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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Schwertspitze unter das Kinn. Der Mann war definitiv kein Kinphaure. Noch ein Surnyake, noch von einem anderen der kinphaurischen Vasallenvölker, die Auric kannte. Er sah eher wie ein ganz normaler Bürger des idirischen Reiches aus. Vielleicht aus einer der Ostprovinzen.  
    „Du rührst dich nicht. Ein Mucks und du bist tot.“
    Hinter der Tür, durch die der Bartlose entflohen war, regte sich etwas, ein Huschen wie von aufgeschreckten Gestalten. Doch eher fliehend, nicht in seine Richtung.
    Der Bärtige gehorchte Auric, jedoch mit weniger Schrecken im Blick als er es sich erhofft hatte, und machte keine Anzeichen etwas zu tun oder sich nur zu bewegen. Genau wie der Senphora.
    „Ich denke, wir kommen so spät?“, bemerkte Auric. „Wäre es dann nicht Zeit, die Beine in die Hand zu nehmen und von hier zu verschwinden?“
    Der Senphora schwieg weiterhin, und allmählich dämmerte Auric, dass er nicht in sein Gesicht sondern auf einen Punkt hinter seiner Schulter blickte.  
    „Scheiße“, sagte Auric aus unerfindlich bestürztem Impuls. Ein kalter Hauch fuhr seine Schulterblätter entlang.
    Alles war mit einem Mal von kaltem Hauch erfüllt; dass er das vorher noch nicht bemerkt hatte. Eine Ader an seinem Hals flatterte unkontrolliert. Er drehte sich um.
    Es war kein Kinphaurentier. Es war etwas unendlich Bizarreres.
    Er blickte zuerst auf die Brust, denn das Wesen war groß. Dann glitt sein Blick nach oben und fand nichts, was einem gewöhnlichen Kopf geähnelt hätte. Jedenfalls nicht einem Menschenkopf.
    Zwei Augen fixierten ihn mit einer Kälte und Gleichgültigkeit, die Abgründen weit jenseits menschlicher Regungen und Belange entstammten. Sie saßen weit auseinander am Ende von waagerechten Auswüchsen, die wie aus Knochen oder Knorpel wirkten, und sich verdickend in einem ledrigen Stummelschädel zusammenwuchsen, in dem mehrere gestaffelte, weit geschlitzte senkrechte Knorpelfalten und Membranhäutchen bebend die Luft ein und aus pumpten. Darunter verbreiterte sich der Schädel zur Basis mit einem Maul, das aus mehreren einander umschließenden, knotigen Muskelringen bestand. Zu beiden Seiten wurde es von einem beständig klackernden Gewimmel größerer und kleinerer Greifwerkzeuge umfasst, unruhig miteinander ringenden Mandibeln oder Scheren gleich, eine Kolonie von Parasitenwesen, die ein rastloses, bizarres krabbelndes, widerstreitendes Eigenleben umtrieb.
    Der Körper darunter war übermäßig lang, dünn, wirkte wie gestreckt und abgezehrt. Er erinnerte ihn an einen aus seiner Tarnhaltung ausgeklappten Graustelzer. Nur hatte dieses Wesen hier nicht dessen graue, borkige sondern eine gelblich glänzende Haut, wie straff gespannte Schichten geölten Pergaments. Und die Verteilung der Gliedmaßen war hier anders. Es waren schlicht zu viele. Von der Schulter abwärts lagen grotesk lang gestreckte Arme entlang des Körpers angefaltet. Darunter ragte ein weiteres Armpaar vor, dieses kürzer, eher proportioniert wie die Extremitäten eines menschenähnlichen Wesens, doch merkwürdig verknöchert und gedrängt und sich zu wulstigen Gelenkknoten verdickend, so dass es wieder an die Formen von Schalentieren erinnerte.
    Auric starrte und starrte, und der Schock seiner Fassungslosigkeit nagelte ihn an der Stelle fest.
    Die Kreatur neigte ihren bizarren Kopf als würde er an der Wurzel abknicken, und die ihn fixierenden Augen blinzelten zum ersten Mal, jedoch jedes davon in seinem eigenen asynchronen Takt, und starrten dann wieder mit klinischem Blick, an Auric festgeheftet. Die Hautfransen am Rand der Atemschlitze flatterten in obskurer, Menschlichem fremder Erregung.
    „Ich habe doch gesagt, dass ich das nicht ertrage“, hörte er die Stimme des Senphoren hinter sich.
    Auric fand wie vom Schlag getroffen sein Reaktionsvermögen wieder. Er wandte sich wieder dem Senphora zu und zog dessen schlaffe Gestalt aus seinem Sitz. Der Bärtige stand regungslos daneben und lächelte nur ein dünnes Lächeln.
    „Los, hoch! Weg hier! Bewegen Sie sich!“
    Fast widerwillig folgte der Senphora Aurics Drängen.
    „So kommen Sie doch, verdammt! Los, raus hier!“
    Er zerrte hinter dem Schild den Senphora beiseite, aus dem Eintrittswinkel der Kreatur heraus, schwenkte die Schwertspitze in deren Richtung.
    Die Kreatur trat einen Schritt näher. Die Unterarme klappten wie von einer Mechanik betrieben waagerecht vom Körper hoch, die Finger falteten sich langsam, mit dem Knacken alten Leders, zu Spinnengliedern aus,

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