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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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zusammengeschoben. Wo Himmelslicht dort spärlich und abgedämpft durchdringen konnte, trat es lediglich in purpurnen Schwelkanten gegen die Dunkelheit hervor. Nur am Standort des Mondes ließ sein bleicher, bohrender Mahlstrom die Wolkendecke ringsherum aufbrechen wie Eisschollen um ein Wasserloch.
    In der Mitte der Nacht ragte die Elfenfeste empor wie ein massiver kantiger Zentralpfeiler, eine pfählende Nabe im Bauch des Ungetüms der Nacht.
    Jetzt, nur vom Mondlicht beleuchtet, erschienen die Kanten ihrer in steiler Neigung aufsteigenden Wälle nur noch glatter und gerader, so unheimlich glatt und regelmäßig, dass sie unmöglich von menschlichen Wesen gestaltet sein konnten, so als könnten sie nur von einem übernatürlichen, titanischen Wesen aus einem vom Himmel gefallenen Meteor herausgeschnitten worden sein, mit einem Messer, das hartes, schwarzes Felsgestein wie Butter durchdrang.
    In den zyklopischen Wänden der Festung gab es nur einen einzigen tunnelartigen Eingang. Alles andere schien eher an einen in die Weite der Landschaft gerammten Klotz als an ein für die Bedürfnisse menschlicher – oder menschenähnlicher – Wesen geschaffenes Bauwerk zu erinnern.  
    Einer seiner Mitkämpfer aus dem Trupp hatte am Vorabend gefragt, ob schon einmal jemand in der Festung gewesen sei.  
    „Ich meine, sie ist doch seit ewiger Zeit verlassen. Hat niemand nachgeschaut, was ihre Bewohner da drin zurückgelassen haben?“
    „Dort im Torweg ist irgendetwas“, gab Kaustagg ihm mit bedeutungsschwangerem Blick hinüber zu der Drohung aus dunklem Stein zur Antwort, „der Wächtergeist eines Monstrums oder irgendetwas wesenlos und empfindungslos Wirkendes aus Höllentiefen, was in diese Festung hineingebaut wurde, um ihren Eingang zu schützen. Viele tapfere Männer wollten durch den Torweg in die Festung hinein, aber sie brachten es nicht fertig, weil ihnen das Blut gefror, und vielen, die auf halbem Wege umkehrten, hat das Erlebnis die Haare gebleicht. Wie weißhaarige, ausgehöhlte Greise kehrten sie heim. Andere ließen sich davon nicht zum Umkehren bewegen, aber man hat nie mehr etwas von ihnen gehört. Nein, niemand war in dieser verlassenen Festung und ist zurückgekehrt, um von dort zu berichten.“  
    Im Angesicht dieser Festung, so bemerkte Auric, ging dem Schaudern seiner Stimme jener gewisse genüssliche Ton ab, der sonst immer mitschwang, wenn er Gräuelmäre zum besten gab.
    Es hatte in den Zeiten, da die Festung bewohnt war, noch weitere Zugänge gegeben, wusste Kaustagg weiter zu berichten, lange, breite unterirdische Tunnel, die weit vor der Festung in großen Torhäusern, schon fast eigenen kleinen Festungstürmen, ihren Ausgang nahmen und unter der kahlen, umgebenden Ebene hindurchführten. Die Schächte hatte man anscheinend irgendwann im Laufe der Vergangenheit gesprengt, die Zugangstunnel waren verschüttet, aber die Torhäuser standen zum Teil noch.
    Im Schatten der Ruinen eines dieser Bauwerke hatten sie ihr Nachtlager aufgeschlagen.
    Auric warf jetzt im Licht des Vollmonds einen Blick dort hinüber, während dessen bleicher Schein ganz allmählich von einer dahintreibenden Wolkenbank verdunkelt wurde. Selbst bei dem ruinenhaftem Zustand des burgartigen Torhauses konnte man erkennen, dass es mehr unterscheidbare Einzelheiten und Strukturmerkmale besessen hatte als die Hauptfeste. Kantige Seitentürme ragten noch immer wie Reißzähne über Baumkronen empor.  
    Ein Wald, der ein Muster aus dem Ruder gelaufener Natur darstellte, umwucherte und bedrängte die Torruine: wild und wie feindlich gegeneinander drängende gegensätzliche Baumfamilien, chaotisch ineinander verhaktes Durcheinander unverträglicher Pflanzengesellschaften, ein Flickenteppich gewaltsam ineinander gepferchter Lebensräume. Eine Schicht aus Asche, die das ungezügelte Wachstum begünstigt haben mochte, drang mancherorts durch den Boden, als sei hier ein Brand an eine Schicht der Wirklichkeit gelegt worden, der alle Vernunft der Naturgesetze so verheerend weggesengt hatte, dass bei der Wiedereroberung dieser Räume durch die Natur die Ordnungsmächte pflanzlichen Wachstums außer Kraft blieben. Überwucherte Hügel und Wälle in denen sich Bautrümmer und verweste Pflanzenteile zu untrennbarem Gemenge mischten, wuchsen die alten Mauern hoch und verdeckten ihren unteren Teil; die Erde griff hoch nach den Bauten und wollte sie umschlingen. Dort, in einer Kuhle zwischen den Erhebungen war das Lager seiner Truppgenossen. Die

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