Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
blinde, wutverzerrte Fratze aggressiver Stumpfheit, primitiv gewalttätiger Ignoranz, die er von den Torffeuern seiner Heimat kannte. Er sah in diesen Augen den von verbohrtem Schwachsinn vernebelten Hass, der nach Plünderzügen schrie, nach Totschlag und Vergewaltigung und dem Niederbrennen von Dörfern. Der gleiche Ausdruck wie im Gesicht ihres Truppführers Kaustagg: ein Mann, der den Zenit seiner Körperkraft überschritten hat, der sich an seinen chauvinistischen Hasstiraden und den Gewalttaten berauschte, zu denen er andere antrieb. Der gleiche Ausdruck wie auf so vielen Gesichtern, jung oder alt, Sohn oder Vater.
Ein Teil von ihm, ein entrückter Teil, der unabhängig und automatisch funktionierte, registrierte weiterhin die Haltungen und Bewegungen seiner Gegner. Der andere, vordergründige Teil seines Bewusstseins jedoch hörte nur noch die Stimme des Steinmetzen, sah nur noch seine hasserfüllte Fratze.
Das ist die Hölle, die du geglaubt hast hinter dir gelassen zu haben.
Gebleckte schiefe, gelbe Zähne zwischen dünnen, verächtlich verzogenen Lippen. Wütend geschlitzte Augen, darin der stumpfe, böse Blick eines Masttiers über den Koben hinweg, das ansatzlos zwischen den zwei ihm bekannten Trieben wechselt, von Fressen zu Töten. Die Worte dröhnten in seinem Kopf, kamen nicht länger aus dem Mund des Steinmetzen; der bewegte nur noch die Lippen dazu.
„… wärst besser in deinem Land im Norden an der Krätze verreckt. Statt hier nach Sevrening zu kommen und den armen Felker umzubringen. Alles, was dir dein verdammter Ausflug zu Reichtum und in zivilisierte Länder eingebracht hat, ist, dass dein Arsch jetzt in der Scheiße hängt, du dämlicher Ziegenficker. Denn, Scheiße nochmal, dein verdammter Arsch, du Barbarendrecksack, gehört jetzt uns! Deine Mutter ist wahrscheinlich krepiert, als sie gesehen hat, was für ein Stück Rinderscheiße sie da in die Welt gesetzt hat, und jetzt schicken wir dich ihr hinterher!“
Siedende Galle kochte bei der Erwähnung seiner Mutter zu Aurics Augen hoch, verdunkelte sein Gesichtsfeld und löschte alle Klarheit aus. Ein Zucken – er registrierte es in den Augen dessen, der da vor ihm stand und dessen Lippen sich ununterbrochen plappernd bewegten; sie schlitzten sich für einen Sekundenbruchteil stärker, wurden noch schmaler. Ein unkontrollierbares Zucken des eigenen Mundwinkels – Auric bemerkte es entfernt. Im gleichen Augenblick als sein Gegenüber auf ihn zusprang, spürte auch er seinen Körper, wie eine aus der Spannung entlassene Armbrustsehne, losschnellen.
Etwas Kaltes, Instinktgetriebenes übernahm die Kontrolle über seine Körperreflexe. Eine Zeitlang spürte er nichts mehr sehr bewusst. Nichts als ein wildes, verdichtetes Knäuel von rasender Bewegung und eingeprägten Reaktionen, eingeübten Zügen und kalten Reflexen, durchschossen von Schreien und Blut. Es würde sich auffalten, dieses verschlungene Gewirr, zu einem anderen Zeitpunkt, einem Danach, es würde sich auffächern und zergliedern lassen in mit erschreckender Klarheit festgehaltene Augenblickssplitter, so viele davon, dass sie alle zusammen gar nicht in die kurze Dauer des tatsächlich vergangenen Zeitraums hinein zu passen schienen.
Alles entflocht sich wieder. Die Welt lichtete sich mit plötzlich hereinbrechender Kälte auf. Auric hörte seinen Schrei in der Gasse widerhallen. Erneut? Noch immer? Als wäre dazwischen gar nichts passiert.
Er sah die Klinge seiner Axt sausen. Sie hackte tief in den Hals des Steinmetzen hinein. Sie durchschnitt den Halsmuskel wie das satte Fleisch eines Steaks, traf dann auf Widerstand und blieb stecken. Der Steinmetz schaute blöde wie ein Ochse. Das Gewicht seines schlaffen Torsos zog Aurics Arm mit der Axt nach unten; nur ein Arm und ein Bein zuckten noch ein paarmal merkwürdig. Die Axtklinge hatte sich zwischen den Knochen der Wirbelsäule verkeilt und er stemmte einen Fuß in die Seite des Steinmetzen und musste sie mit Gewalt herauszerren. Mit einem Ruck kam die Klinge frei, der Körper klatschte in den Dreck, und Auric hörte sein eigenes schweres Keuchen.
Du hast gelernt, wie man das richtig macht. Inzwischen müsstest du das hinkriegen. Also tu es!
Er hob die Axt über der Kopf. Er musste wohl noch einmal zuhacken. Er zielte auf den Hals, ließ die Axt herabsausen und spürte diesmal, wie die Axtklinge den Widerstand der Knochen mit einem trockenen Knirschen brach, durch den Rest des Fleisches glatt in den
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