Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Nasenwurzel und breitete sich weit und taub in seinem Schädel aus.
Die dunklen Tiefen schlugen ein drittes Mal über ihm zusammen.
Sprachen
Etwas hatte Auric aus seinem flachen Schlummer geweckt.
Es war schon fast dunkel. Der Himmel hinter den hohen Fenstern war nur noch in ein letztes vages Glühen getaucht, schwer und fiebernd vor Schnee. Er war wohl eingeschlafen, kurz nachdem seine Zuhörer ihn verlassen hatten. Jetzt musste es später Nachmittag sein, und eine lange Winternacht löschte mit schleichender Macht den Tag aus.
Spätestens jetzt war der Riaudan-Pass über die Drachenrücken durch Eis und Schnee unpassierbar geworden. Was dort war, blieb jetzt auch dort, was diesseits war, saß diesseits fest. Niemand konnte daran mehr etwas ändern. Er ohnehin schon längst nicht mehr.
Der Ninra Cedrach hatte gemeinsam mit Darachel an seinem Bett gesessen und mit großem Interesse gelauscht, während er von dem Kampf auf den Vorbollwerken von Jhipan-Naraúk erzählt hatte.
Es machte ihm nichts aus.
Darachel hatte ihn zuvor gefragt, ob ihn die Gesellschaft störe oder ob es ihm widerstrebe, wenn jemand außer ihm die Geschichten aus seinem Leben höre.
Kein Problem, hatte er erwidert. Nicht, was diese Episoden aus seinem Leben betraf. Er würde gewiss an Punkte kommen, die er nur in der Gesellschaft von Darachel berühren wollte, von jemandem also, der die Gesamtheit, das ganze Gespinst dessen, was sein Leben bis zu diesem Zeitpunkt ausmachte, kannte. Aber das war nicht an diesem Tag gewesen.
Es schien tatsächlich so, als würde er sich allmählich an die Ninraé gewöhnen. Er wusste nicht, ob das Gefühl ihrer Fremdartigkeit jemals vergehen würde, aber er fühlte sich in ihrer Anwesenheit nicht mehr auf eine verstörende Weise berührt. Daher seine Bitte gegenüber Darachel.
Er spürte jetzt, er war dadurch wach geworden, dass jemand anderes im Raum war. Er wendete den Kopf, sah Darachels Schatten im Dunkel vor dem Flirren der Fresken.
„Sie sind aufgewacht, Auric?“ Er trat an sein Bett, setzte sich neben ihn hin. „Ich wollte Sie nicht stören.“
„Sie stören mich nicht. Ich bin nur eingeschlummert.“
„Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass die Versammlung der Enthravane keine Einwände dagegen hat, dass ich Ihnen unsere Sprache beibringe.“
Keine Einwände, dass er dem Menschenmann, den sie bei sich aufgenommen hatten, die Physis-Sprache beibrachte. Aber mehr nicht.
Er hatte es mit den Enthravanen besprechen müssen. Es ging kein Weg daran vorbei. Etwas derartiges eigenmächtig zu beschließen und zu tun, hätte nicht verborgen bleiben können und wäre keinesfalls toleriert worden. Viankhuan hielt es sogar für eine so schwerwiegende Angelegenheit, dass es die Entscheidung des ganzen Rats der Enthravane erforderte.
Auric hatte, als er an diesem Tag mit seiner Erzählung geendet hatte, interessiert zugehört, als sich Darachel mit Cedrach, bevor dieser den Raum verließ, noch in ihrer Sprache unterhalten hatte. Dann als er wieder mit ihm allein war, hatte Auric ihn angesprochen.
„Sie lernen von mir viel über meine Welt. Aber ich würde auch gerne die ihre verstehen. Doch dafür ist Sprache der Schlüssel. Ich würde gerne ihre Sprachen lernen. Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie die Ninraé denken und wer sie sind. Ich möchte sie besser verstehen.“
Darachel hatte daraufhin Viankhuan aufgesucht und hatte mit ihr über Aurics Bitte gesprochen. Und Viankhuan war noch am gleichen Abend, mit dem Verdikt der Enthravanen zu Darachel zurückgekehrt.
Nur die Physis-Sprache, so hatte sie ihm mitgeteilt. Keinesfalls die beiden anderen Sprachen. Die physische Welt war die Domäne der Neuen Menschen. Dort lagen ihre Grenzen. Alles andere war ein Geheimnis, das ihnen zur rechten Zeit zukommen würde.
So sagte sie, aber Darachel vermutete mehr dahinter. Er konnte sich vorstellen, was Cenn-Vekanen zu dieser Sache vorzubringen hatte. Er konnte seine Argumente dazu, den Ton, mit dem er sie vorbrachte, geradezu hören.
Auric wollte verstehen, genau wie er selber.
Was konnte daran falsch oder gefährlich sein?
Fünftes Buch:
Die Hohe Universität
Strandgut
Im flachen Licht eines frühen Morgens, wenn noch niemand wach war außer den Fischern auf ihren fern dort draußen schaukelnden Booten, folgte er dem langen seichten Bogen des Strandes bis dieser immer schmaler und felsiger wurde und zur Landzunge mit dem Leuchtturm an ihrem Ende hin anstieg. Er saß dort,
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