Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
scheint naheliegend. Auch ich …“
„Es ist ein Seelenstein.“ Darachel bemerkte, wie sich die Gesichter ihm fragend zuwandten. „Das muss es sein.“ Er hatte niemals gedacht, dass er so etwas irgendwann einmal zu Gesicht bekommen würde. „Solche Artefakte werden in der älteren Literatur erwähnt“, erklärte er, ohne dabei seinen Blick von dem Gebilde reißen zu können. „Im Zusammenhang mit bestimmten Techniken und Wesen. Doch werden dabei weder diese Techniken noch die Verwendung solcher Objekte jemals genauer erklärt. Entweder setzte man das Wissen darüber als gegeben voraus, oder man hatte keine Kenntnis darüber, wie solche Dinge von der anderen Seite bewerkstelligt wurden. Nur aus dem Kontext heraus kann man gewisse Schlüsse über die Art und Weise dieser Techniken und ihres Einsatzes ziehen.“
Er blickte wieder in die Runde, in das Gesicht Nadragírs, dessen Blicke sich erwartungsvoll und begierig in seine bohrten, fing jedoch auch aus den Augenwinkeln den knappen, warnenden Blick auf, den Bruc ihm zuwarf. Dies ging in gefährliche Bereiche. Solche, über die sie beschlossen hatten, vorerst Schweigen zu bewahren.
„Ich will nichts Falsches sagen“, merkte er daraufhin rasch an, „denn ich kenne mich nur unzureichend auf diesem sehr speziellen Gebiet aus.“ Enttäuschung machte sich daraufhin schlagartig auf Nadragírs Gesicht breit, aber auch – täuschte er sich darin? – eine Spur argwöhnischer Wachsamkeit. „Ich möchte deine Spekulationen nicht durch Fehlinformationen in falsche Richtungen lenken“, beeilte er sich hinzuzufügen. „Ich werde mich kundig machen, mich in die entsprechenden Schriften vertiefen, und dich dann über das, was ich gefunden habe, in Kenntnis setzen.“
Was war das für ein Blick bei Nadragír gewesen? Auch Bruc hatte ihn anscheinend bemerkt. Er löste sich bei Nadragír bald in einen unbestimmten Hauch wissender Ironie auf, der über dem weiteren Verlauf ihrer Unterhaltung lag, während sie über die Rätsel diskutierten, die ihnen dieser Kunaimrakörper aufgab.
Nadragír wies sie auf Verletzungen hin, welche die Kreatur an ihrem Hals davongetragen hatte.
„Das hier sind schwere Beschädigungen, die das Wesen schon vor eurem Kampf mit ihm davongetragen haben muss. Doch bei all dem ist noch etwas zu erkennen, das ursprünglich einmal ein funktionierender Stimmapparat gewesen sein muss.“
„Die Kreatur konnte sprechen?“, fragte Cedrach verwundert.
„Jedenfalls war, soweit ich das erkennen kann, dieser Stimmapparat so ausgelegt, dass er differenzierte Laute hätte hervorbringen können, wie eine komplexe, ausgeformte Sprache sie erfordert. Ob diese Kreatur dazu geistig in der Lage war …“, Nadragír zuckte die Schultern, „… dazu kann ich nichts sagen.“
Als schließlich Nadragír sie zum Ausgang des Kammernkomplexes begleitete, nahm er sie dort in einem stilleren Winkel beiseite.
„Etwas anderes ist mir noch bei der Untersuchung des Kunaimra merkwürdig vorgekommen“, eröffnete er mit einer Beiläufigkeit, die Darachel erneut aufmerken ließ. „Ich habe die Wunden untersucht, durch die diese Kreatur zu Tode gekommen ist. Darunter sind auch verschiedenartige Verbrennungsreaktionen im oberen Torsobereich, verbunden mit verwandten Phänomenen. Zunächst nahm ich an, es handele sich dabei um sekundäre Reaktionen aufgrund einer vorherigen primären Einwirkung und deren Folgen, also ein zerstörerischer Prozess, der sich aufgrund einer vorherigen äußeren Verletzung durch das Gewebe und die Organe des Wesens fortgepflanzt hat. Die Spuren, die ich dann fand, deuteten jedoch darauf hin, dass es sich in Wirklichkeit um die Spuren der eigentlichen primären Einwirkung handelt, eines unmittelbarer Impulses der Zerstörung, der von außen gekommen ist.“ Er hielt inne, blickte sie mit seiner fuchshaften Intensität an. „Merkwürdig, was?“
„Das wäre dann wohl nicht das Einzige, was sich im Zusammenhang mit dieser Kreatur als merkwürdig erweist?“, warf Cedrach von der Seite her ein.
Nadragír wandte sich Cedrach zu, musterte ihn, dann Darachel und Bruc, als habe er es mit einer seltsamen Gruppe von Leuten zu tun, die er eben erst getroffen und daher noch nicht richtig eingeschätzt hatte.
„Wie dem auch sei“, meinte er dann leichthin. „Jedenfalls habe ich mich über euren Besuch und unser anregendes Gespräch gefreut. Es hat mir in viele Richtungen zu denken gegeben.
Es ist schade“, fuhr er dann nach einem kurzen
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