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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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beanspruchten, Nachdichtungen und Übertragungen viel älterer Gesänge einer vergessenen Rasse der Ninre zu sein. In den Annalen wurde vom Krieg gegen die Verbannten in keinem anderen Ton berichtet wie über die Kriege gegen irgendein anderes Volk. In den Geschichten, die er von seiner Mutter gehört hatte, wurde was man gemeinhin Elfen nannte unterschieden, so wie man Völker und Stämme unterscheidet, und das gab ihnen das Gepräge des Alltäglichen und Regelrechten. Gut, das Bleiche Volk sollte es noch immer geben, und mindestens eine der Elfenkolonien war seit langem eine reguläre Provinz des Idirischen Reiches. Er war mit den Jungtrupps durch das Hexenland im Norden gereist, hatte im Schatten der Ruinen ihrer alten nichtmenschlichen Verbündeten gelagert. Sie waren verschwunden, vergangen, und ihre Geister hatten ihm nichts anhaben können.
    Also war sein Weg ins Herzland Idiriums klar.

    Im Land der Bleichen Küste traten westwärts sich ziehende Ausläufer der Drachenrücken so nah an das Meer heran, dass sie wie eine dunkle, unüberwindliche Zackenwand zur Linken emporragten. Dadurch wurde er zunächst einmal von seinem direkten Südwärts-Kurs abgebracht. Doch sobald er die Spitze dieser Barriere umrundet hatte, wurde die Landschaft nach Süden hin weit und eben, und er war wieder in der Lage, statt dem Küstenverlauf folgen zu müssen, auf direkterem Weg auf sein Ziel zuzuhalten.
    Die letzten menschlichen Siedlungen hatte er mit ein paar kargen Fischerdörfern im Westen der Bleichen Küste zurückgelassen, kurz nachdem die Straße zum jetzt unpassierbaren Riaudan-Pass abbog.  
    Allein die Einsamkeit gab dem Land, das er durchquerte ein anderes Gepräge. Es war auch nicht zu vergleichen mit den menschenleeren Landschaften, die er im Norden auf den Raubzügen mit den Trupps durchquert hatte. Das Land war alt und leer auf eine Art, wie er es vorher nie gekannt hatte. Zunächst zog er über Weiten brauner Buckel, die sich Tag über Tag bis hin zum Horizont erstreckten. Man spürte die Hand des nahenden Winters über der Welt, doch je weiter er kam, umso mehr schien das Land anderen Einflüssen zu unterliegen, so dass der Lauf der Jahreszeiten nicht die gewohnte Bedeutung zu haben schien.
    Es war, als hätte er eine neue Welt entdeckt, die vor ihm noch nie der Fuß eines Menschen betreten hatte. Da waren zwar Vögel, die kreischend auf der Brise vom Meer her oder auf den vom Gebirge abfallenden Winden segelten und auch Wild in angemessener Zahl, aber diese Tiere schienen keine Menschen zu kennen und starrten ihn nur aus einiger Entfernung aus blanken Augen an, als beobachteten sie das Vorbeiziehen einer merkwürdigen Art von Wolke oder einer anderen Naturgewalt, die, statt am Himmel vorbeizuziehen, verdichtet in einem dunklen, fleischlichen Gestell auf zwei Beinen das Land auf ihrer Bahn durchzog.
    Nahrung war also nicht das Problem hier.

    Die Wunde war ein Problem.
    Nachdem sie bei dem Hinterhofkampf in Zephrenaic erneut aufgebrochen war, eiterte sie nun schlimmer als je zuvor. Richtig übel wurde es, als er nach den Zügen brauner Buckel das weiße Land erreichte.
    Ein eigentümliches Sirren erfüllte hier alles. Aber das musste schon das beginnende Fieber in seinem Körper gewesen sein. Die Krankheit, die sich durch die Wunde in ihm ausbreitete, machte etwas mit seinem Kopf und ließ die Wirklichkeit gleichzeitig dünn und scharf wie ein Messer erscheinen. Er traute seinen Sinnen nicht. Er schwitzte wie verrückt.
    Er beugte sich über einen Bach, und wagte nicht davon zu trinken, um seinen Durst zu löschen. Er sah es, das Wasser war klar und durchsichtig, wie es zwischen glatt geriebenen Steinen und Kieseln hindurch plätscherte, und doch schien es ihm von einer Weiße erfüllt, die dicht zu sein schien wie ein fester Körper. Er fürchtete, sie würde wie eine Beize seinen Körper durchdringen und ihn für immer verändern, in ein Geschöpf sich selber und den Menschen fremd. Er kniete vor dem Bach, hatte das Gefühl, Stunden würden vergehen, und doch konnte er sich nicht dazu bringen, seine zu einer Schale geformten Hände in die feuchte Kühle zu tauchen. Nur mit Mühe konnte er diesen aus seinem Inneren und aus dem Schwären der Wunde aufsteigenden Ängsten trotzen und sich schließlich doch überwinden, von diesem Wasser zu trinken.
    In seinem Wahn kam es ihm vor, als sei alles in diesem Land dem Einflussbereich der Farben entzogen, jenseits ihres Reiches. Als drängen sie gar nicht bis in die

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