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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Keine Zeit für einen weiteren Blick oder ein weiteres Wort.
    Sekunden später schon stieß er das Schwert wieder und wieder in einen auf ihn einprasselnden Wirbelsturm aus Gliedern und Klauen. Endlich, du verfluchtes Miststück! Zum ersten Mal hatte er eines der Biester frontal vor sich. Komm her! Und zeig mir, was du drauf hast! Er stach mit aller Kraft und Schnelligkeit, mit allem, was er hatte, spie gleichzeitig nach dem bleichen, raubkatzenhaften Schädel: Speichel vermischt mit Blut und Mergelstaub. Er war sich sicher, mit seiner Klinge einige Male das Fleisch des Kinphaurentieres getroffen zu haben. Dann stürzte es zurück in die Dunkelheit. Ihn jedenfalls hatten die Klauen des Biestes erneut ein paar Mal erwischt; er zählte die Kratzer und Schnitte schon nicht mehr, die er seit der ersten Attacke der Kinphaurentiere davongetragen hatte. Keine Zeit für so etwas. Niemals ungedeckte Winkel aus den Augen verlieren. Eines von den Biestern konnte schon hinter dir sein, Klauen, die auf deine Kehle zielten.
    Im Umherwirbeln fiel sein Blick auf Huon-Khau und Kudai hinter ihm, Seite an Seite sich um eine Achse drehend, sich gegenseitig für den Moment Deckung gebend. Ihr wachsam umherstreifender Blick traf den seinen. Er bleckte die Zähne, grinste ihnen zu.  
    Zumindest fielen einige von ihnen selbst in dieser ungewohnten, unberechenbaren Situation auf alte Gefechtsreflexe zurück. Wenn er nur alle dazu bringen konnte …  
    Er machte einen Schritt auf sie zu, um ihre Verteidigung zu einer Dreierformation zu ergänzen. Da fegten bleich gefleckte Klauen von der Seite heran.

    Ein haltlos, aus voller Kehle brüllender Jag übertönte jäh den schmutzig zerwühlten Lärm des Kampfes. Der Schrei hallte markerschütternd von den Decken wieder und zog jedes Augenpaar, das sich nicht unmittelbarster tödlicher Bedrohung konfrontiert sah, in seine Richtung.
    Jag hing unter einem der Biester und hatte ihm den Kampfspieß in den Leib getrieben. Er war vollkommen blutbedeckt, das Gesicht eine einzige furchterregend rote Maske, darin die gebleckten Zähne auch nicht länger ein weißer Kontrast, sondern ebenfalls blutbesudelt. Doch er hatte anscheinend kaltblütig das Kinphaurentier auf sich gezogen und ihm den plötzlich zupackenden stählernen Fangzahn tief ins Fleisch gebohrt.  
    Dieser Moment stellte den Wendepunkt dar.
    Im nächsten Augenblick hatte sich das verwundete Vieh zwar wieder wie ein Blitz entzogen, dabei einfach den Speer durch sein Fleisch reißen lassen; aber es war etwas geschehen. Scheinbar hatte der grausig triumphierende Schrei Jags, der Anblick des von ihm durchbohrten Biestes etwas Essentielles in diesem Gefecht verändert.
    Ein weiteres der Kinphaurentiere brach aus dem Nahkampfknäuel sich gegenseitig behindernder Söldner heraus und stürzte schrill kreischend in einen der Gänge davon, sich dabei im Sprung von Decken und Wänden der bauartigen Höhlungen abstoßend wie ein in die Hölle zurückfahrender Dämon. Auch das dritte war plötzlich nirgendwo mehr zu entdecken.
    Auric sah die Söldnerbrüder um ihn herum sich johlend Hals über Kopf in die Verfolgung stürzen. Er fluchte, spuckte Staub aus seinem Mund, fluchte noch einmal und rannte dann hinter ihnen her. Das sah zu gut aus. Er glaubte nicht an ihr Glück, nicht an den derart durchschlagenden Effekt dieses Wendepunkts und nicht an eine Flucht der Biester völlig ohne Plan.
    „Halt! Verdammt“, brüllte er im Laufen. „Verdammt, bleibt stehen! Bleibt zusammen!“ In dem Röhrentunnel verhallte seine Stimme ohne Echo, klanglos und dumpf. „Wir müssen eine Formation bilden! Die Biester sind längst nicht vertrieben!“ Genauso hätte er auch in einen leeren Wald hineinrufen können. Oder in einen mit fliehenden Graustelzern mitsamt sie kopf- und planlos verfolgenden skrimarischen Halbstarken. Er hatte den Eindruck, als würde er gerade ein Déjà-vu erleben.
    Im Gegensatz zu damals blieb sein Ruf diesmal vollkommen ungehört, verlor sich im gedämpften Stimmengewirr wild durcheinander schreiender Männer, die durch die engen Röhren hetzten. Er fluchte noch einmal aus tiefster Seele. Der Unterschied dieser Situation zu damals in den Jungtrupps war, dass er bis heute für diese Leute ein Niemand gewesen war.  
    Schlimmer als ein Niemand, rief sich Auric ins Gedächtnis, während der in den Gängen hängende, feine Staub beim Laufen in seinen Lungen brannte. Du warst für sie bisher nur der schweigsame Außenseiter, der mit niemandem

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