Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Schmerz durchfuhr seinen Arm, als sich die Fänge durch die Polsterung unter den Kettenringen und in sein Fleisch bohrten. Scheiß auf das Schwert, du brauchst eine Klinge – jetzt! Seine Hand schoss zum Gürtel, fand das Langmesser, riss es heraus, versuchte trotz des Schmerzes mit der Kraft des Arms dem Herumwerfen des ungeschlachten Kopfes entgegenzuwirken, ihn zu fixieren und stieß die Klinge in das rohe, schwarze Wolfsgesicht. Das Vieh röhrte. Er sah einen dunklen Schlund und eine Masse spitzer, langer Zähne, eine Woge von Gestank und Hitze brandete ihm aus den Kehlentiefen entgegen. Das Messer wurde seiner Hand entrissen. Das Vieh warf sich vor Schmerz herum. Er strampelte wild mit Armen und Beinen, hektisches Gekrieche, um aus dem Schatten des sich bäumenden zottigen Untiers zu kommen. Das Messer stak im Auge des Wolfsbiestes. Nicht tief genug. Nicht bis ins Hirn. Seine nach hinten greifende Hand traf auf Hartes, Kaltes – Schepperndes. Sein Schwert, da war es. Er griff es, wollte hoch, doch da bäumte sich das Vieh erneut auf und warf sich in seine Richtung. Schwer krachte die rohe, dunkle Masse auf ihn ein, sein Hinterkopf knallte hart gegen den Boden. Weißes Feuer schoss durch Kopf und Wirbelsäule – doch diesmal hielt er sein Schwert. Wieder Zähne und Geifern, rasend vor Wahnsinn und Schmerz, bluttriefende Kiefer, die sich um sein Gesicht schließen wollten, darüber der schwere, dunkel zottige Buckel des Rückens. Aus dem plötzlich ein Speer herauswuchs. Das Vieh brüllte.
Kiefer, geifernde Fänge rollten zur Seite weg, bäumten sich hoch. Das Vieh warf sich empor in Richtung des Feindes, der ihn in die Seite gebissen, der ihm Schmerzen zugefügt hatte.
Hinter dem Biest stand Kudai, erwartete es, hatte jetzt aber nur noch sein Schwert, das er wie einen Speer zum Stoß hielt.
Alte Jagdgeschichten aus dem Norden schossen Auric durch den Kopf, von Bärenjagd, von sicheren, tödlichen Stößen. Tolle Sache, wenn das Vieh nur still hielt.
Das Wolfsbiest mit seiner dunklen, muskelbepackte Masse stand vor Auric und fixierte Kudai: durch all den Ruß fast so dunkel wie es selbst, doch klein und schmächtig gegen den massiven, pelzstarrenden Körper, unruhige Augen zu Schlitzen, Schwert als Ersatzspeer von rechts nach links suchend schwenkend, Arme, Beine in Bewegung, verbissen Ausschau haltend nach einem möglichen Angriffswinkel. Für diesen einen Moment vor der Attacke – verharrte das Biest …
Und Auric warf sich in dessen Richtung, sprang auf den schwarz bepelzten Rücken, kam mit schwerem Ruck richtig auf, krallte sich, bevor es ihn wieder abwarf, mit einer Hand im Fell fest. Das Biest wand sich; er umschlang mit den Beinen seine Rippen, klammerte seine Schenkel fest herum. Ließ das Fell los, um das Schwert mit beiden Händen zu greifen, es zum Schwung wie einen Spieß hochzuziehen. Seine Augen suchten die Stelle im Nacken, am Schädelansatz, fixierten sie. Dann trieb er das Schwert mit aller Kraft die er hatte wie einen stählernen Dorn tief hinein in den Schädel. Durch den Muskel, durch das Knirschen. Ins Hirn.
Ein Rucken ging durch die kraftstrotzend kompakte Masse, dann ein wildes Aufbäumen. Auric wurde vom Rücken geschleudert, rollte durch halberstickte Flammen. Ein Röhren, das anschwoll, gellte – und dann plötzlich abbrach.
Auric rappelte sich auf und sah über den Kadaver des Wolfsbiestes Kudai an. Der grinste dreckig und meinte: „Das Vieh musste weg! War der Unsicherheitsfaktor.“
Kudai zog seinen Speer aus dem toten Biest, und es war ihm anzusehen, dass er froh war, seine Lieblingswaffe wieder zu haben. Auric selber hatte, anders als Kudai, unvorschriftsmäßig das streitkeulenförmige Gegengewicht entfernt, das die Waffe zum optimalen Fechten ausbalancierte; zum Fechten hatte er, anders als die Idirer, sein Schwert – aber so, wie der Speer jetzt war, taugte er als eine Wurfwaffe.
Er ließ seinen Blick rasch umherschwenken, um sich einen Überblick zu verschaffen, um in das Chaos, das um ihn tobte, einen Sinn zu bringen. Die schwarzgepanzerten Elfen schlugen furchtbar zu. Ihre eigene Front gegen sie – wenn sie je bestanden hatte – war aufgerissen und zersplittert. Im chaotischen Terrain von noch immer brennenden Bäumen und Buschwerk wurden seine versprengten Kameraden zurückgetrieben und in die Zange genommen. Khuon-Nai ging unter den Schwerthieben dreier Spitzohren nieder, sie prügelten und hackten ihn zu Boden. Ein Kamerad, der neben ihm gefochten
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