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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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jetzt alle tot.“
    Alle tot?
    Er blickte sich um. In Richtung der Stimmen. Er sah die Gestalten von Jag und Ikun dort im dichten, von ihrem Fall niedergebrochenen Buschwerk liegen. Er folgte dem Bogen seines Blickes weiter und sah eine andere schwere Gestalt – Umanákhu – und eine kleinere dicht beieinander. Kudai?
    Er stemmte sich probeweise mit einem Arm hoch. Es schmerzte – ein weiterer Tropfen in der großen See des Schmerzes –, aber es gelang ihm. Also rappelte er sich auf die Knie und kroch zu den beiden Gestalten hinüber. Die kleinere war tatsächlich Kudai.
    Er blickte ihn aus glasigen Mausaugen an. Er hätte einiges dafür gegeben, auch jetzt das unverschämtes Grinsen auf seinem Gesicht zu sehen, aber da war keins, nur schweres, keuchendes Atmen warf den Schatten der Anstrengung, die es ihn kostete, auf seine Züge. Da glomm schließlich immerhin der Versuch eines Grinsens auf, als er Aurics Gesicht über sich erkannte. „Mach dir keine Vorwürfe.“ Seine Stimme kam rasselnd und mühsam. „Du machst dir wieder Vorwürfe, das seh‘ ich doch. Du, mit deinem Armbrustbolzen durch den Hals. Du weißt doch: Inaim hält seine Hand über mich.“
    Er nahm wahr, dass jemand neben ihm und Kudai in die Hocke ging. Es war Jag. Er blickte Kudai mit tiefernstem, besorgten Blick an. Kudais Arme sahen furchtbar aus.  
    Zwischen Splittern und Fragmenten von schwarzen Panzerplatten sah man nur noch blutige Massen von zerfetztem, herabhängendem Fleisch. Das sie noch etwas bildeten, das man Arm nennen konnte, war wahrscheinlich nur den Resten des Armpanzers aus Drachenhaut und den Armknochen zu verdanken, die alles zusammenhielten. Die Sehnen und Muskelstränge waren durch die Klingen, die aus den Armen der Ankchorai gesprungen waren, überall durchtrennt und aufgeschlitzt.
    Kudai redete währenddessen ununterbrochen weiter.
    „Wie ich dir gesagt habe: Wir schaffen das. Wir haben diese Aktion erfolgreich durchgezogen, und wir haben überlebt. Ich habe es dir doch gesagt: Ich werde es zu was bringen. Nach dieser Sache werden wir alle die Helden des Tages sein. Inaims Hand hat mich durch all das geführt. Jetzt stehen mir die Türen offen, um beim Militär Karriere zu machen. Weil ich bereit bin, Opfer dafür zu bringen.“
    Jag beugte sich nah zu Auric hin, brachte seinen Mund nah an sein Ohr.
    „Der wird nie mehr ein Schwert halten. Oder einen Speer. Wahrscheinlich wird er mit den Armen überhaupt nie mehr etwas machen können.“
    Eine Bewegung am Rand seines Blickfelds ließ ihn herumfahren. Keiler Drei kam schwerfällig rückwärts stapfend durch das Buschwerk gebrochen und schleppte Czand hinter sich her. Sie zeigte kein sichtbares Lebenszeichen.
    „Inaim ist bei mir“, hörte er Kudai wieder sagen, während er spürte, wie eine neue Welle von Kälte und Dunkelheit über ihn hinweg ging. Die Welt sackte weg und verlor sich in einem taumelnden Nebel. „Ich habe ihn erwählt und er hat mich erwählt“, klang Kudais Stimme weit her. „Und er hat dafür gesorgt, dass ich hier rauskomme.“ Er versuchte mit seinem verschwommenem Blick Kudai zu fixieren und sah, dass dieser ihn anblickte. Er wusste nicht, war es bloße Sinnestäuschung, jedenfalls glaubte er das alte Grinsen wieder auf Kudais Lippen liegen zu sehen.
    Jag hob plötzlich zur Stille mahnend die Hand. Dabei drehte er den Kopf, als lausche er auf etwas.
    Nach einigen Momenten des Hinhorchens hörte Auric es auch. Das Donnern der Explosionen war erstorben. Die Feste, das schwarze Monstrum, kauerte noch immer über ihnen auf den Felsen, doch seine Flanke brannte lichterloh. Über dem Prasseln und Brodeln der Flammen, die aus der in den Ring der Vorbollwerke gerissenen Bresche in den Himmel stiegen, war ein anderes Geräusch zu hören. Es war ein ferner Lärm, von weit her, aus Richtung des südlichen Hügelkamms, etwa dem fernen Donnern einer Brandung ähnlich. Es war das Gebrüll aus unzähligen Kehlen.
    Crussav hatte sich also nicht abwimmeln lassen. Seine Hartnäckigkeit hatte sich durchgesetzt, und er hatte dem Oberkommando Aurics Nachricht überbracht und die Entscheidungsträger überzeugt. Die Fackel auf den Vorbollwerken von Jhipan-Naraúk war angezündet worden; der Angriff der Sechzehnten hatte begonnen.
    Auric fühlte eine Kälte seine Beine hinaufsteigen. Er spürte, wie sie taub wurden und unter ihm nachgaben. Aber es kümmerte ihn nicht mehr, denn die Kälte stieg schnell weiter, erreichte seinen Kopf, fuhr ihm zwischen die

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