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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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allmählich, während sie die Randbereiche der Häfen passierten, entspann sich zwischen ihnen wieder eine Unterhaltung.
    »Ihre Kinder, wie alt sind sie?« Die Frage kam überraschend für sie.
    »Meine Tochter, Liova, ist vier. Bernim ist jetzt anderthalb.« Er wurde unter Kinphaurenherrschaft geboren, dachte sie und war erstaunt darüber, mit diesem Gedanken zum ersten Mal bewusst eine gewisse Bitterkeit aufsteigen zu fühlen.
    Choraik nickte sinnend, fragte weiter. Er schien wirkliches Interesse an ihrem Leben zu zeigen.
    Sie hatte mit Choraik bisher nie über Privates gesprochen. Natürlich nicht. Er war das Kuckucksei, das sie ihr ins Nest gesetzt hatten. Sie würde den Verheerer tun und ihm mehr Informationen als nötig geben. Und Privates …? Darüber rede ich, wenn überhaupt, mit anderen , hatte sie gedacht – aber dann gestockt. Und hatte überlegt.
    Wer blieb ihr denn noch, von denen, mit denen sie sich in ihrem Kader am nächsten stand, mit dem sie über Privates sprechen konnte? Khrival war tot. Damit war alles losgegangen. Das war ein erster Stein in einer langen Kette umstürzender Kenan-Steine gewesen. Vom ersten Homunkulus getötet, in den Katakomben. Sie konnte noch immer nicht daran denken, ohne dass sie statt des Bodens unter sich nur die Leere eines tiefen, dunklen Schacht fühlte. Histan war tot. Sie selber hatte ihn umgebracht. Und Sandros war ein Verräter. Er war Banátrass’ Mann. Lenkte sie dorthin, wohin der Ordensmann sie haben wollte, spitzelte sie aus. Und sie ritt jetzt neben dem Mann, der eigentlich der offensichtlichste Kandidat für einen Spitzel der Gegenseite war. Er stellte ihre Eskorte, weil er um ihre Sicherheit besorgt war und fragte sie nach ihrer Familie.
    »Verraten Sie mir Ihre Überlegungen, wohin diese Bande, die den Homunkuluskörper in den Häfen übernommen hat, ihn jetzt geschafft haben könnte?«, unterbrach Choraik die Pause, die in ihrer Unterhaltung eingetreten war. »Sie sind sich sicher, dass er noch in der Stadt sein muss. Sie glauben, die Sperren greifen. Wo könnten diese Rebellen dann wohl mit dem Homunkulus sein?«
    Sie sah ihm scharf ins Gesicht. Wollte er lediglich Informationen ziehen, oder war er wirklich daran interessiert, dass ihr Kader den Auftrag erledigte? Egal. Wenn var’n Sipach hatte, was er wollte, würde der Druck von dieser Seite her wahrscheinlich nachlassen. Das war es doch, was sie wollte. Nur dann waren sie und ihr Kader wieder in der Zange von Banátrass’ geheimen Plänen.
    Sie war rettungslos in diesem Netz unterschiedlicher Interessen und Intrigen verheddert. Es war für sie kein Weg erkennbar, wie sie sich irgendwie daraus befreien sollte. Ohne die Miliz zu verlassen und mit ihrer Familie ins Niemandsland zu fliehen. Choraik schien zumindest auf seine Weise bei dem, was er sagte, aufrichtig. Auch wenn er ihr Dinge verschwieg.
    Also, was soll’s schon?
    Sie wandte sich von ihm ab, blickte linkerhand im Rund umher. Das Gebiet der Häfen hatten sie beinahe hinter sich gelassen. Die Sonne stand im Westen hinter der Durne und dem welligen Land von Wellskaern und Hillardsend, das schon in abendlichem Dunst in der Ferne versank. Der ansteigende Buckel jenseits des Flusses, rechts von ihnen war der Hewartsberg. Die Durne bildete die Grenze zu den Gebieten nach Westen hin. Dorthin konnte niemand ungesehen aus den Häfen gelangen.
    »Vielleicht verstecken sie sich noch immer im Gewirr der Hafenanlagen. Da ist viel wild durcheinander gebaut worden, und da gibt es viel Platz, sich irgendwo zu verkriechen. Das Großwassertor ist gesperrt. Alle anderen Tore zum Fluss hin werden kontrolliert.« Sie seufzte. »Aber das glaube ich nicht. Das wäre zu schön für uns. Dann müssten wir nur das gesamte Hafengebiet durchkämmen und hätten sie.«
    Ein freudloses Lachen kam über ihre Lippen. Als ob das so einfach wäre. Das Hafengebiet war wahrhaftig ein wuchernder Irrgarten aus Wasserwegen, unkontrolliert errichteten Gebäuden und Speicherkammern, Gängen und labyrinthischen Hinterhöfen und Gassen.
    Choraik zog ebenfalls die Mundwinkel zu einem säuerlichen Grinsen hoch. Er hatte die Situation anscheinend ebenfalls richtig eingeschätzt. Er war nicht aus Rhun, aber er war clever.
    »Es hängt alles davon ab«, fuhr sie fort, »wo in der Stadt sie Unterschlupf finden können, wo sie hier Verbündete haben.«
    Sie beschrieb mit der Hand einen weiten Bogen durch die Luft.
    »Sie können den Homunkuluskörper eigentlich nur auf dem Landweg aus

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