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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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eines weiteren Raumes zu.
    Er trat über dessen Schwelle und blickte sich verblüfft um.
    Dieser Raum war vollkommen intakt. Keine Einbrüche, keine Trümmer. Als wäre er in eine andere Welt getreten. Die Kammer war so eingerichtet, als wäre sie gerade von ihren Bewohnern verlassen worden.
    Mit Verwunderung und einem seltsam schwerelosen Gefühl in seinen Eingeweiden ging er zwischen Reihen von Stehpulten, von Buchgestellen hindurch, ließ er seine Hände entlang Blättern aufgeschlagener Folianten gleiten, blickte schließlich auf eine an der Stirnseite zwischen Buchvitrinen eingerahmte wandgroße Tafel, über und über mit Schemata und Tabellen in fremdartigem Zeichenskript beschrieben. Kreide lag noch schief darunter in einer Griffleiste, als hätte soeben noch jemand das Tafelbild vervollständigt. Der Geruch von Papier und Pergament hing hier schwer in der Luft. Lampen brannten an den Wänden.  
    Die Schrift, an der Tafel und auf den aufgeschlagenen Buchseiten, die sein Blick gestreift hatte, war Auric gänzlich unbekannt; ihr Duktus weckte keine Assoziation zu irgendeiner bekannten Kultur: Gerade Striche, offene und gefüllte Punkte, Kreuze oder Sterne, wenig Haken, wenig Schnörkel. Die Struktur der Zeichen jedoch erinnerte an die Inschriften der runden Steinplatte in der Eingangshalle: hierarchisiert geschachtelte und miteinander verwobene Symbolebenen. Erstaunlicherweise hatte sie nichts vom Gepräge der kinphaurischen Schriftzeichen, die ihm heute zum ersten Mal begegnet waren.
    Das war bemerkenswert, doch war er in Eile. Er erspähte eine weitere Tür, ging schnellen Schrittes darauf zu und hindurch.
    Der Mann war genauso verdutzt wie er, und starrte ihn aus großen, weiten Augen an, die in einem schmalen, bleichen und bartlosen Gelehrtengesicht saßen. Seine in einer selbstvergessenen Geste befangene Hand erstarrte in der Luft, die andere blieb wie gelähmt tief in der Tasche seines weiten, weißen Gewandes stecken. Keine Waffe.
    Der Mann, der so plötzlich vor Auric aufgetaucht war, wich instinktiv einen Schritt in den schmalen, halbdunklen Raum zurück, zwischen ausnahmsweise schlanke Pfeiler, kreisförmig um ein Zentrum angeordnet, deren Mittelschäfte wie dünne und langgestreckte hockende Wesen geformt waren, in einer stark abstrahierten Darstellungsweise, derart eigenwillig und verdreht von Standpunkt und Anschauung, dass schon ihr vager Anblick die Nervenenden harpunierte. Zwischen den Pfeilern hindurch sah man im Halbdunkel den Mittelpunkt, die zwei Meter über dem Boden hängende gewölbte Unterseite eines großen Zylinders, der aus der Decke in den Raum hinein ragte. Der Mann war allein. Er öffnete den Mund, wie um nach Worten zu suchen. Die kamen aber nicht über seine Zunge, stattdessen vernahm man ein Klackern. Aurics Blick fuhr automatisch zur Quelle des Geräuschs und er sah, dass die Hand des Mannes in der Manteltasche nervös mit irgendetwas herumspielte, so als würden seine Finger dort irgendetwas umherwürfeln.
    Auric wollte drohend das Schwert heben, ihn mahnen, ruhig zu sein und sich nicht zu rühren, da fuhr der Mann schon, wie von einer Sprungfeder geschnellt, auf dem Absatz herum und floh. Auric wollte instinktiv nach ihm greifen, aber behindert von dem Schild, den er an diesem Arm trug, erwischte er ihn nur mit dessen Kante am Rücken.  
    Er setzte hinterher, durch den Raum hindurch, an dessen Ende er vage Bewegung wahrnahm. Er stürzte, dem Mann dicht auf den Fersen, über den Schatten der Schwelle in beleuchtete Klarheit.
    Ein Mann, in ähnlichem weißen Gewand mit einem roten Zeichen auf der Brust wie der erste, auch von ähnlichem Typ wie dieser, abgesehen von einem säuberlich gestutzten Bart, stand neben einem Stuhl, in dem ein Dritter zusammengesunken kauerte, dieser in einem unscheinbaren, grauen Mantel mit Kapuze. Wie er bei Söldnern verbreitet war. Die Kapuze war zurückgeschlagen und verbarg so nicht länger die blaue Tätowierung, die zwischen den Augenbrauen begann und sich dann zum kahl rasierten Schädel hochzog.
    „Jetzt kommt ihr. So spät erst. Ich kann das nicht ertragen; das müsst ihr wissen“, sagte der Senphora. Er wirkte verstört und verwirrt. Also im Grunde ziemlich unverändert, fand Auric.
    Der flüchtende Mann, dem Auric zuerst begegnet war, entkam durch eine weitere Tür, so dass der Bärtige und der Senphora allein mit Auric im Raum zurückblieben und ihn anstarrten.
    Er schob dem Bärtigen mit einer einzigen raschen Bewegung die

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