen Spaziergang machen. Seit einigen Tagen verlässt er immer wieder die Dependance, ohne zu sagen, wohin er geht, und kommt gewöhnlich erst spät wieder«, erklärte der Gärtner.
Der Abend brach schnell herein und Nina zog sich in ihr Zimmer zurück, ohne gegessen zu haben. Sie hatte keinen Appetit. Unter der türkisfarbenen Bettdecke,
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