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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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über historischen Fiktionalismus in der idirischen Literatur verfasst hatte. Er analysierte und verglich die Darstellungen der Angverianischen Kriege in den verschiedenen Nationalliteraturen bis hin zu den Bruchstücken, die auf Übersetzungen aus den Schriften der Ninrevölker beruhten, interpretierte die in dieser Zeit angesiedelten Novellen und Romane im Hinblick auf ihr Geschichtsbild. Er hatte in der Bibliothek der Universität Zugang zu allen Schriften, von denen er sich bisher keine Ausgaben hatte leisten können und deren Texte ihm deshalb bisher unbekannt geblieben waren.
    Sein Traum war wahr geworden.

    Es war vor seiner Aufnahme an einer Universität umstritten gewesen, ob die alte Tradition eines freien Studiums für ehemalige Offiziere sich auch auf Angehörige der Sechzehnten ausweiten ließe. Es wurde die Meinung vorgebracht, die Sechzehnte sei doch nur ein Vehikel, um ausländische Soldaten in die Armee aufnehmen zu können, die Einbürgerung nur das Mittel dazu, die Bedingung dazu pro forma zu erfüllen. Wenn ihr Bürgerstatus aber nur eine notwendige Formsache sei, sie in der Armee zu behalten, dann sei es äußerst fraglich, ob tatsächlich alle Bürgerrechte in vollem Maße auf sie anzuwenden seien.
    Anscheinend hatte es für Aurics Ambitionen bisher noch keinen Präzedenzfall gegeben. Einer, der nicht aus der Riege von Beamtenoffizieren sondern aus den Reihen einfacher Soldaten kam, zum Offizier aufgestiegen war und danach studieren wollte – ein Barbar noch dazu – war bisher ohne Beispiel geblieben.
    Doch jemand musste sich aus den oberen Rängen – die ja auch Beamte der Verwaltungshierarchie waren – für ihn eingesetzt haben, denn nach anfänglichem Widerstand schien plötzlich das Umstrittene doch möglich zu sein. Vielleicht war es Silgenja gewesen, vielleicht die Syndikus-Majorin aus Vaidamien, vielleicht sogar General Kelam selber.
    Jedenfalls spürte er, nicht zuletzt durch diese Fürsprache und das Vorbild der alten Tradition von Beamtenoffizieren, die Verpflichtung, hier neben dem Literaturstudium auch etwas Praktisches zu lernen. Er schaute sich die Lehrpläne an und überlegte, was ihn interessieren würde. Gesetzeslehre war ihm zu trocken, für Theologie konnte er sich bei bestem Willen nicht erwärmen. Architektur und Naturwissenschaften interessierten ihn, doch wenn er mehr davon begreifen wollte, würde er lieber nach draußen ins Land zu den Architekten und Handwerkern gehen, den Leuten, die ihr Tageswerk mit diesen Dingen bestritten und in ihrem Alltag nah an der tatsächlichen Materie waren.
    Er schrieb sich bei Militärgeschichte ein.
    Das einzige, was ihn sonst noch wirklich interessiert hätte, war, mehr darüber zu erfahren, was es mit den Techniken der Kinphauren, die er in seiner Militärzeit erlebt hatte, auf sich hatte. Es gab so etwas wie Wächtergeister. Es gab sie tatsächlich, diese Phänomene. Sie existierten. Er hatte sie gesehen, er hatte sie erfahren. Und sie waren handhabbar. Er war zwar bisher auf keine Anhaltspunkte gestoßen, dass jemand hier darüber forschte oder Vorlesungen hielt, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass man an den Universitäten des Reiches diese Facetten der Realität einfach ignorierte. Also welcher Fachbereich konnte ihm darüber etwas berichten? Und was konnte die idirische Wissenschaft überhaupt dazu sagen?
    Er sprach den Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät, als er ihn eines Tages in den Fluren vorbeigehen sah, darauf an.
    Der maß ihn mit einem Blick kühler Herablassung von oben bis unten, schien dabei besonders an seinen Narben hängen zu bleiben.  
    „Junger Mann“ – Auric hatte den Eindruck, er sprach mehr zu seiner inzwischen gut vernarbten Halswunde als zu ihm selber – „sie können froh sein, dass Sie an dieser Universität sein dürfen und dass man Sie ernst nimmt. Treiben Sie es nicht zu weit!“
    Mit diesen Worten drehte er sich auf der Stelle um und schritt weiter den Gang entlang. Kurz vor einer Treppenflucht drehte er sich noch einmal um.
    „Wenn Sie sich für Dinge metaphysischen Gehalts interessieren“, warf er ihm über die Schulter hinweg zu, „dann sollten Sie sich vielleicht bei der Senphoren-Akademie bewerben“
    Sein verhaltenes Kichern hallte hohl und spröde in der steinernen Tiefe des Ganges wieder, als er schon um die Ecke gebogen war. Anscheinend hielt der Dekan das für einen ausgezeichneten Scherz.
    In Auric blitzte die Erinnerung an ein Gespräch auf, das er mit Jenric in

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