Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
förmlich zu spüren, wie sie auf ihren vordersten Posten mit den Zähnen knirschten, ihre Bartenden kauend und vor Wut schäumend auf und ab liefen, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch den kleinen Vorteil ihrer letztendlich unbekannten Angriffsachse nicht zu verschenken und dem Drang diese vor ihren Reihen herumwuselnden Drecksgören aus dem verdammten Graben herauszuholen und ihnen so richtig bis auf die blutigen Knochen den Arsch zu versohlen.
Aber nichts geschah. Vielleicht hatte der Bote mit der Nachricht über Aurics Pläne das Hauptheer schon erreicht. Vielleicht hofften Aurics Vater und seine Thane – weil sie nichts von diesen Plänen wussten oder gerade weil sie soeben davon erfahren hatten –, dass die ersten Angriffsreihen der Vraigassen den Job für sie erledigten und sie sich an den kleinen Rotzern nicht mehr selber die Hände schmutzig machen müssten.
Als Aurics Truppe so weit vor den eigenen Linien in Position lag, dass sie dem Feind fast in die Augen blicken konnte, hatte der Morgen sich die Ebene erobert, die an diesem Tag zum Schlachtfeld zwischen den Armeen der Skrimaren und Vraigassen werden sollte. Das nach Süden hin weit sich öffnende Heideland wurde nur hin und wieder von kleineren Baumgruppen gesprenkelt oder von Busch- und Baumreihen entlang von Senken und Gräben wie dem ihren durchzogen.
Ihnen gegenüber lagen die Vorverbände der Vraigassen und erwarteten auf gutem Grund stehend den Angriff ihrer Gegner, warteten dass sie endlich ihre Stoßrichtung preisgeben würden. Bleiche Wellen dünnen Morgenlichts ließen kaum zweihundert Meter entfernt das Metall von Waffen und Kettenschutz in der Mauer der feindlichen Aufstellung aufblitzen, zeigten an, wo die Grenze verlief, bei der der tödliche Ernst von kaltem Stahl, auf ihre Vernichtung gerichteten Hasses und entfesselter Schlachterei begann, die Linie, hinter der das blutige Mahlwerk der Schlacht sie erwartete. Die Front, der sie sich entsprechend Aurics Plan entgegenstürzen würden.
Dass Vorverbände aufgestellt waren, hatte Auric schon vorher zu denken gegeben. Sie wurden bewusst geopfert, als vorverlagerte Alarmmelder der feindlichen Angriffsrichtung und um die erste Wucht der feindlichen Reihen zu verlangsamen, sie zu binden, bis die eigentliche Hauptmacht dann mit einem klar ausgemachten Ziel als massive Angriffswelle in die skrimarischen Reihen hineinbrechen konnte.
Die Jungtrupps greifen immer an den Flanken an. Diese Binsenweisheit valgarischer Kriegsführung hatte Auric Vancrist oben auf der Anhöhe vor Augen geführt, und ihm dann darauf aufbauend seinen Plan erläutert. Vancrist, der bei der Hauptmacht der Jungtrupps der rechten Flanke zurückgeblieben war.
Die Jungtrupps greifen immer an den Flanken an. Das wird wahrscheinlich auch auf deinem Grabstein stehen, dachte er. Wenn man dich eines Grabsteins würdig erachtet und nicht einfach die Stelle zum Draufpissen daran erkennt, dass sie noch vom Urin aller anderen Volksgenossen dampft, die sich vorher schon dafür angestellt haben.
Er fragte sich, was zur Hölle er gerade tat. Und warum er überhaupt etwas tat, wenn alles am Ende doch darauf herauslief, dass Menschen abgeschlachtet wurden. Die Kainens, Virris und Vancrists der anderen Seite oder die eigenen. Und wenn alles letztlich egal war, aus welchem Grund führte er dann gerade jetzt ausgerechnet seine Jungs mitten ins Gemetzel? Kam am Schluss jeder an dem Ort an, zu dem Virri ihnen vorausgegangen war? Jeder auf seinem eigenen Weg und mit den eigenen notdürftig zusammengezimmerten Gründen, mit der eigenen Art von Hass im Herzen?
Dann hörte er auf solches Zeug zu denken oder auf den Boden zu spucken oder unaufhörlich mit den Waffen rumzufummeln wie alle anderen, die nicht vom Drachenblut voll drauf waren und vor Kampfrausch schon fast aus dem Mund schäumten. Für die Schlüsselpositionen waren von Auric die Leute gewählt worden, die er dazu hatte bringen können, vor dem Angriff kein Drachenblut zu trinken. Schließlich musste es nur so aussehen, als hätten sie es vor lauter Raserei und Kampfeseifer vergeigt. Aber damit das klappte, brauchten die entscheidenden Leute einen klaren Kopf.
An ihm und den anderen, die nicht zugedröhnt waren, lag es, die Energien dieser Leute zu dirigieren und im richtigen Moment zu entfesseln. Er nickte Kainen zu, der schlug seinem kaum zu zügelnden Nebenmann mit dem flachen Schwertblatt auf den Hintern, worauf der aus dem Dreck der Böschung aufsprang, und schon
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