Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
umherliefen und dahinratterten wie Karrenräder auf einer gepflasterten Straße, bis der Mensch, der er in seinem Inneren war, im Fluss ihre Worte, im Rhythmus ihres Satzbaus immer mehr an Substanz gewann.
Aber mit einem Mal war ein Blitz herabgeschmettert, und das Gewebe war zerrissen.
Wie ein Elsternraub in seinem Nest von langen, krausen Haaren lag der Kopf des Steinmetzen im Schlamm der Gasse, in Blut und Dreck, den stieren, ungläubigen Ausdruck, als die Axt ihn traf, für immer in seinem toten Blick eingefroren. Fliegen hatten sich um Mund und Nase und auf dem blutigen Halsstumpf gesammelt, an Fleisch und Sehnen und um die durchschlagenen Trümmer der Wirbelsäule. Dann hatte er würgend, hustend, stöhnend an einer Wand gelehnt, eine bleiche Qualle war pumpend, ruckelnd seine Kehle hochgewürgt worden und vor seinen Füßen zerplatzt.
Der andere Auric hatte mit den Augen, die sein Vater ihm vererbt hatte, auf den Raubzügen der Skrimaren weit Schlimmeres gesehen und nicht kotzen müssen. Dieser Auric, der im Herunterschnurren eines hypnotischen Sermons die Erinnerung, die Essenz eines Duftes wiedergewonnen hatte, war vom der Anblick der zerhauenen Leichen in der Gasse unvorbereitet getroffen worden. Daran musste es wohl liegen.
Er hatte ein zweites Mal mit der Axt zuschlagen müssen, um diesen Kopf endgültig abzutrennen. Eine schlampige Arbeit. Der neue Auric hatte anscheinend vergessen, wie man es richtig macht. Mit einem einzigen sauberen Schwerthieb, wie es sich für den Sohn eines Thans gehörte.
Er stand über der Leiche seines Vaters, Blut aus dem Schnitt in seiner Seite durchtränkte warm, langsam aber stetig seine Kleidung, fiel in schweren Tropfen herab auf den Steinboden zu seinen Füßen. Die Spitze seines Schwertes streifte mit scharfem Scharren die groben Fliesen; auch von ihm rann Blut. Er hörte sich selber schwer in die plötzliche Stille hinein keuchen.
Ein dumpfer Aufprall und der Kopf war über den Boden gerollt, schon bald gestoppt von den Lagen an Fellen, die rund um den schweren Holztisch am Fenster den Boden bedeckten. Das Gesicht kam mit dem Blick nach oben zu liegen, jenem Blick der am schlimmsten gewesen war, nicht wenn Häme und Verachtung sondern wenn Stolz darin zu erkennen gewesen war. Der Kopf lag da und war mit einem Mal ein totes Ding, das man mit ähnlichen toten, kalten Dingen stapeln konnte.
Ein dumpfer Aufprall und ein Klirren.
Die Kette des Valkaersrings war von dem nicht länger mit dem Kopf verbundenen Hals geglitten, lag gerollt wie eine schuppenglitzernde sich selbst verschlingende Weltenschlange. Der übergroße Ring an ihr war in die aus dem Halsstumpf sickernde Blutlache gekippt.
Er hatte sich herabgebeugt, ihn mit Daumen und Zeigefinger aufgenommen und hoch vor sein Gesicht gehalten.
Wie oft hatte sein stiller Spott dieser angeblichen Reliquie gegolten? Die Thyrinspriester jedes Klans und Stammes im weiten Valgarien schworen mitsamt ihrer Druiden Stein und Bein, dass ausgerechnet der Valkaersring, den ihr Than trug, der einzige, authentische und echte sei, der Ring des Letzten Valkaers, der letzte unzerstört gebliebene jener Ringe, die im Zeitalter der Drachenkinder von Valkaer zu Valkaer weitergegeben worden waren. Dieser Ring hier wäre irgendwann mit großartiger Ernsthaftigeit durch die Thyrinspriestern ihres Stammes an ihn weitergegeben worden; er war sein Erbteil.
Die Thyrinspriester würden Blut und Wasser schwitzen, wenn er verschwunden war. Ein Hochthan der Skrimaren ohne Letzten Valkaersring war undenkbar. Die Thyrinspriester waren also in der hochpeinlichen Verlegenheit, für den Nachfolger seines Vaters einen neuen Ring herbeizuschaffen und außerdem eine plausible Erklärung zu finden, warum dieser jetzt mit einem Mal der echte authentische Letzte Valkaersring sein sollte und der alte nicht. So oder so kämen sie in eine Verlegenheit, bei der es fraglich war, wie viel der Fragwürdigkeiten und Widersprüche vom Konsum des Drachenbluts weggespült werden konnte, eine Bredouille, die er diesen Heuchlern und Aufstachlern von Herzen gönnte.
Allein das war Grund genug, ihn an sich zu nehmen.
Und schließlich war er ja sein Erbe.
Er hatte ihn also eingesteckt und war aus der ehemaligen Burg der Vraigassen geflohen. Die zu erobern er mitgeholfen hatte. Er fühlte wieder den Schildbuckel, der ihn traf wie mit der Macht einer Keule, als er die Freiwilligen seines Jungtrupps in einem irrwitzigen Angriff gegen die Linien der Vraigassen
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