Ninis - Die Wiege der Baeume
knietiefen Schnee. Ihre Beine, gefühllos und kalt, versagten.
Müde, so müde! „Manoos, ich liebe dich. Gräme dich nicht über mein Ende. Lass mich los und lebe dein Leben!” Eine dünne Eisplatte bildete sich über den Wangen. Die Kälte nahm ihr alle Empfindungen. Das Tosen des Sturmes wurde leiser. Blind und taub verweilte Yirmesa in ihrem Inneren und wartete, bis das Eis sie durchdrang. Barfuß balancierte sie einen kleinen Bach entlang und hörte bereits ein leises Rauschen. Sie zog vergnügt weiter, während der Bach erwachte. Das verhaltene Brausen wurde allmählich lauter und wandelte sich zum Tosen eines nahenden Wasserfalls.
Sie lief durch den Bach, lachte und ihre Schritte ließen das Wasser zur Seite aufspritzen. Vor ihr traf sich der Bach mit vielen anderen kleinen Wasseradern, um ein Stück weiter an einer breiten Steinkante dreißig Fuß in die Tiefe zu stürzen.
Sie rannte los, als ob sie über Wasser laufen könne, nutzte sie Steine und schwimmende Holzstücke. Ihre Füße berührten die Kante des Wasserfalls, sie blickte in den Abgrund, sprang und riss die Arme nach vorne – das Wasser fiel schäumend in einen türkisfarbenen See.
Im Flug veränderte sich ihre Haut. Wie ein Panzer schützten sie nun unzählige kleine Schuppen, die dunkelblau aus der hellen Haut ragten. Es spritzte kaum Wasser auf, sie sackte entspannt auf den Grund und tauchte nicht mehr auf.
***
VII. Buch Ninis
„Opfere deinen Stolz auf dem Altar der Vergebung. Bring die drei Steine zusammen oder vergehe in der Dunkelheit!”
Fordernd stand Yirmesa neben ihrer fallenden Großmutter, während gelb rote Risse auf ihrer eigenen Haut aufglühten und das Blut von ihrer Hand bereits wie ein brennendes Seil bis zum Boden reichte.
***
Wer bist du?
Wie ein Tuch des Schweigens bedeckte das Moos die toten Bäume des Jabari. Entwurzelt, zerborsten oder von Flammen geschwärzt, Garia wusste nur zu gut was ihnen zugestoßen war. Zahlreiche Vögel und kleinere Waldbewohner benahmen sich allerdings, als ob das Jabarital nie anders ausgesehen hätte. Zudem bemühten sich viele junge Bäume die Lücken zu schließen. Yirmesa hatte ihm viel über ihre Welt erzählt: Er konnte sich beinahe jeden Baum vorstellen, stolz, groß und uralt. Der Krieg seiner Mutter war der falsche Weg gewesen, die Feuerkatzen gehörten nicht mehr in diese Welt. Er blickte in den Himmel: Wie ein filigranes Geäst spannten sich feine rote Konturen über den Bergen.
„Was ist das?” Er hatte noch nie solche Wetterlinien gesehen. Hoffentlich war das nur ein Gewitter. Bereits seit drei Tagen streifte er ziellos im Jabari umher. Er suchte einen Weg nach Mardana, wobei ihm nicht klar war, wie er das schaffen sollte. Er empfand inzwischen sogar die Waldstücke, die das Feuer damals verschonte, als trostlos und bedrückend.
Er blickte lustlos auf den Boden. Seine Pfoten schmerzten, er fühlte sich ausgezehrt. Warum hatte sie ihn weggeschickt? Er wäre mit ihr jeden Weg gegangen. Und jetzt befand er sich auf seinem Marsch in die Verbannung. Auch wenn er einen Pfad nach Mardana finden würde, was sollte er dort?
Sein Marsch führte ihn in den Westen. Hinter einer Senke sah er bereits den Geysir, der im langsamen Takt Wasserfontänen in die Luft schoss. Er blieb stehen und dachte nach. Ein kurzes Lächeln, die Gegend kam ihm bekannt vor.
Eben und dunkel, das Wasser hatte die vulkanischen Felsen mit der Zeit glatt gewaschen. Im tiefen Stand der Sonne wirkte das Gestein behaglich warm. Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu.
„Ich war schon mal hier!” Ja, er kannte diesen Ort. Ein Funke, er sehnte sich immer noch nach Yirmesa.
Neugierig untersuchte er die Gegend genauer. Gut vierzig Fuß breit erstreckte sich die Öffnung des Geysirs. Die Seitenwände fielen steil in die Dunkelheit ab, ohne dass er den Grund erkennen konnte. Das Tosen näherte sich erneut, Wasser stieg auf und schoss dicht vor ihm in die Höhe. Die heiße Gischt sprühte Garia ins Gesicht.
Etwas weiter fand er Tritte, die , leicht zu übersehen, aus der Wand ragten. Er konnte in der Tiefe kein Ende des Weges erkennen, als er die erste Stufe betrat. Hoffentlich war das nicht nur eine gewöhnliche Steinkante. Ein Fehltritt und er würde jämmerlich ersaufen. Der Abgang lag schon nahezu vollständig im Schatten der Sonne. Das Tosen sammelte sich abermals. Garia bewegte sich schneller und presste sich gegen die Wand. Weiße Schaumkronen schossen auf ihn zu.
„Mist!” Vor ihm befand
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