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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Zeit reif für sie war, wenn sie an der Reihe waren.
    Also hatte er sich entschuldigt, dass er, was die Überlieferung seines Volkes betraf, leider nicht so ausführliche Auskunft geben konnte, wie der Ninra es sich vielleicht gewünscht hätte, obwohl sich die meisten Erzählzyklen der Sagas um diese in den Augen der Valgaren große Zeit drehten, in der, laut ihrer Überlieferung, Thyrins Drachenkinder auf die Erde hinabstiegen und diese Götter leibhaftig die Valgaren in die Schlacht geführt hatten.
    „Mich haben die valgarischen Sagas nie besonders begeistert. Holpriger Rhythmus, hohler Pathos und Begeisterung für die falschen Dinge. Aber das, was mir davon im Gedächtnis geblieben ist, will ich gerne für Sie zusammenfassen.“
    Doch dann war ihm etwas eingefallen, was Darachel vielleicht interessieren mochte. Etwas, das unbedenklich war – auch wenn Darachel einen Hintersinn mit seiner Frage verfolgte – und in die Reihenfolge seiner Erzählung passte. Es war eine Episode aus der Zeit in den Jungtrupps, als sie einmal im Schatten einer Festung gelagert hatten, die von den nichtmenschlichen Verbündeten des Drachen aus der Zeit, für die Darachel sich interessierte, errichtet worden war.
    „Es ging am Schluss über wüst aufgeworfenes Heideland.
    Als dann der dunkle, gekappte Keil der verlassenen Feste in Sicht kam, habe ich angefangen den Schauder meiner Landsleute zu verstehen.“
    Er hielt inne, sein Blick fuhr forschend zu Darachels Gesicht neben seiner Lagerstatt hoch.  
    Darachels Miene spiegelte ehrliche, wache Neugier wieder. Hier war – soweit er in der Lage war diese fremdartigen Züge zu deuten – kein verborgener Hintersinn zu erkennen.
    Für einen kurzen Moment, bei der Erwähnung ausgerechnet von Homunkuli, war ein schrecklicher Verdacht in ihm aufgeflammt und hatte ihn an den Motiven für Darachels Nachfragen – und seinen Loyalitäten – zweifeln lassen. Was bei den Ereignissen der Vergangenheit nur allzu verständlich war. Doch die Ereignisse der Vergangenheit hatten ihn auch gelehrt, anderen Spuren zu vertrauen und anderen Zeichen. Spuren und Zeichen, die ihn geradewegs an diesen Ort geführt hatten und denen er, gerade indem er dies alles erzählte, nachspürte und derer er sich dadurch vergewisserte.  
    Dies war ein neuer, ein anderer Ort. Der schmetternde Keil des Himmels hatte die standhafte Feste zerbrochen.
    „Wenn es um Aberglauben geht“, fuhr er also fort, „dann sind die Skrimaren das Volk übelster Waschweiber überhaupt. Sturmhexen, böser Blick, das Bleiche Volk und irgendwelche verfluchten Steine oder Grabhügel, Berggeister, die dein Hirn fressen, wenn du den Fuß auf ihre Territorien setzt, die in Wirklichkeit ihre Knochen sind. Bei all den Zügen im Norden hatte ich bisher nichts, aber auch gar nichts gesehen, dass ein klarer Verstand als übernatürlich ansehen würde, keine Duerga – denen bin ich erst sehr viel später begegnet –, keine Dämonen nichts. Außer denen, die in den Seelen der Menschen hausen.  
    Nur: mit dieser Festung war etwas.
    Na gut, die Gegend war unheimlich, das Bauwerk war fremdartig. Das sah man. Aber fremdartig heißt nicht übernatürlich.
    Das Beunruhigendste war allerdings das, was man hören konnte. Oder auch nicht hören konnte.  
    Wenn ich jemand gewesen wäre wie Kaustagg, bis unter die Haarwurzeln voll mit dem ganzen abergläubischen Mist, den die Skrimaren sich untereinander erzählen, dann hätte ich es vielleicht so ausgedrückt:
    Diese Festung vibrierte noch immer von der Stimme des Drachen.“

    Da war dieses Wispern, das allgegenwärtig in der Luft hing.
    Fast wie unter einem inneren Zwang lauschte er wieder in die Nacht. Er horchte auf das mahlende Vibrieren, das immer wieder unverhofft auf beirrende Weise seine Präsenz von jenseits der Hörschwelle bemerkbar machte und das doch, wenn man dann seine Aufmerksamkeit darauf richtete, nirgends zu vernehmen war.
    Auric war in dieser Nacht der zweiten Wache zugeteilt, und immer wieder blickte er über die nächtlichen Schatten struppigen Baumwerks zu dem massiven Schattenriss hinüber, dessen Masse das östliche Blickfeld zu beherrschen schien und der dagegen alles andere unter der Himmelsdecke zu geisterhafter, verwaschener Unwirklichkeit herabwürdigte.
    Im Licht des Vollmondes wirkte die verlassene Elfenfestung noch zyklopischer als bei ihrer Annäherung am Vorabend.
    Am größten Teil des Himmels waren die Wolkenbänke zu einem tiefhängenden, kompakten Dach

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