Ninis - Die Wiege der Baeume
verhindern. Die Prophezeiung nahm ihren Lauf. Hoffentlich bewahrte Eterius sie vor dem Leid, das ihrem Volk drohte!
„Ja, sicherlich! Bitte entschuldigt meine ungebührlichen Worte. Ich würde es nicht wagen, unserer Oberen zu …”
„In der Tiefe lodern die Flammen unseres Glaubens – unser Manifest. Doch wenn die Monde Jaloper, Yelendor und Kirelo sich auf einem Punkt vereinen, öffnet sich die Pforte …”, flüsterte Siria gedankenverloren vor sich hin, ohne Feriosi aussprechen zu lassen.
„Bitte, ich verstehe diese Worte nicht?
„Ah, schon gut. Das war nur ein alter Kinderreim.” Siria biss sich auf die Lippen. Es scherte sie nicht weiter, dass Feriosi nichts von dem verstand, was sie bewegte. Ach, was wäre es ihr ein Fest, wenn Amone sprachlos neben ihr stünde und zum ersten Mal in ihrem armseligen Leben in die Abgründe ihrer Ignoranz starrte.
Siria lief mit Feriosi die steinernen Korridore zu den Kerkern des Ordens hinab. Bereits auf den letzten Treppenstufen vor dem Eingangstor begrüßten sie die wimmernden Stimmen der Insassen.
Sie sollte sich öfter hier unten entspannen, all die leisen Rufe der Schuld. Die warten schon auf sie. Ja, Siria würde sie von der Last ihrer Verfehlungen befreien!
Zwei Wachen verbeugten sich und öffneten ihnen wortlos das schwere hölzerne Tor. Ein süßlicher Geruch aus Furcht und Fäulnis drang Siria wohlig in die Nase: Sie blickte sich um, in ihrem Arbeitszimmer befand sich alles am rechten Platz. Ihr gepolsterter Lehnstuhl, die Folterbank und die ganzen rostigen Eisenketten an den Wänden. Zudem hing ein stattliches Sortiment von Schüreisen neben dem Kamin, dessen Feuer behaglich knackte.
Feriosi stieß wegen des Geruches kurz auf, die Kleine würde sich bestimmt noch an die Ausdünstungen ihrer Klienten gewöhnen. Hauptsache es befand sich immer genug Holz vor dem Kamin.
Siria stutzte, das war fast ein schönes Bild, nur das Schweinegesicht passte nicht dazu! Schwungvoll schlug sie mit ihrem Wurzelstab auf den hünenhaften Kerkermeister ein, der es gewagt hatte, mit seinen fülligen Rundungen auf ihrem Stuhl eingeschlafen zu sein.
„Das darf ja wohl nicht wahr sein! Aufwachen! Ich will arbeiten!”, schrie sie ihn an, während sie stetig weiter auf ihn eindrosch. Es störte sie dabei nicht, dass vermutlich schon ein Bein von ihm schwerer war als sie.
„Ja, ja, ich geh‘ ja schon!”, quiekte er devot. Ihr Kerkermeister klang nicht nur wie ein zu schnell gewachsenes Kind, er war auch nicht sonderlich geschickter. Hastig stolperte er über seine Beine, blieb im Schritt am Schüreisenständer hängen und knallte wie ein besoffener Mastochse vor die Streckbank.
„Trottel! Los, schließ die Zellentür auf”, zeterte Siria, die sich zudem ziemlich sicher war, dass seine Eltern Geschwister gewesen sein mussten.
Im Zellentrakt nebenan musterte Siria ihre aktuelle Kundschaft.
„Los! Was ist mit dem da?” Sie zeigte auf einen Zelleninsassen, der hinter den Metallgittern in einer Ecke kauerte.
Ihr Scherge geiferte: „Hochverrat!”
„Auf die Bank mit ihm!”
Wortlos holte der Kerkermeister den wild zappelnden Gefangenen aus der Zelle. „Nein, nein! Das ist ein Missverständnis! Ich bin doch nur Amone ein einziges …”
„Stopf ihm etwas ins Maul! Ich kann dieses Gejammer nicht mehr hören!” Ja, er war ihr vermutlich nur ein einziges Mal auf den Fuß getreten. Sie war sich sicher, dass er es nicht noch einmal tun würde. Mit einem dreckigen Lappen brachte ihr Häscher den Mann zum Schweigen und beförderte ihn auf die Folterbank. Feriosi stand nur stumm daneben, während der Kerkermeister den Delinquenten einspannte. Er begann, die Glieder des Gefangenen in die Länge zu ziehen.
Siria lächelte, a ls ob sie ihn verhören wollte! Wen interessierte, was er zu sagen hatte, sie wusste doch schon alles. Hochverrat? Nein, er war nicht schuldiger als sie alle, die seit Dekaden Amone erduldeten.
„Also dieser Gefangene hatte sich gestern gewagt, die Obere …”
„Schweig! Ich bin eine Schattenseherin, ich sehe die Wahrheit!”, fuhr ihm Siria barsch über den Mund. „Aber ich bin heute gütig. Gefangener, bekennst du dich schuldig, dann werde ich Gnade walten lassen!” Der Geknebelte nickte wild und schmerzerfüllt mit dem Kopf, während diverse Dinge in seinem Leib knackten. „Trag es wie ein Mann und blute mir gefälligst nicht den Boden voll.”
„Und?” Der Kerkermeister guckte sie stumpf an. Ein Zahnrad weiter und er würde ihm den
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