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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Mittelnaugariens war er endlich angekommen.
    Er wurde angerempelt, stolperte einen Schritt rückwärts. Auric ächzte; die Wunde wollte nicht richtig verheilen und hatte wieder leicht zu eitern begonnen. Der Mann, mit dem er zusammengestoßen war, warf ihm im Vorbeigehen in einer ihm fremden Sprache eine Bemerkung zu, die Auric nicht verstand, und tauchte wieder im allgemeinen Gewühl unter. Er blickte umher und sah, dass er, zur staunenden Säule geworden, ein Hindernis für die Flut der anderen Passanten bildete, die sich um ihn herum schlängeln musste. Das Gewirr ihrer Stimmen hallte hohl im Tunnel des Torbogens wieder, wie die dumpf hallenden Geräusche eines stürzenden Bergbaches, der durch die Enge einer Höhlung schießt. Er stand in dieser hallenden Röhre, Körper und Stimmen von Menschen strömten hindurch, und er fühlte sich darin versinken, wie in dem dämmrigen Brunnen eines halb bewussten Traumzustand in einer trägen Mittagsruhe.  
    Auric raffte sich aus dem versunkenen Taumel hoch und trat ein wenig an die Seite, um dem Menschenstrom aus dem Weg zu gehen und gleichzeitig besser beobachten zu können.
    Bauernvolk, allein und in Gruppen, mit Ochsen oder Wagen, strömte vorbei. Stadtleute schlenderten oder hasteten hinein und hinaus. Auric sah die verschiedensten Arten der Kleidung, die meisten waren ihm unbekannt, sah Hautfarben und Gesichtsschnitte, die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
    Er bemerkte an sich erneut den staunenden Blick und die erstarrte Haltung, zog den Riemen des gerollten Bündels auf seinem Rücken straff und prüfte reflexmäßig den Sitz seines Schwertes.
    Mein Gott, die müssen mich ja für einen vollkommen ahnungslosen Barbarentölpel halten. Komm, Auric, mach, dass du dich in Bewegung setzt. Die Leute gehen ihrem Tagesgeschäft nach; hör auf, ihnen im Weg herum zu stehen oder sie zu begaffen!
    Er flocht sich in den Strom der Menschen ein, brachte die restliche Hälfte des Torweges hinter sich und trat hinaus in die hellen Straßen von Zephrenaic.

    Er ließ sich treiben.
    Er folgte den Menschen durch die breiten Straßen der inneren Neustadt, trat mit ihnen beiseite auf die Randsteige, wenn sie einem Karren oder Wagen auswichen. Er ließ sich von Menschenmengen einfangen, die einem Straßenverkäufer oder Traktathändler zuhörten oder sich von der Aufführung einer Gruppe von Akrobaten für einen Moment gefangen nehmen ließen. Er hörte Fetzen von Musik aus Hauseingängen und Fluchten hallen, wo Musiker für den Tag eine Bühne gefunden hatten. Aus Garküchen strömten die Düfte von Gebratenem oder Gegrilltem heraus und wehten ihm um die Nase. Er spürte seinen Magen, doch konnten ihn diese Gerüche nicht verführen, denn eine halb besinnungslose Neugier hielt ihn in ihrem Griff und zog ihn wie einen unter Bannzwang Stehenden vorwärts.
    Er kam auf einen Platz, auf dem bis in die Nebenstraßen hinein ein großer Markt im Gange war.
    Schon vorher hatte er in Zephrenaic einen Markt gesehen, noch in der Außenstadt, zwar schon diesseits der Brücke aber noch vor der Stadtmauer, welche die idirisch geprägte innere Neustadt umschloss. Doch von diesem Marktplatz war er eher enttäuscht gewesen. Er war ihm wie ein nur leicht veredeltes Abbild der Märkte vorgekommen, die er in den Städten Mittelnaugariens gesehen hatte, meist nur Handelsplätze für Vieh, Werkzeuge und Haushaltsgeschirr. So war ihm auch jenes ganze Viertel aus windschiefen Fachwerk- und Lehmziegelhäusern vorgekommen, das sich dort draußen vor der Mauer hinzog. Zu ihm mochte auch noch immer der alte, ursprüngliche, vor-idirische Name der Stadt, Sevrening, passen. Etwas geordneter, etwas gesitteter als die Landstriche zwischen seiner Heimat und den Außenprovinzen des Idirischen Reiches, aber dennoch von ähnlichem Gepräge. Wieder waren die Bilder seiner Reise vor ihm aufgestiegen.
    Was für ein Elend! In diesen Ländern zu leben zu müssen, ist kaum ein besseres Schicksal als unter den Stämmen Valgariens geboren zu sein.
    Das war nicht die Zivilisation gewesen, von der ihm seine Mutter berichtet hatte, deren Sprache sie ihn gelehrt hatte, keine Kunst, keine Literatur, keine Kultur, die alles durchdrang. Nur Schmutz, Krankheiten und Elend. Und mittendrin der Kampf zu überleben. Er hatte Menschen im Dreck der Gosse krepieren gesehen, Menschen voll mit elenden Geschwüren und brandigen Beulen, die sie so sehr deformierten, dass man kaum den Menschen darunter erkennen konnte. Überall nur Verrohung,

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