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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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mit dem ersten Gegner. Er war dahin unterwegs, wo es keine Schmerzen mehr gab.  
    Jede Sekunde ein Geschenk; er musste ihnen mit seinen verbliebenen Sekunden so viel Zeit kaufen, wie irgend möglich war.  

    Er lief im Trupp seiner Kampfgefährten über den Wall, auf den nächsten Befestigungsturm zu. Die Welt schwankte im Laufen. Irgendwo neben ihm war Jag, war Kudai. Hinter Kudais laufender Gestalt blitzte durch den flatternden Schleier, der um seine Sinne war, der Ausblick auf die Leere jenseits des Wallganges auf.
    Er hatte solche Schmerzen, dass er Schwierigkeiten hatte, überhaupt etwas wahrzunehmen. Dann auch noch um seinen Kopf die Panzerkappe, die seinen Ausblick auf die Welt auf einen Schlitz reduzierte. Alles war wie ein weißglühender Tunnel durch einen schwarzen Brocken von Fels. Mit einem Treffer so nah am Kopf fühlte sich der ganze Schädel wie eine einzige schwärende Feuergrube an, als würden die Kieferknochen, Wangen, Nase, Augenhöhlen langsam vom Schmerz wie von einer Säure zerfressen.
    Er musste den Helm vom Kopf haben. Er brauchte Luft. Er wurde wahnsinnig. Er war ohnehin tot. Wozu sich dann noch Sorgen um Schutz durch einen Helm machen.
    Er riss sich die schwarze, starre Hülle herunter. Luft strömte an sein Gesicht.
    Jag vor ihm stürmte durch die Tür des Befestigungsturms, er hinterher.
    Drinnen waren Wachen, eine stürzte auf ihn zu. Das Schwert hoch. Parieren. Der Aufprall der Schwerter, der durch seinen ganzen Körper ging. Ein schneller Schlagabtausch. Sein fehlender Helm verleitete seinen Gegner zu hohen Hieben. Zu hoch. Er tauchte weg und stieß seinem Gegner zwischen Brustpanzer und Helm die Klinge in den Hals. Hals und Kopf eine einzige Grube des Schmerzes. Ob Bewegung oder nicht, machte keinen Unterschied mehr. Das verdammte Ding durch seinen Hals – jetzt wo der Helm ab war, sah er es nur noch deutlicher – ständig ragte es, bei jeder Bewegung mitschwankend, in den Rand seines Blickfelds. Bei Bewusstsein bleiben – solange es geht bei Bewusstsein bleiben. Wie eine Klinge durch den Schmerz hindurchschneiden.
    Ein enges Knäuel von nachrückenden Körpern in der staubigen Düsternis, die nach bitterem Vogelkot stank.
    „Keiler Drei, du verrammelst die Tür hinter uns!“
    Dann wieder Licht und Laufen, der nächste Wallabschnitt. Der letzte Wallabschnitt: Dort hinten lag das weit vorspringende Außenwerk, der Aufgang mit der Plattform davor. Ihr Ziel.
    Gestalten am Aufgang zu dem Außenwerk. Ein Trupp Kinphauren. Kamen halb herunter. Erwarteten sie am Kopf des Aufgangs. Noch mehr Kampf. Wie abzusehen war. Wie viel Zeit blieb ihnen noch, bis die Schnur im Spulenzünder herunterbrannte?
    Er blickte sich um, in Richtung der Bastion. Das Ding in seinem Hals steckte wie ein zusätzlicher, nicht vorgesehener Knochen, der die seines Nackens blockierte. Er ging nicht durch Kehlkopf oder Luftröhre – er konnte noch atmen. Keuchend fasste er aus einer einzigen Masse von Schmerz den übel zusammengeschmolzenen Rest ihres Trupps in den Blick.  
    Czand hing schwer auf der Schulter eines Kameraden, den er wegen des Helmschutzes nicht erkennen konnte. Sie ging kaum noch selber, sie wurde mitgeschleift. Jag. Kudai. Keiler Drei. Umanákhu, der sich auch nur schwerfällig vorwärts schleppte. Vortig. Stupps. Einer, der am Helm keinen Gesichtsschutz mehr trug, und – so glaubte er sich zu erinnern – Fjellwaic hieß. Ikun ebenfalls noch dabei, anscheinend unverletzt. Das Ganze war von Anfang an eine Selbstmordaktion gewesen. Jeder mit einem Funken Verstand hätte das wissen müssen. Jag hatte es gewusst, und den hatte er überredet trotzdem mitzumachen. Er sah vor seinem inneren Auge Leichen von halbwüchsigen Jungen, blutig und verstümmelt in einem Weinberg verstreut, verheddert und von Speeren durchbohrt in den Verspannungen der Rebstöcke hängend.
    Jede Sekunde ein Geschenk. Bring so viele wie möglich von ihnen hier raus!
    Irgendwie war er noch immer auf den Beinen, und irgendwie stürmte er mit den anderen auf die Verteidiger des Außenwerks zu. Er versuchte zu schreien, irgendetwas Aufputschendes, was seine Leute antrieb, aber da brüllte nur Schmerz auf in der dröhnenden, aufgequollenen Masse, zu der alles von seinen Schultern aufwärts geworden war, nur ein raues Krächzen war zu hören. Vielleicht hatte er tatsächlich etwas gesagt, aber er konnte es durch den glühenden Ball von Schmerzen nicht erkennen. Er versuchte, dieses dröhnende Wühlen zu etwas zu machen, das ihn

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